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Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs

Titel: Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Bourdain
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versteht und nicht haben kann. Ja, jedes zweite Kind in dem Film wird als Teil eines gedankenlosen Mobs dargestellt, in dem jeder erbittert gegen jeden kämpft. So ist es auch, als die Kinder wie ein Rudel Wölfe den Jungen und seinen Ballon verfolgen. Der Junge rennt weg, wird überfallen, von seinem einzigen Freund getrennt - und wieder mit ihm vereint, nur um zuzusehen, wie er vor seinen Augen langsam stirbt.
    Das Happy End? Aus ganz Paris ziehen Ballons auf. Der Junge nimmt sie und wird emporgehoben. Er treibt davon, gefährlich über der Stadt in der Luft schwebend. Ende.
    Wo fliegt er hin? An einen nicht näher definierten »besseren« Ort, bestimmt. Oder er stürzt in den Tod, wenn das Helium aus den Ballons entwichen ist (wie wir es erst kürzlich beobachtet haben).
    Die Botschaft?
    Das Leben ist grausam, einsam, angefüllt mit Schmerz und willkürlichen Gewaltakten. Am besten steigt man ganz aus, springt - buchstäblich - ins Leere, sucht das Weite. Egal, wie unsicher oder selbstmörderisch der Ausweg ist.
    Nett, oder? Man hätte mir damals ebenso gut eine Crackpfeife in die Hand drücken können. Worauf sollen wir noch warten? Vielleicht habe ich deshalb nie in der French Laundry gearbeitet.

    Und dann Sein Freund Jello . Das war noch schlimmer. Eine zynischere und bedrückendere Grundaussage ist kaum vorstellbar.
    Es ist die Geschichte von einem Jungen und seinem Hund. Eine Disney -Geschichte von einem Jungen und seinem Hund, das heißt, wie die geballte Erfahrung aller Kinder sie lehrt, unabhängig davon, welche Gefahren die Helden zu bestehen haben, am Ende wird alles gut. Als wir im bereits verdunkelten Kino saßen, aufgeregt, lakritzverklebt, war das als Glaubenssatz internalisiert. Ein Abkommen zwischen Kindern, Eltern und den netten Leuten von den Disney-Studios. Es war das verlässlichste Versprechen, das wir kannten, eine Versicherung, die ein ansonsten unsicheres Universum zusammenhielt. Ja, klar, Chruschtschow würde uns vielleicht die große Bombe schicken, aber, verdammt noch mal, der Hund da würde es schaffen!
    Als sich Jello die Tollwut einfängt, macht sich Klein Tony deshalb keine Sorgen. Pinocchio ist ja schließlich auch aus dem Wal herausgekommen. Klar, es sah alles ziemlich schlimm für ihn aus, aber am Ende hat er es geschafft. Oder das mit Bambi, da gab’s ja ein paar Schlaglöcher mit dem Tod seiner Mutter und so, aber alles ging gut aus. So, wie Mom und Dad nie vergaßen, einen von der Schule abzuholen, so war das Happy End eine absolute Gewissheit.
    Das wird schon. Es geht alles gut aus.
    Dem blöden Hund wird nichts passieren.
    Das waren meine Gedanken, als ich da saß, zwischen Mom und Dad, auf die Leinwand starrte und auf ein Wunder wartete. Und dann haben die nichts anderes zu tun, als dem alten Jello das Hirn rauszublasen.

    Ich sitze da wie gelähmt. »Was soll das heißen, man kann Tollwut nicht heilen? Ist mir doch scheißegal, ob die Jello ›von seinem Leid erlösen‹ müssen! Was ist mit meinem Leid, du Arschloch? Die müssen die Sache in Ordnung bringen! Er soll doch wieder gesund werden! Kommt mir jetzt nur nicht mit der Realität ! Und wenn ein bescheuerter Zauberregenbogen aus dem Hintern einer Märchenprinzessin auftaucht und ihn wieder heile macht, ist mir doch egal. Er muss nur gesund werden!«
    Von diesem Moment an begegnete ich meinen Eltern und der ganzen Welt mit Misstrauen. Was für Lügen tischten sie uns sonst noch auf?
    Das Leben war nichts als ein grausamer Scherz. Ein Ort ohne Garantien, gegründet auf dem Fundament falscher Annahmen oder, schlimmer noch, handfester Lügen. Da denkt man, alles wird gut …
    Und dann erschießen sie dir deinen verdammten Hund.
    Daran könnte es also gelegen haben, dass ich keinen Respekt vor mir oder sonst jemand hatte, bis ich meinen ersten Job als Tellerwäscher bekam.
    Vielleicht sollte ich vor Gericht gehen.

Die Reichen essen nicht so wie du und ich
    S chon eine ganze Weile hatte ich mich in der Karibik eingeigelt. Es ging mir ziemlich mies. Meine erste Ehe war in die Brüche gegangen, und ich war, um es gelinde auszudrücken, etwas aufgelöst.
    Mit »aufgelöst« meine ich ziellos und suizidgefährdet. Mein Tagesablauf sah so aus, dass ich gegen zehn Uhr aufwachte, einen Joint rauchte, zum Strand ging, mich mit Bier volllaufen ließ, noch ein paar Joints rauchte und bis zum Nachmittag schlief. Am frühen Abend stand ich dann wieder auf, wieder ein Joint, ab in die Bar, anschließend ins Bordell. Mittlerweile war

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