Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
sonst keinen Spaß.«
Das klingt nicht nach jemandem, der nichts erreichen will.
»Golf hat mir völlig das Hirn verkleistert«, fügt er als Erklärung hinzu.
Bei Spießchen mit Hühnerbürzeln im Yakitori Totto an der West Side unterhalten wir uns über Gott.
Wir sind früh gekommen, weil man in dem traditionellen japanischen Restaurant vor sieben Uhr abends nicht reservieren kann - und weil die guten Sachen immer schnell weg sind: Hühnerherz, Bürzel, »Pfaffenstückchen« (Sot-l’y-laisse), die Haut. Die will man aber auf keinen Fall verpassen. Wir trinken Bier und quatschen, und ich mache - einigermaßen miserabel - das, was alle anderen auch probieren: Ich versuche herauszufinden, was David Chang ausmacht.
Er stammt aus einer koreanischen Familie, seine Eltern sind sehr gläubige Christen. Er ist das jüngste von vier Geschwistern.
In seinem Buch beschreibt er die Beziehung zu seinem Vater - und die Anfänge seiner Beziehung zum Essen: »Als ich klein war, aß ich zusammen mit meinem Vater immer Nudeln … Abends, wenn nur er und ich da waren, brachte er mich dazu, Seegurke zu den Nudeln zu probieren. Und das komische Gefühl beim Essen wurde durch den Stolz wettgemacht, weil ich das Gefühl hatte, ich sei ein ebenso abenteuerlustiger Esser wie er.« Sein Vater hatte in Restaurants gearbeitet, nachdem die Familie in die USA gekommen war, und hatte ihm immer gesagt, er solle von der Branche die Finger lassen.
Chang besuchte die Jesuit Highschool und dann das Trinity College, wo er Religion als Hauptfach belegte. Ich erkenne darin die Entstehung einer neuen Religionswissenschaft, der Changologie.
»Mir … hat das nicht gereicht«, sagt er kryptisch. »Gott hat mich einen Scheiß interessiert … aber wenn es einen Gott gäbe, dann würde ich lieber in der Hölle schmoren. Wenn man sagen könnte, dass er versagt hat, dann darin, dass er den Menschen die gute Nachricht verkündet hat. Ich glaube, ich bin ziemlich wütend auf Gott. Die Kreuzzüge … Pol Pot … Hitler … Stalin. Und während all diese furchtbaren Dinge passierten, senkten die Leute weiterhin ihre Köpfe zum Gebet und dankten Gott für ihre Mahlzeit.«
Was mich auf die Frage bringt: Wenn er nicht an Gott glaubt, warum hat er dann Religionswissenschaften studiert?
»Ich musste mir einfach darüber klar werden … ich wollte es wissen«, sagt er und leert traurig sein Bierglas. »Ich dachte immer, dass man Glaube nicht widerlegen kann. Der christliche Gott hatte für mich Fehler. Ich meine, man hat nur eine Chance, in den Himmel zu kommen.«
Er blickt besorgt von seinem halb gegessenen Hähnchenspieß auf.
»Was ist, wenn man die Chance nicht bekommt? Am Ende geht es doch darum: Was passiert mit einem, wenn man tot ist? Mir persönlich, mir … reicht das christliche Ende einfach nicht.«
Er erwähnt die Bodhisattvas des Mahayana-Buddhismus, erleuchtete Wesen, die das Erreichen des eigenen Nirwanas verschieben und stattdessen anderen helfen, zum Heil zu gelangen - eine verbesserte Version der christlichen Heiligen.
Ich führe nicht so oft Gespräche über buddhistische Spiritualität (vor allem nicht bei Hühnerfrikadellen und Bier) und überlege, wie es wohl ist, wenn man sich nicht nur von der Liebe und den Erwartungen des Vaters befreien muss - sondern auch von einem Gott, der sich als Enttäuschung erwiesen hat. »Ich versuche, meine eigenen Ziele den Zielen anderer unterzuordnen«, sagt er.
Das bringt mich ins Grübeln - also frage ich seinen Freund Meehan.
»Ich würde sagen, er ist ein echter Schatz«, sagt er, als ich ihn frage, ob er Chang als netten Kerl bezeichnen würde. »Er ist verdammt mitfühlend. Er ist großzügig. Das ist er wirklich. Aber das ist eine Liebe mit Stahlummantelung. Oder mit Ecken und Kanten. Ich meine, ich bin noch nie morgens neben ihm aufgewacht, aber ich glaube nicht, dass es viele zärtliche und liebevolle Momente mit David gibt. Er ist … treu wie Gold. Wenn man sein Freund ist und von jemand anderem gelinkt wird, kann man sich auf ihn verlassen. Er unterstützt und rächt einen.«
»Loyalität und Ehrlichkeit bedeuten mir wirklich viel«, sagt Chang.
Er ist, gelinde gesagt, sehr nachtragend, wenn er glaubt, dass jemand ihn angelogen oder im Stich gelassen hat.
Sein Freund Dave Arnold hat ihm einmal gesagt: »Dein Hobby ist es, Leute zu hassen.« Tatsächlich hat er eine lange, sorgsam gepflegte Feindesliste - die ihm regelrecht ans Herz gewachsen ist.
»Ich habe kein Problem mit
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