Ein bretonisches Erbe
spätestens in zwei Tagen die Maschine in Berlin zurückgeben.“
„Das werde ich wohl auch müssen“, knurrte Yannik und ging in den Hof, um das gute Stück erst einmal gründlich zu inspizieren. „Ich warne dich, wenn da auch nur ein Kratzer dran ist“, maulte er, „ zahlst du!“
„Ja, ja“, zeigte sich Yuna entgegenkommend. „Trägt alles meine Haftpflichtversicherung.“ Dabei hoffte sie aber doch, dass Yannik mit dem Zustand, der ohnehin nicht mehr neuen Maschine zufrieden sein würde.
Irgendwie schien er seiner Schwester auch etwas Respekt zu zollen, denn bevor er fuhr, meinte er noch leicht gönnerhaft: „Scheinst dich ja wacker geschlagen zu haben. Hätte ich dir gar nicht zugetraut, dass du das so durchziehst, also das mit der Urne und so… und dass du jemals wieder auf ein Motorrad steigen würdest auch nicht.“
Aber als sie ihn wegen dieser Worte anstrahlte, war ihm das wohl doch schon wieder peinlich und er murmelte hastig ein paar Abschiedsworte und brauste davon.
Yuna atmete auf, weil sie so glimpflich davon gekommen war, und als ihre Mutter die leere Urne liebevoll auf dem Kaminsims in Großvaters Bibliothek platzierte, fand sie, dass sie alles richtig gemacht hatte und nun bereit war, ihr bretonisches Erbe anzutreten.
„Hier“, sagte ihre Mutter bei einer Tasse Tee und reichte Yuna die Hausschlüssel. „Großvaters Concierge, die in den letzten Jahren nach dem Rechten gesehen hat, hat sie mir für dich gegeben. Es ist ja jetzt dein Haus.“
Yuna nahm den Schlüsselbund mit den großen alten Schlüsseln mit einem leisen Schauder entgegen. Ein ganz seltsames Gefühl überkam sie dabei. Ein Gemisch aus Freude und Stolz, vielleicht sogar Glück, aber zugleich befiel sie auch ein leichte Beklemmung, ja fast schon eine unerklärliche Furcht. Und für einen kurzen Augenblick gewann im Widerstreit dieser Empfindungen die Angst vor etwas Fremden, Bedrohlichem die Oberhand und sie verspürte den Drang aufzustehen, davon zu laufen und das Haus nie wieder zu betreten.
Was sollte sie hier noch? Ihr Großvater war tot und mit ihm die Seele von An Triskell. Das Glück, welches sie hier einst empfunden hatte, war unwiederbringlich mit ihm dahin gegangen.
Doch da sprang mitten in diesen dunklen Gedanken der Hund an ihrem Sessel hoch und bettelte fiepend um ein Leckerli.
Yuna freute sich sehr, dass ihre Mutter Emory mitgebracht hatte, der würde ihnen bei langen Strandspaziergängen Gesellschaft leisten. Warum er gerade nach den Schokoladentörtchen von Rufflés so verrückt war, konnte sie sich allerdings nicht erklären, aber die schmeckten schon sehr köstlich und er war nicht der Einzige in der Familie, der diese Leidenschaft hatte..
„Na, komm“, sagte Yuna froh über die Ablenkung und teilte großzügig ihr Törtchen mit ihm, „sollst ja auch nicht leben wie ein Hund!“
Anschließend inspizierte sie zusammen mit ihrer Mutter das obere Stockwerk, wo die Gästezimmer lagen und auch das Zimmer, welches sie in den Ferien immer bewohnt hatte. Da wollte sie auch jetzt erst einmal wieder einziehen, einfach, weil es ihr vertraut war und es immer gut tat, irgendwo anzukommen, wo man bereits einmal heimisch war.
„Ich bin noch gar nicht oben gewesen“, meinte ihre Mutter entschuldigend, „es müsste sicher dringend mal gelüftet werden...“
In der Tat ! Nachdem sie die mit einem dunklen, gedrechselten Geländer versehene Holztreppe hochgestiegen waren, schlug ihnen schon im Flur feuchtkalte Luft entgegen und ließ Yuna schaudern. Doch ihre Mutter riss sofort sämtliche Türen auf und fing an, alle Fenster zu öffnen und die Sommersonne und die frische Seebrise hereinzulassen.
„Puh!“, stöhnte sie. „Hier ist ja wohl ewig keiner mehr gewesen! Ich wette Madame Michel hat sich in ihrem Alter die steile Treppe nicht mehr herauf getraut. Schlimm, wie muffig solche Häuser am Meer doch riechen, wenn sie lange niemand bewohnt hat. Es ist, als krieche die Feuchtigkeit direkt durch die Wände herein.“
Yuna nickte und fragte, ob die Therme im Keller denn noch funktionierte? Als ihre Mutter erklärte, dass sie die am Vorabend bereits in Gang gesetzt hätte, drehte Yuna einfach erst mal alle Heizungen an.
„Dann ist es schnell wieder gemütlich, diese klamme Kälte ist wirklich eklig.“
Der Hund wuselte schnüffelnd durch das Obergeschoss, sah sich aber immer mal wieder mit einem fragenden Augenausdruck nach Yuna um. Sie musste lächeln.
„Alter Schlawiner“, sagte sie amüsiert zu
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