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Ein Braeutigam und zwei Braeute

Ein Braeutigam und zwei Braeute

Titel: Ein Braeutigam und zwei Braeute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Bashevis Singer
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erschien wieder seine Frau. »Rebbezin, ich halte es nicht mehr aus.«
      Sie zeterte nicht und weinte nicht, sondern zischelte wie eine Gans, spie wie eine Schlange. Sie legte einen Finger an ihren Hals, um zu zeigen, wie hoch ihr das Wasser stand.
      »Was ist es denn diesmal?« fragte Mutter.
      »Rebbezin, er will nach Amerika. Was soll ich machen? Wie kann ich dorthin gehen? Entweder er ist verrückt – möge das meinen Feinden widerfahren! – oder er ist ein Ketzer. Er hat einen Dibbuk in sich, ganz bestimmt, einen bösen Geist. Was soll ich tun? Wo könnte ich hin, zu wem? Warschau ist eine so große Stadt.«
      »Will er alleine weg?«
      »Glauben Sie, ich gehe mit ihm nach Amerika? Ist Warschau nicht unrein genug? Brauche ich noch Amerika? Dort arbeiten Juden am Sabbat, wehe uns! Die Menschen gehen dort auf dem Kopf, die Füße in der Luft. Alle reden Englisch, und der Teufel allein versteht sie. Ich gehe nicht nach Amerika.«
      »Und er will wirklich fort?«
      »Rebbezin, wenn er sagt, er geht, dann geht er. Jeden zweiten Tag setzt er sich eine neue Verrücktheit in den Kopf. Jetzt will er ein Grammophon kaufen, wo aus einer riesigen Posaune Musik kommt. Ich sage ihm: Wo um alles in der Welt hat man je gehört, daß ein Schächter so etwas haben muß? Das schickt sich eher für bartlose Musiker. Aber es ist, als redete ich gegen eine Wand. Er will sich sogar taufen lassen. Rebbezin, die Wahrheit ist – er will eine andere Frau!«
      Die Frau des Schächters begann zu schluchzen und sich in ihr Taschentuch zu schneuzen; es klang wie eine heisere Trompete. »Was soll ich denn tun?«
      »Will er die Scheidung?« fragte Mutter.
      »Vermutlich, warum auch nicht? Er hat sich in ein junges Mädchen verguckt. Ein loses Ding will er, mit unbedecktem Kopf, eine, die die Jüdischkeit nicht wahrt. In Amerika läuft die Frau eines Schächters mit unbedecktem, unfrisiertem Haar herum, und sie geht mit ihrem Mann ins Theater … Wer weiß, ob die dort eine Mikwe haben? Das da drüben ist eine Welt, die auf dem Kopf steht, und dahin will er abhauen und mich als Agune zurücklassen … Also sagen Sie mir, was soll ich tun?«
      »Sehen Sie zu, daß er Ihnen Geld gibt.«
      »Er sagt, er hat keins. Und wenn er doch welches hat, weiß ich nicht, wo er es aufbewahrt. Er schreit, er habe Schulden. Was brauchen wir denn? Wir sind nur zu zweit. Er schächtet den ganzen Tag. Er verdient nicht schlecht, wirklich nicht. Er legt Geld beiseite, aber wenn ich ein halbes Pfund Fleisch kaufe, weil mir Huhn zum Hals heraushängt, fängt er an zu brüllen und zu toben. Rebbezin, es ist nicht recht, das zu sagen, aber ich will das Geflügel nicht essen, das er geschächtet hat. Er ist moralisch verdorben. Ich will gut koscheres Fleisch unter strengster Überwachung. Mein Großvater, er ruhe in Frieden, hat jeden Montag und Donnerstag gefastet. Als er starb, hat man ihm einen Talmudband auf die Bahre gelegt. Meine Großmutter, sie ruhe in Frieden, war eine aufrechte fromme Frau. Bei uns zu Hause wurde der Herd drei Tage vor Pessach koscher gemacht, bis die Platte glühte. Bis zum letzten Tag von Pessach haben wir nicht einmal Knödel gegessen. In Amerika wird er völlig verwildern. Wenn er sich hier schon den Bart stutzt, was soll dann erst dort werden?«
      »Das ist eine ungute Situation«, sagte Mutter.
      »Soll ich mich von ihm scheiden lassen?«
      »Das ist sicher besser, als verlassen zu werden und eine Agune zu sein.«
      Die Schächtersfrau ging. Wir hörten sie im Treppenhaus weinen. Ich ging in den Hof hinunter, und ganz von selbst trugen mich meine Füße zu dem dunklen Keller, wo Wolf schächtete. Zuerst konnte ich nichts erkennen, aber bald hatten meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt. Der Keller war voller Blut und Federn und übereinandergestapelten Käfigen mit lebendem Geflügel. Wolf arbeitete im Stehen neben einem Waschzuber, der randvoll mit Blut war. Ungestüm und, wie mir schien, im Zorn packte er ein Huhn. Er drehte ihm den Kopf um, riß ihm mit einem Ruck eine kleine Feder aus, machte einen Schnitt und warf das Huhn einem Mädchen in blutiger Jacke zu, das es rupfte. Sie hatte einen großen Busen, dicke Hände, einen kräftigen Nacken, rote Backen und kirschschwarze Augen. Sie saß auf einer Art Schusterschemel und rupfte den Vogel in mörderischer Hast, während er noch zuckte und um sich schlug.
      Ich sah mit offenem Mund zu. Vor einem Augenblick noch hatte der

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