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Ein bisschen schwanger

Ein bisschen schwanger

Titel: Ein bisschen schwanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Dunker
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schwanger.«
    Ich merkte, wie Rabea neben mir zusammenzuckte. Natürlich, ich hätte es meinen Eltern schonender beibringen können, so nach dem Motto: »Hallo, Leute, setzt euch erst mal, tja, ich muss euch da leider was sagen … «
    Aber ich hatte nur das Bild vom Tiger im Kopf.
    Ich hörte, wie das Brillenetui aus den Händen meiner Mutter fiel und auf den Fliesen aufsprang.
    Ich hörte, wie mein Vater aufstöhnend sagte: »Lieber Gott, lass das ein Fiebertraum sein!«
    Ich hörte das Türklingeln.
    Ich sah durch den Spion.
    Der Tiger stand im Hausflur und versuchte seinerseits, durch den Spion hineinzublicken, was sein lauerndes Auge vergrößerte.
    »Patrick ist draußen«, flüsterte ich. Ich dachte, wenn ich ihn jetzt reinlasse, werde ich von diesem Moment an mein ganzes Leben lang flüstern.
    Da riss meine Mutter die Tür auf und schrie so laut und wild, wie ich sie noch nie gehört hatte: »Was willst du denn, verdammt noch mal?«
    »Aber Frau Maschewski! « Patrick hob abwehrend die Hände, bedachte uns alle mit einem erstaunten und gleichzeitig abschätzenden Blick. »Sie haben das Licht an Ihrem Auto angelassen, ich wollte Ihnen nur Bescheid sagen. Wenn es die ganze Nacht über brennt, ist morgen früh die Batterie leer.« Er lächelte. »Außerdem ist Ihnen jemand kräftig in die Seite gefahren. Ich denke, das haben Sie schon gesehen?«
    »Danke, das habe ich«, antwortete meine Mutter kalt und schloss die Tür. Unsere Blicke trafen sich. Meine Mutter war bleich und sah aus, als hätte sie gerade wirklich Auge in Auge mit dem Tiger gestanden. Sie sah aus, als könnte sie sich nicht gegen ihn verteidigen, auch mein Vater könnte es nicht, nicht einmal Rabea.
    Mein Adrenalinspiegel stieg. Mein Herz schlug so heftig, dass ich glaubte, es würde mir den Brustkorb sprengen. Aber sie hatte ihn angeschrien. Sie hatte doch ein bisschen Mut bewiesen, mich zu verteidigen. Sie hatte ihr Junges gegen das Raubtier verteidigt.
    Mein Junges hatte überhaupt nur dann eine einzige, winzige Chance, von mir akzeptiert zu werden, wenn Patrick nicht mehr in meiner Nähe war.
    Ich öffnete die Wohnungstür.
    »Linda, wo willst du hin?«, rief meine Mutter hinter mir erschrocken.
    Ich gab keine Antwort. Ich stolperte die Stufen hinunter.
    Im Treppenhaus arbeitete Melanies Vater noch immer, aber Patrick war im Begriff zu gehen.
    »Warte!«, rief ich ihm nach.
    Er drehte sich zu mir um.
    »Damit du es jetzt ein für allemal weißt«, sagte ich und spürte, wie das Blut mir in die Wangen schoss und meine Beine zu zittern anfingen. »Damit auch du’s weißt, Torsten, und Sie, Herr Kleinschmidt, und Ihre Frau und Melanie und alle, die’s sonst noch interessiert: Du und ich, Patrick, wir haben nichts mehr miteinander zu tun. Dein Terror hat jetzt und hier ein Ende, ich nehme keine Rücksicht mehr auf dich, ich habe keine Zeit mehr, mich mit deinen krankhaften Nachstellungen zu beschäftigen, und keine Lust mehr, mir von deinem blöden Gequatsche das Leben versauern zu lassen. Ich will dich hier nicht mehr sehen, ich will nicht mehr, dass du bei uns klingelst, vor der Tür sitzt oder vor dem Haus rumlungerst, und wenn du dich nicht dran hältst, dann … «
    »Dann«, sagte mein Vater, der hinter mich getreten war und mir den Arm um die Schulter gelegt hatte, »müssen wir wohl doch einen Anwalt einschalten, das hatten wir ja schon seit längerer Zeit vor.«
    Ich war ein bisschen verstimmt, dass er mir die Show stahl, ich hatte so viel Mut gehabt, ich hätte es gern allein zu Ende gebracht.
    »Tatsächlich? Und wieso kommen Sie mir jetzt damit?«, fragte Patrick. Er war bei meinen Worten blass geworden, hielt sich aber tapfer. »Ich habe nichts getan. Ich habe Ihre Frau nur höflich darauf hingewiesen, dass sie an ihrem Auto das Licht angelassen hat!«
    »Das kannst du dir in Zukunft sparen. Wir möchten dich nicht mehr bei uns sehen!«, sagte mein Vater streng und hustete.
    Patrick verzog den Mund zu einem abfälligen Lächeln. »Bitte, dann bin ich eben nicht mehr freundlich.«
    »Du warst nie freundlich!«, schrie ich giftig und mit viel zu hoher Stimme.
    Ich hatte Angst. Ich sah die ungläubigen, sensationsgierigen Blicke der Kleinschmidts. Ich wusste, dass mein Vater mir unbedingt helfen wollte, dass er aber bei seinem jetzigen Gemüts- und Gesundheitszustand nicht so stark war wie Patrick. Es fehlte nicht viel und er würde sich blamieren und den sprachlichen Wettkampf verlieren. Patrick war nicht nur dreist, schlagfertig

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