Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte
repräsentierte, trank er nie, auch wenn die Gäste ausreichend versorgt waren. Mit dem Glas in der Hand trat er auf die Terrasse. Der Himmel war pechschwarz, weder Mond noch Sterne waren zu sehen. Ein Gewitter lag in der Luft.
Ein Blitz zerriss für Sekunden die Dunkelheit. Lanzos Wangenmuskeln arbeiteten. Der Tag war drückend heiß gewesen, ein Gewitter würde die lang ersehnte Abkühlung bringen, trotzdem … er hasste Gewitter.
Schon bizarr, dass es ausgerechnet heute Abend ein Gewitter geben sollte. Er brauchte keine Erinnerung daran, dass auf den Tag genau vor fünfzehn Jahren der Blitz in die Villa seiner Eltern eingeschlagen war und ein Inferno ausgelöst hatte. Das Feuer hatte sich rasend schnell ausgebreitet, seine Eltern und Cristina hatten nicht die geringste Chance gehabt.
Er trank den Cognac in einem Zug und spürte die brennende Flüssigkeit seine Kehle hinunterfließen. Nach fünfzehn Jahren konnte er Cristina nicht mehr deutlich vor sich sehen, ihre Züge wirkten wie von einem Nebelschleier verhangen. Stattdessen hatte sich Ginas Gesicht in seinen Kopf eingebrannt, ihr Gesicht mit den blauen Augen und den vollen Lippen, die Mundwinkel leicht nach oben gebogen.
Ein Schrei riss ihn aus den Gedanken – ein schriller Angstschrei, in dem sich Panik und Schmerz mischten, und er war aus Ginas Zimmer gekommen.
Lanzo setzte sein Glas ab und hastete über die Terrasse. Oben am Himmel kam das bedrohliche Donnergrollen immer näher.
6. KAPITEL
Überall Blut, so viel Blut … Warmes, klebriges Blut, das unablässig aus den Adern auf ihr weißes Kleid pumpte und bereits eine Lache um ihren Kopf gebildet hatte …
Unruhig wälzte Gina sich in ihrem Bett,
Kaum zu glauben, dass sie so viel Blut verlieren konnte, aber sie musste jetzt zusehen, dass es endlich aufhörte zu fließen …
Mit einem Schrei auf den Lippen schreckte Gina ruckartig auf und presste die Hände an ihr Gesicht. Es war dunkel, so dunkel, dass sie nichts sehen konnte. Doch während der Albtraum sich langsam auflöste, wurde ihr klar, dass sie nicht auf dem Fliesenboden in der Küche lag, es gab keine Glasscherben unter ihrem Gesicht, und es gab auch kein Blut.
Mit zitternden Fingern tastete sie nach dem Schalter der Nachttischlampe. Als der goldene Lichtschein das Zimmer erfüllte, atmete Gina bebend durch. Schon lange hatte sie diesen Albtraum nicht mehr gehabt, die Szene mit den O’Connells heute Abend im Restaurant musste die alten Bilder wieder heraufbeschworen haben. Miranda war Gott sein Dank nicht verletzt worden, aber Gina hatte damals weniger Glück gehabt. Simon, betrunken und aggressiv, hatte sie geohrfeigt, als sie versuchte, ihm die Whiskyflasche abzunehmen. Die Flasche war auf den Boden gefallen und zerschellt. Noch heute rief der Geruch von Whisky Übelkeit in Gina hervor.
Hinterher hatte Simon geschworen, er hätte sie niemals bewusst schlagen wollen. Doch ob nun absichtlich oder nicht, seine Ohrfeige war so hart gewesen, dass sie zu Boden gegangen und in die Glasscherben gefallen war.
Gina schlug die Bettdecke zurück und richtete sich auf. Sie brauchte Luft, musste dem stickigen Raum und dem düsteren Traum entfliehen. Sie stürzte auf die Terrasse, schrie auf, als sie gegen eine dunkle Gestalt prallte und begann, um sich zu schlagen.
Lanzo bekam ihre Hände zu fassen und hielt sie fest. „Gina!“ Ihr angstverzerrtes Gesicht bestürzte ihn zutiefst. „ Cara, was ist mit dir?“
Es war das „cara“, das etwas in ihr bewirkte. Lanzos Stimme war tief und leise, eine Mischung aus Stärke und Sorge. Von einem Moment auf den anderen fühlte sie sich sicher. Sie wusste, dass er einer Frau niemals Gewalt antun würde. Er hatte erstaunlich altmodische Werte, besaß einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Emanzipation und Unabhängigkeit waren unerlässlich, aber in diesem Augenblick war Gina einfach nur froh, sich an ihn zu lehnen und sich in seine Arme zu schmiegen.
Beruhigend strich er ihr über das Haar. „Was ist denn passiert?“
„Nichts … ich hatte einen Albtraum.“ Noch immer zitterte sie.
Lanzo fühlte ein seltsames Ziehen in seiner Brust, als er ihr in die tränenfeuchten Augen sah. „Möchtest du darüber reden?“
„Nein.“ Sie schluckte und riss den Blick von seinem unerwartet zärtlichen Gesichtsausdruck los.
Seufzend zog er sie fester an sich. Er würde sie nicht allein in ihr Bett zurückkehren lassen, wenn sie noch immer so aufgewühlt war. Er wusste alles über Albträume – aus
Weitere Kostenlose Bücher