Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
brauchen einen kleinen Stups.“ Michelle drehte sich wieder zu uns um. „Der Deckel muss gelockert werden. Weißt du, Frankie hatte eine Hochzeit noch nicht mal in Erwägung gezogen, als ich ihn schon zum Juwelier schleppte, um Ringe anzusehen. Ich glaube, er zückte seine Kreditkarte, bevor er überhaupt wusste, was er da tat“, fügte sie mit einem fröhlichen Kichern hinzu.
„Ach du liebe Güte.“ Doreen verdrehte die Augen.
„Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen?“ fragte mich Roberta.
Mein Gesicht wurde ganz heiß. Ich wollte meinen Hochzeitskleid-Orgasmus nicht einmal Grace beichten, geschweige denn diesen drei Frauen. „Ich bin einunddreißig Jahre alt – sollte ich nicht zumindest mal darüber nachdenken?“
„Aha.“ Roberta lächelte wissend. „Die biologische Uhr tickt also? Jetzt verstehe ich. Als ich dreißig wurde, konnte ich an gar nichts anderes mehr denken.“
O Gott. Wer hatte was von Kindern gesagt? Klar, die sind süß und so, aber eins nach dem anderen …
„Darum geht es nicht, wirklich. Ich möchte einfach ernst genommen werden“, sagte ich, musste aber feststellen, dass Roberta gar nicht hinhörte. Sie erzählte zum hundertsten Mal, wie schwierig es gewesen war, ihrer Tochter beizubringen, die Toilette zu benutzen. Die Tochter wurde übrigens demnächst dreizehn und wäre davon sicher nicht begeistert gewesen. Zum Glück klingelte Robertas Telefon, bevor sie zu den Details kam. Sie würde mir keine große Hilfe sein. Michelle beendete ihr Gespräch und blickte mich wieder an.
„Du willst ernst genommen werden?“ fragte sie. „Ich verrate dir, wie das geht.“ Sie beugte sich nach vorne und flüsterte: „Mach eine Pause.“
„Ich bin gerade erst gekommen. Ich kann noch keine Pause machen“, flüsterte ich zurück.
„Im Moment ist nicht viel los“, sagte Michelle. „Mach eine Pause.“ Dann lehnte sie sich zurück. „Himmel, Roberta, du warst die ganze Zeit in der Kantine. Jetzt muss ich mal auf die Toilette.“ Sie stellte ihr Telefon auf standby, nahm ihr Headset ab und warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu.
Ich stellte mein Telefon um. „Ich muss auch mal.“
„Ihr könnt nicht gleichzeitig eine Pause machen!“ protestierte Doreen, dann unterbrach sie sich selbst: „Danke, dass Sie
Lee and Laurie Catalog
anrufen …“
Zwar hatte ich ein schlechtes Gewissen, aber ich brauchte dringend Hilfe. Und so selbstbewusst, wie Michelle in ihren Calvin-Klein-Klamotten durch das Büro und die Tür eilte, war ich mir sicher, dass sie die Richtige dafür war.
„Lass uns kurz rausgehen. Dann kann ich eine rauchen.“
Ich seufzte. Nun bin ich Michelle auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, dachte ich, und bekam ein noch schlechteres Gewissen, als wir mit dem Fahrstuhl elf Stockwerke nach unten fuhren und in die unglaubliche Sommerhitze traten.
In der Sekunde, in der wir den Gehweg vor dem Gebäude betraten, hatte sich Michelle bereits eine
Virginia Slims
angezündet und begann, hektisch daran zu ziehen. „Willst du eine?“ fragte sie und hielt mir mit ihrer perfekt manikürten Hand die Schachtel hin.
„Na gut.“ Ich nahm eine Zigarette, obwohl ich mir das Rauchen, nachdem mein Vater an Krebs gestorben war, abgewöhnt hatte. Zumindest meistens. Manche Dinge jedoch verlangten einfach nach Nikotin.
Nachdem sie mir Feuer gegeben und ich einen tiefen Zug genommen hatte, legte sie los. „Einen Ehemann zu bekommen ist wie ein Spiel. Du musst dieses Scheißspiel mitspielen.“
„Spiel?“ fragte ich und grinste über Michelles Kraftworte, die sie vor allem bei ihrem Lieblingsthema, den Männern, so gerne benutzte.
„Also, weißt du, den Deckel kann man nicht einfach so über Nacht lösen …“
„Diese Theorie ist Blödsinn.“ Ich zog noch einmal, bevor ich die Zigarette auf den Boden warf.
„Blödsinn? Ich will dir mal was sagen. Du weißt doch, mit wem Frankie zusammen war, bevor wir uns kennen lernten, oder?“
„Ja, ja. Mit Rosanna Cuzio. Aber das war in der Highschool. Heutzutage heiratet man seinen Freund aus der Highschool nicht mehr …“
„Rosanna Cuzio war die Ballkönigin. Die verdammte
Ballkönigin
, Angie. Sie und Frankie waren
verdammte vier Jahre
zusammen. Und dann, als sie bereits das Geschirr aussucht, verlässt er sie. Er verlässt sie!“ Sie riss die Augenbrauen in die Höhe und zog an ihrer Zigarette. „Also, ein paar Monate später beginne ich, mit ihm auszugehen. Und innerhalb von zwei Jahren, wumms.“ Sie hob ihre
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