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Ein bisschen schwanger

Ein bisschen schwanger

Titel: Ein bisschen schwanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Dunker
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erziehen zu müssen, bei Anna hält sie sich Gott sei Dank zurück. Aber was ist los mit dir, wollte Martin dich nicht besuchen?«
    »Doch, er war hier. Wir hatten einen schönen Abend. Jetzt ist er gegangen und ich lieg in der Wanne.«
    »Aha?« Rabea versuchte kaum, ihre Neugier zu verbergen. »Warte, ich setz mich auf die Couch, da ist es bequemer. Aaaaah! Hier also hat Anna die Schokolade versteckt! Jetzt hab ich mich draufgesetzt! Das gibt wieder Flecken! Aber bei mir sieht’s ja eh schon aus wie Kraut und Rüben … Wolltest du mir nicht was erzählen?«
    Ich fasste endlich Mut und Kraft, ihr alles von Patrick zu berichten, alles und auch das, was mich die ganze Zeit schon so bedrückt hatte.
    Anschließend war das Badewasser kalt und mein Ohr heiß.
    Wie es Rabea ging, wusste ich nicht, ich jedenfalls fühlte mich so leer wie die Wanne, aus der das Wasser in den Abfluss gurgelte.
    Rabea sagte noch, dass wir gleich morgen Schritte unternehmen müssten. Sie würde sich darum kümmern. Kein Thema. Selbstverständlich würde sie mir helfen, und natürlich würde es sie überhaupt nicht belasten, was ich ihr erzählt hatte, nein, es sei richtig gewesen, endlich zu sprechen.
    Aber ein bisschen verlegen war sie dabei doch, glaube ich.
    Als meine Eltern kamen, lag ich schon im Bett. Sie schauten kurz in mein dunkles Zimmer, aber ich wollte mit niemandem mehr sprechen, für heute hatte ich genug erzählt und ich stellte mich schlafend.
    Es dauerte aber noch eine ganze Weile, bis ich einschlafen konnte. Meine Eltern waren mit Sicherheit schon vor mir eingeschlummert, denn irgendwann, während ich mich unruhig hin und her wälzte, hörte ich meinen Vater schnarchen.
    Meine Nachtruhe hielt auch nicht lange an. Gegen drei in der Frühe erwachte ich schweißgebadet. Ich hatte geträumt, ich bekäme ein Kind von Patrick.
    Es sah aus wie ein Engel und schrie kein bisschen, vielleicht war es taubstumm oder heiser, aber es lebte, es aß und trank, jedenfalls stillte ich es und putzte seine kleinen Fingerchen ab, die mit Schokolade voll geschmiert waren. In einem rosafarbenen Kinderwagen fuhr ich es vom Zoo, in dem ich es im Raubtierhaus mit Rabeas Hilfe zur Welt gebracht hatte, nach Hause. Vor meinem Elternhaus stand Patrick, entzündete ein Feuerwerk und sagte feierlich: »Mein Mäuschen ist wieder da. Ich wusste, dass du zu mir zurückkommst.«
    Danach blieb ich fast bis zum Morgen wach, und nur meine gute Erziehung hielt mich davon ab, Rabea noch vor dem Frühstück anzurufen, um sie inständig zu bitten, mir auf jeden Fall zu helfen.

Vorspiel
    1.Mai – 24. August
    Es war ja nicht so, dass ich es nicht gewollt hätte.
    Patrick übte trotz seiner unheimlichen Entschlossenheit, trotz seiner unberechenbaren Launen, trotz seines latenten Hangs zu Gewalttätigkeiten immer noch eine starke Anziehungskraft auf mich aus.
    Manchmal kam er mir vor wie eine Droge, von der ich nicht loskam, ich machte Versuch um Versuch, ihn nicht mehr in meine Nähe zu lassen, und scheiterte jedes Mal im letzten Moment.
    Was mich immer wieder umstimmte, waren seine bestechenden Aktionen, zum Beispiel vor unserer Haustür demonstrativ in Sitz- und Hungerstreik zu treten; an einen Haufen von Fünftklässlern auf dem Schulhof selbst gebastelte Fähnchen mit der Aufschrift Linda, komm zurück zu mir, ich liebe dich, dein Patrick zu verteilen und sie dazu zu bringen, mir die Fähnchen einzeln zu überreichen; nach unserem Urlaub einen ganzen Tag auf dem Flughafen zu warten, weil er nicht wusste, mit welchem Flieger wir ankommen würden; mitten in der Nacht bei uns anzurufen und weinend zu erklären, auf der Stelle Selbstmord zu begehen, wenn ich nicht zu ihm zurückkäme.
    An jenem entscheidenden Tag war es hauptsächlich Angst, die mich weich werden ließ. Am 24. August, seinem zwanzigsten Geburtstag, befanden wir uns in der Wohnung seiner Großeltern, die ihren Urlaub mal wieder auf Mallorca verbrachten. Zuvor hatten wir eigentlich einen recht harmonischen Vormittag gehabt, waren mit Melanie, Tim und Till auf einem Trödelmarkt gewesen, auf dem Patrick sich schon mal nach Einrichtungsgegenständen für seine erste eigene Wohnung umsehen wollte. Ein heftiger Regenschauer hatte uns völlig durchnässt, wir hatten die anderen nach Hause gebracht und waren klitschnass und leicht verkühlt zu ihm gefahren. Ich hatte es seit längerer Zeit vermieden, die meist leer stehende Wohnung seiner Großeltern zu betreten, aber an diesem Tag war sein Geburtstag, ich

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