Ein besonderer Junge
einen neuen Weg gefunden und entfaltete beim Aufstieg eine wilde Energie, zweifellos um der Verwirrung zu entfliehen, die über uns gekommen war. Nie zuvor hatte ich ihn in Schwierigkeiten gesehen, doch dieses Mal wütete er im Kampf gegen das Dornengestrüpp, das ihn mit seinen Klauen zurückhalten wollte. Ich rief ihn, wollte ihn davon überzeugen, dass es besser wäre umzukehren. Er verharrte einen Augenblick, um sich nach mir umzudrehen und mir beruhigend zuzulächeln, doch plötzlich rutschte sein Fuß auf einer Moosplatte ab, und mit den dünnen Lianen der Zaunwinde in der Hand, an denen er sich festhalten wollte, fiel er ohne einen Schrei hinter das Dickicht.
Sein Kopf war auf das Geländer der Brücke geprallt, mit erdverschmiertem Gesicht lag er auf dem Betonpflaster. Ich hätte den Klagelaut zwischen seinen Lippen lieber nicht hören wollen. Er war entsetzlich blass. Vorsichtig richtete ich ihn auf, und er öffnete die Augen, sah mich eindringlich an. Der Sturz schien ihn nur betäubt zu haben, doch ich stützte ihn, um ihn zurück in den Garten des Hotels zu bringen.
Ich wollte losrennen und seine Familie zu Hilfe rufen, doch Antoine verbot es mir. Er sei in Ordnung, warum also in einer heiklen Situation vorpreschen? Wir hätten ein Verbot missachtet, man würde uns einen Vorwurf daraus machen, wir hätten
dieses gefährliche Gebiet niemals betreten sollen. Dieser Ort gehöre uns allein, er sei unser Geheimnis. Ich fügte mich seinem Beharren und schloss die Metalltür zu. Als ich den Schlüssel in Antoines Tasche schob, fühlte ich seine rasenden Herzschläge. Eine neue Ohnmacht drohte, deshalb legte er sich auf den Spielplatz.
Genau dort, wo heute Iannis ganz hingerissen Sand zwischen seinen Fingern durchrieseln lässt.
Ich versuchte Antoine mit einem Lächeln zu trösten, wollte die Blässe in seinem Gesicht, das leichte Zittern seiner Gliedmaßen nicht wahrhaben. Für ihn zählte offenbar nur eines: Dass wir unser Geheimnis wahrten, und so bat er mich, Stillschweigen über seinen Unfall zu wahren. Ich erfüllte seinen Wunsch, sah ihm tief in die Augen und schwor es. Als er sich stark genug fühlte, begleitete ich ihn bis zu seinem Zimmer, wo er sich aufs Bett legte, während er mir versicherte, es gehe ihm gut. Ich ließ ihn sich ausruhen, versprach ihm, ich würde zurückkehren und mich von ihm verabschieden, wenn die Stunde der Abfahrt schlug.
Ich wollte unbedingt noch ein Souvenir aus Horville mitnehmen. Bei Ebbe ging ich zum Strand, stopfte eine Handvoll Lunten und einen Salzstreuer, den ich mitten in einem Haufen Algen gefunden hatte, in meine Hosentasche. Der Himmel war grau, Nieselregen fiel auf die Schieferdächer der Sommerhäuser, die die Wolken streiften. Ich nahm etwas Sand und füllte ihn in meine Tasche, über meine Fundstücke.
Während meine Eltern den Wagen beluden, besuchte ich noch einmal meinen Freund in seinem Schlafzimmer. Seine blutleeren Lippen und die violetten Augenringe machten mir Angst, noch einmal fragte ich ihn, ob ich nicht doch seine Eltern benachrichtigen solle. Und wieder lehnte er es ab. Er wolle sagen, er sei beim Herumturnen vom Schaukelgerüst gefallen, murmelte er. Ich kramte in meiner Tasche, zog den Salzstreuer hervor und legte ihn in seine Hand. Mit einem schwachen Lächeln überreichte Antoine mir ebenfalls ein Geschenk: ein kleines Paket von Zeitungspapier, das ich erst bei meiner Ankunft in Paris öffnen solle. Ohne mich würde er nicht mehr in unser Revier zurückkehren, sagte er noch einmal mit einer Stimme, die nur noch Atem war, er würde bis zum nächsten Sommer warten. Als ich die Tür zu seinem Zimmer schloss, drehte ich mich noch einmal nach ihm um: Er hatte noch immer etwas Erde im Gesicht; statt mir Auf Wiedersehen zu sagen, legte er einfach den Finger auf seine Lippen, dann fiel sein Kopf auf das Kissen zurück.
Es gab keinen nächsten Sommer in Horville für mich: Des Nieselregens und des windigen Strands überdrüssig, änderten meine Eltern das Ferienziel, und das Grau des normannischen Himmels wurde durch das Azur der Mittelmeerküste ersetzt. In Paris begann wieder mein Schülerleben, und mit der für mein Alter üblichen Sorglosigkeit habe ich das Vorhaben, dem kleinen Wildling zu schreiben, der mich so verwirrt hatte, immer auf den nächsten Tag verschoben.
Was ist aus meinem Freund geworden? Heute lässt mich der Anblick des von seinen Eigentümern verlassenen Hotelsdas Schlimmste befürchten. Der Schatten,
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