Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
„Ich habe da was auf dem Bildschirm gesehen. Ich könnte schwören, dass es ein Junge wird …“
Nur ein einziges Ereignis konnte diese Fixiertheit auf Vanessa beenden. Und schon stürmten Tracy und Timmy, die schrecklichen Zwillinge, ins Zimmer, um mit der Ausgelassenheit von Sechsjährigen Vanessa praktisch zu überrennen
„Hey, hey, hey“, rief Joey warnend, als er durch die Tür kam, den Arm fest um Mirandas schmale Taille geschlungen.
Ich hatte mich noch immer nicht an Joeys neue Rolle als Vater gewöhnt. Bis vor einem Jahr noch hatte er seine ganze Zeit und Energie darauf verwendet, das Autoersatzteil-Imperium meines Vaters fortzuführen. Und in jeder freien Minute hatte er seinen 67er Cadillac, der sein ganzer Stolz war, gewachst und poliert. Nun, auf einmal, waren Tracy und Timmy sein ganzer Stolz und Miranda sein Lebensinhalt.
Meine Mutter hätte sich daüber eigentlich freuen sollen. Jahrelang hatte sie befürchtet, dass Joey viel zu beschäftigt war, um sich zu binden und ihr die Enkelkinder zu schenken, nach denen sie sich sehnte. Aber irgendwie kam sie mit der Vorstellung, dass es dann ausgerechnet Miranda war, einfach nicht zurecht. Sie sah in Miranda nur eine mittellose allein erziehende Mutter, die alles daran setzte, an die Kohle unseres Familienunternehmens zu kommen.
Zum Glück merkte Miranda davon nichts – oder zumindest tat sie so.
„Hallo Mrs. Di“, sagte sie und umarmte meine Mutter. Meine Mutter legte ihre Arme zart um die zierliche Gestalt. Erst bei Joey drückte sie richtig zu und gab ihm auch noch einen Klaps auf den Hintern.
„Er sieht jedes Mal noch besser aus“, sagte sie zu Nonnie. Wehmut lag in ihrer Stimme.
„Er ist schon in Ordnung“, antwortete Nonnie mit einem Augenzwinkern. Dann zog sie ihn in die Arme. „Du erinnerst dich doch an Artie Matarrazzo, Joey, oder?“ fragte sie und zerrte ihn zu Artie, der ergeben auf der Couch saß.
„Hallo Mr. Matarazzo.“ Joey schüttelte die Hand des alten Mannes. Er war genauso überrascht wie wir, dass Nonnie in der Lage war, einen anderen Mann anzustrahlen als Grandpa, der vor gut zehn Jahren gestorben war.
Doch keiner von uns hatte genügend Zeit, sich länger über Artie zu wundern, denn Tracy und Timmy begannen, das Wohnzimmer auseinander zu nehmen. Sie hatten bereits alle Kissen von der Couch gezerrt und wollten gerade eine Kissenschlacht beginnen, als meine Mutter sich hinunter beugte, um sie zu umarmen und mit Geschenken zu überhäufen, die sie praktischerweise neben dem nun beinahe zerstörten Sofa, aufbewahrte. Mir kam es so vor, als hätte sie Tracy und Timmy mit ihren unwiderstehlich großen, blauen Augen und braunen Locken liebend gerne übernommen und Miranda vor die Tür gesetzt.
Aber was für Animositäten auch immer lauerten, sie waren in der Sekunde vergessen, in der Nonnie verkündete: „Dinner ist fertig. Lasst uns essen!“
Als wir uns alle um den Tisch versammelt hatten – ich wurde zwischen Tracy und Timmy platziert, damit sie sich nicht gegenseitig an den Haaren ziehen konnten – fiel Sonny plötzlich auf, dass meine bessere Hälfte fehlte.
„Hey, wo ist eigentlich Kirk?“ fragte er zwischen zwei Gabeln Linguine mit Auberginen.
„Wer ist Kirk?“ wollte Tracy wissen, die offenbar völlig vergessen hatte, dass er sie das letzte Mal den ganzen Tag lang mit seinen dummen kleinen Witzen zum Lachen gebracht hatte.
„Bist du doof“, sagte Timmy. „Kirk ist Angelas
Freund
.“
„Ich bin nicht doof,
du
bist doof“, entgegnete sie und zerrte ihren Bruder hinter meinem Rücken an den Haaren, woraufhin ich mich tief über meinen Teller beugen musste. Damit gab ich für meine Mutter eine wunderbare Zielscheibe ab.
„Er ist nach Hause zu seinen Eltern gefahren“, erklärte sie mit hochgezogenen Augenbrauen, als lade sie nun alle dazu ein, ausführlich über Kirks Absichten zu spekulieren.
„Ach ja?“ fragte Sonny. „Ich wusste gar nicht, dass der Typ überhaupt ein Zuhause hat, wenn man mal bedenkt, wie oft er hier bei uns ist.“
„Lebt seine Familie nicht in Massachusetts oder so?“ Vanessa war ganz offensichtlich stolz darauf, sich an dieses Detail aus dem Leben meines Freundes zu erinnern. Man konnte von Vanessa halten, was man wollte, zumindest strengte sie sich wirklich an, wenn es um die Familie ging.
„Newton, Massachusetts“, antwortete ich, lehnte mich zurück und verhinderte damit Tracys Versuch, dem Kopf ihres Bruders einen Schlag zu versetzen. Mit einem Blick auf
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