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Ein bisschen schwanger

Ein bisschen schwanger

Titel: Ein bisschen schwanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Dunker
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nichts kommt, wird gehandelt.
    Einmal hatte dieser Trick bereits funktioniert. Ich hatte vor einer Klassenfahrt starke Bauchschmerzen bekommen, und meine Mutter hatte mir angedroht, wenn sie bis zum Abend vor der Abreise nicht verschwunden seien, müsse ich zu Hause bleiben. Das wollte ich natürlich nicht und so versuchte ich mich zu lockern und auf einmal verschwanden die mysteriösen Bauchschmerzen tatsächlich von selbst. Diese Erinnerung gab mir Halt. Das Gefühl, eine Gnadenfrist zu haben, beruhigte. Bis Montag, das war doch noch lang hin! Heute brauchte meine Periode also gar nicht zu kommen, morgen Abend wäre okay, dann würde die Erleichterung umso größer sein!
    In der Kunst, mir selbst etwas vorzumachen, war ich noch nie gut. Diesmal aber klappte es einigermaßen. Zumindest konnte ich meine Sorge ein letztes Mal wegschieben, als ich das Türklingeln hörte und durch den Spion Martin mit einer Flasche Sekt und einer neuen, weißen Leinwand für mich vor der Tür stehen sah.

Sternhagelvoll
    27. September, 20 Uhr
    Wir tranken den Sekt auf dem Balkon. Von unten, vom Borrussia-Dortmund-Fan-Club, hörte man dann und wann einen Aufschrei. Offenbar saß die ganze Truppe vor dem Fernseher und sah sich eine Spielübertragung an, den lebensgroßen Stoffteddy in den schwarz-gelben Vereinsfarben hatten sie jedenfalls schon am Nachmittag wieder auf der Wiese platziert.
    Natürlich war es Martin, der auf die Idee mit dem Streich kam. Er trennte ein Blatt aus meinem Skizzenblock, malte ein großes blau-weißes Schalke-Emblem darauf, bastelte mit Hilfe eines Bambusstocks eine Fahne und beschloss, sie dem BVBTeddy in die Tatze zu drücken.
    »Bist du verrückt?«, flüsterte ich. »Die nehmen Fußball total ernst. Die hassen Schalke. Die flippen aus, wenn sie das merken! «
    »Risiko!«, flüsterte Martin, seine Augen leuchteten, seine Zunge spielte um seine weißen Zähne.
    »Da sitzen bestimmt zwanzig hochmotivierte Fans zusammen«, sagte ich ängstlich. »So verrückt war ja nicht mal mein Ex! «
    »Umso besser!« Martin grinste und beugte sich zu mir, er schmeckte nach süßem Sekt und den Erdnüssen, von denen er sich gerade ein paar in den Mund gesteckt hatte, er schmeckte nach Herbst und allen guten Dingen der Welt, er schmeckte nach mehr, aber er löste sich sanft von mir und sagte: »Ich muss das jetzt einfach machen, mich juckt es regelrecht in den Fingern. Los, komm!«
    Wir schlichen durchs Treppenhaus und durch den Hinterausgang in den Garten. Ich fühlte mich wie ein Kind, das etwas Verbotenes tut, gleichzeitig wirklich stolz und super-übermütig, ich genoss den Nervenkitzel, ich genoss es, Martin zuzusehen, der über die Wiese auf den Stoffbären zuschlich.
    Es war kurz nach acht, das Fußballspiel hatte eben begonnen, der Fan-Club war voll auf die TV-Übertragung konzentriert. Aus der Wohnung drangen aufgebrachte Stimmen: »Warum der Trainer diese Lusche wieder aufgestellt hat, dat versteht doch kein Mensch!«, »Ich würd dem Faulpelz schon Beine machen, dat kannse mir glauben!«, und »Kumma, kumma, wat der für’n Scheiß macht, der muss abgeben, abgeben, sach ich! «
    Bitte, Jungs, dachte ich, guckt brav ins Fernsehen, keinen Blick aus dem Fenster!
    Martin erreichte den Bären, drückte ihm die Fahne in die Pfote.
    »Beeil dich, beeil dich doch!«
    »Warte, ich hab’s gleich … «
    »Mach hinne!«, flüsterte ich verzweifelt und merkte, wie ich unbewusst die Sprache der Fans übernahm.
    Da brüllte auf einmal einer von ihnen los. »Dat gibt’s doch nich! « Ich hörte, wie eine Bierflasche mit Karacho auf den Eichenholzcouchtisch gedonnert wurde. Ob sie Martins Freveltat schon entdeckt hatten oder sich nur über das Geschehen im Fernsehen ereiferten, war mir nicht klar, nur, dass wir verschwinden mussten. Martin kam schon auf mich zugerannt. Wir ließen die Gartentür hinter uns zuknallen, hechteten an der Wohnungstür des Fan-Clubs vorbei und spurteten die Treppen hinauf.
    »Haben sie dich gesehen?«, keuchte ich oben und steckte hektisch den Schlüssel ins Schloss.
    »Weiß nicht!«
    Wir schlüpften in die Wohnung, sperrten hinter uns ab, atmeten heftig, umarmten uns zum zweiten Mal und lauschten. Aus dem Hausflur war nichts zu hören.
    »Glück gehabt.« Martin pustete in mein Ohr, lachte leise. »Die werden ausrasten, wenn sie den Teddy sehen.«
    Ich konnte seinen Herzschlag spüren, seine Hände auf meinem Rücken, sein Gesicht an meinem. Kurz darauf lagen wir in meinem Bett.
    Mit Patrick war

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