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Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs

Titel: Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Bourdain
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in diesem kleinen Café hat denselben Berg Meeresfrüchte vor sich, das ältere Ehepaar am Tisch nebenan und auch die winzigen Gestalten einen Tisch weiter, und alle knacken und schlurfen sie sich dezent durch diese unchristliche Riesenportion. Sie wirken zu schwach für den Schaden, den sie da anrichten, mais non , die Ober wuseln durch den Raum und leeren die immer vollen Abfallschüsseln mit den Schalen. Die elegante Frau, die allein isst, der große Tisch mit Parisern, die über das Wochenende hier sind und gerade einen Nachschlag bestellt haben, sie alle trinken Wein, Weißwein und Rosé, und schmieren mit unangebrachtem Feingefühl Butter aus der Region auf die kleinen Scheiben dünnen, dunklen Brots, ehe sie sich wieder ins Gemetzel stürzen, einen Hummer am Schwanz packen und mit einem Ruck, einer brutalen Bewegung, Fleisch herausreißen oder sich durch die angeknackste Kruste einer Seespinne beißen
und daran saugen, wobei ihnen Eier und Fett über die Hände rinnen, ohne dass sie es überhaupt merken. Auch ein gutes Lokal. Hinterher musst du ein Nickerchen machen. In einem kleinen Hotel am Hafen vielleicht. Die Kissen etwas zu hart, eine überflüssige Nackenrolle und Laken, die ein bisschen nach Bleiche riechen. Die Leute um dich herum sind dann allerdings auf dem Weg zum Abendessen.
     
    Am Morgen in Kuching, Borneo: ein so schlimmer Kater, dass du niemandem in die Augen sehen kannst, weil du dir ziemlich sicher bist, dass du am Abend bei langkau, dem hiesigen Reiswhiskey, und (wenn dich dein Gedächtnis nicht trügt) Tequila (und wer ist noch mal auf den Trichter gekommen?) etwas Schreckliches gesagt oder getan hast. Du nimmst den Fluss, die Bilder und die Gerüche des Morgens gar nicht wahr, sondern konzentrierst dich auf die angeknackste weiße Schale mit dampfendem laksa , die gerade gebracht wird - und Linderung verspricht. Als der Ober sie vor dich hinstellt, trifft dich der Duft mit einer Wucht, die bis in die Zirbeldrüse reicht: ein feuriger, herzhafter, würziger Dampf von Fisch und Kokosnusssoße. Du tauchst mit den Essstäbchen und dem Löffel ein, schlürfst den ersten Löffel Nudeln, und ein kräftiger Schlag sambal erfasst dich und treibt alles Böse aus. Die nächsten Happen bringen Krabben, Herzmuscheln und Fischbällchen, noch einmal würzig-süße Soße, Nudeln. Es brennt. Es brennt so gut. Du schwitzt jetzt. Das Gift verlässt durch die Poren den Körper, das Gehirn wird angeworfen, und etwas, das Hoffnung sein könnte, stiehlt sich hervor aus der vertrockneten, grauenhaft misshandelten Hirnrinde.

     
    Es ist ein agroturismo, wie es ihn überall in Italien gibt, kleine Familienbetriebe, meist ohne großen Aufwand auf Bauernhöfen oder in Privathäusern eingerichtet, mit Picknicktischen unter Bäumen, und gekocht wird auf Holzherden oder in Feldküchen. Dieser ist auf Sardinien, und auf dem Teller befindet sich das einfachste Gericht der Welt: Spaghetti alla bottarga, Pasta, mit heimischem Olivenöl vermischt (durch das kurz eine Knoblauchzehe und Peperoni gezogen wurden), und der hier übliche gesalzene Rogen der Meeräsche, eine saisonale Spezialiät. Man kann nicht erklären, warum das so gut schmeckt. Ist einfach so. Der salzige und deutlich fischige Geschmack des Rogens schmiegt sich an das subtilere Aroma der Hartweizennudeln, den Hauch von Schärfe aus der Peperoni und das kratzige, aber dennoch satte Aroma des frisch gepressten Olivenöls extra vergine. Du spülst es mit einem unwiderstehlichen Cannonau runter, dem hiesigen Rotwein, dessen rauer Charme dich in letzter Zeit ernsthaft eingewickelt hat. Die großen Bordeaux-Weine reizen dich nicht mehr. Ebenso wenig wie die pflegeaufwendigen Burgunder mit ihrer komplexen Persönlichkeit. Baron Rothschild könnte hier vor der Tür rückwärts einparken, den Kofferraum voll mit erstklassigen Jahrgangsweinen, sturzbetrunken und bereit, sie alle zu verschenken: Du würdest sie ausschlagen. Hier? Jetzt? Du tupfst Olivenöl und ein paar verirrte Fischeier vom leeren Teller und spülst diesen jungen, stolzen No-Name-Wein hinunter, und es gibt nichts , das du lieber tränkst.
    Du fragst den Besitzer, wo der Wein her ist, und er deutet auf einen alten Mann, der, eine Zigarette im Mundwinkel, in der Ecke sitzt und eine Fußballzeitschrift liest.
    »Von ihm«, sagt er.

     
    Die Büroangestellten lärmen durch das Stadtviertel Shinjuku, legen ihre Werktagsmentalität für heute ab und ersetzen sie schnell - mit jedem Bier, jedem Sake, den

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