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Ein Blatt Liebe

Ein Blatt Liebe

Titel: Ein Blatt Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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an beiden Enden entfalteten sich in
niedrigen Körben Blumensträuße, durch hohe Fruchtschüsseln
geschieden, auf denen allerlei Überraschungen lagen, die in ihren
goldenen und buntbemalten Papieren weithin glitzerten. Dann standen da Baumkuchen, Pyramiden von
überzuckerten Früchten, Berge belegter Brötchen und weiter unten
viele Schüsseln voll Zuckerwerk und Backwaren; die Torten,
Mohrenköpfe und Sahnerollen wechselten mit Biskuits, Knackmandeln
und Teegebäck. Fruchtsäfte leuchteten in kristallenen Vasen.
Schlagsahne füllte Porzellanschüsseln. Und die handhohen
Champagnerflaschen, der Größe der kleinen Gäste angepaßt, blitzten
um den Tisch mit ihren silbernen Hälsen. Es war, als sähe man eins
jener Riesenleckermahle, das die Kinder im Traume sehen …
    »Nun vorwärts! den Damen den Arm gereicht!« sagte Madame Deberle
und amüsierte sich über die Verzückung der Kinder.
    Aber das Defilee wollte nicht zustande kommen. Lucien hatte
triumphierend Jeannes Arm genommen und nahm die Tete. Die nächsten
hinter ihm kamen schon ein wenig ins Gedränge. Die Mamas mußten sie
anstellen. Und sie blieben zur Aufsicht, besonders hinter den
kleinen Schlingeln. In Wahrheit schienen die Gäste zuerst verlegen.
Man sah sich an, wagte nicht, all diese guten Sachen anzufassen,
beunruhigt von dieser verkehrten Welt, in welcher die Kinder am
Tische saßen und die Eltern standen. Endlich faßten die größeren
Mut und langten zu. Als dann die Mütter sich dazwischen mengten,
die Baumkuchen zerschneidend und was ihnen nahe saß, bedienend, kam
Leben in die kleinen Gäste, und die Schmauserei wurde bald sehr
geräuschvoll. Das schöne Ebenmaß der Tafel war wie durch einen
Wirbelwind weggefegt. Alles kreiste zur gleichen Zeit inmitten
ausgestreckter Arme, die die Schüsseln beim Vorüberwandern leerten.
Die beiden kleinen Fräulein Berthier, Blanche und
Sophie, lachten selig ihre Teller an, auf
denen alles zu finden war, Backwerk, Schlagsahne, Zuckerwerk und
Früchte. Die fünf Fräulein Levasseur ließen sich in einem Winkel
allerhand Leckereien schmecken, während Valentine, stolz auf ihre
vierzehn Jahre, die verständige Dame spielte und sich mit ihrem
Nachbarn beschäftigte. Lucien, um sich galant zu zeigen, entkorkte
eine Champagnerflasche so ungeschickt, daß er den Inhalt fast auf
seine kirschseidene Hose verschüttete. Das gab neuen Lärm.
    »Willst du wohl die Flasche in Ruhe lassen!«
    »Ich entkorke den Champagner,« rief Pauline, die sich auf eigene
Rechnung amüsierte. Sobald der Diener kam, riß sie ihm die
Schokoladenkanne aus der Hand und fand ihr Vergnügen daran, die
Tassen zu füllen – was sie übrigens mit der Geschicklichkeit und
Geschwindigkeit eines Kellners tat. Dann trug sie Eis und
Fruchtsäfte auf, ließ alles im Stich, um eine der kleinen Damen
vollzustopfen, die man übergangen hatte, und wandte sich mit Fragen
bald an die eine, bald an die andere.
    »Was möchtest du denn gern, mein Dicker? He? Ein Sahnetörtchen?
Warte, mein Lieber, ich will dir Apfelsinen zuschanzen. – Eßt doch,
ihr Dummerchen! Spielen könnt ihr doch nachher!«
    Frau Deberle mahnte wiederholt, man solle die Kleinen in Ruhe
lassen. Sie würden sich schon nehmen und kämen allein ganz gut
zurecht. In einer Ecke des Raumes standen Helene und einige Damen
und amüsierten sich über die Schwelgerei.
    All diese rosigen Mäulchen kauten und knabberten, daß man die
weißen Zähne blitzen sah. Und nichts war possierlicher, als die
Manieren von wohlerzogenen Kindern zu beobachten, die sich mit der
Unerzogenheit von jungen Wilden gehen
ließen. Sie nahmen ihre Gläser in beide Hände, um sie bis auf die
Neige zu leeren, und besudelten ihre Kleider. Das Lärmen schwoll
an.
    Man plünderte die letzten Schüsseln. Als sie die Töne einer
Quadrille im Salon hörte, tanzte Jeanne auf ihrem Stuhle, und als
ihr die Mutter Vorhaltungen machte, jauchzte sie:
    »Oh! Mama! Ich fühle mich heute so schrecklich wohl!«
    Die Musik hatte auch andere Kinder auf die Beine gebracht. Nach
und nach leerte sich die Tafel, und bald saß nur noch ein einzelner
dicker Knirps daran, der sich über das Klavier und dessen Töne zu
mokieren schien. Eine Serviette um den Hals, mit dem Kinn auf der
Schüssel, so klein er war, öffnete er die großen Kulleraugen und
schob den Mund vor, sobald ihm die Mutter Schokolade einlöffelte.
Die Tasse wurde leer und noch immer schmatzend und die Augen weit
aufreißend ließ er sich die Lippen

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