Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser
Schichten darüber gelegt hatte. Ihr Mund war eine klaffende, verschmierte Wunde, und ihre Augenwimpern waren schwarz und mit Tusche verklebt. Jeder Schritt, mit dem sie die mit einem Läufer belegte Treppe herunterkam, erschütterte ihren ganzen Leib.
Sylvia quietschte auf und schlug die Hand vor den Mund. »Um Himmels willen!« sagte sie gedämpft. »Was ist denn das?«
Mrs. Standish stand auf, und dasselbe tat ihr Mann. Colton und seine Frau waren zu überrascht, um etwas anderes zu tun, als die Erscheinung anzustarren und darauf zu warten, dass Kerwin sie aufklärte.
Angela hatte beinahe den Fuß der Treppe erreicht, als er endlich etwas unternahm. Er sprang auf und sagte: »Beruhigen Sie sich. Das ist nur meine Köchin – Angela, meine Köchin.«
Dann ging er mit schnellen Schritten in die Diele. »Angela!« sagte er.
Schmollend blickte sie ihn an und wich vor dem Zorn auf seinem Gesicht zurück. Wütend ballte er seine Hände, erinnerte sich jedoch rechtzeitig, dass er nicht allein war. Deshalb glättete er seine Züge, so dass sie einen würdigen, ruhigen Ausdruck annahmen, und sagte: »Angela, ich habe Ihnen doch befohlen, in der Küche zu bleiben, wenn ich Gäste habe. Ich möchte nicht, dass Sie ständig durch das Haus rennen.«
»Aber...«
»Das ist mir egal! Ich wünsche, dass Sie wieder in die Küche gehen und dort auf Ihren Freund warten. Haben Sie mich verstanden?«
Sie nickte einfältig und merkte, dass sie einen Fehler begangen hatte. Er zwang sich, eine Hand auf ihren fleischigen Arm zu legen und sie in Richtung Küche zu steuern. Als sie sich noch einmal umwandte, um zu protestieren, kniff er sie schmerzhaft in den Arm und schob sie durch die Pendeltür.
»Du bleibst jetzt hier!« sagte er. »Verstanden?«
»Ja«, flüsterte sie. »Es tut mir leid. Ich dachte nur...«
Er machte auf dem Absatz kehrt und ging wieder in den Wohnraum, wo er seine Gäste einfältig angrinste. »Die Geschichte tut mir leid«, sagte er. »Sie hat heute Ausgang; aber ich glaube fast, dass ihr Freund sie versetzt hat.«
»Mein Gott, habe ich mich erschrocken«, sagte Mrs. Standish und presste ihre Hand auf den Busen. »Wie können Sie es nur ertragen, so etwas um sich zu haben, Mr. Drake?«
»Ach, Mutter«, sagte Sylvia. »Ich bin überzeugt, dass sie eine sehr gute Köchin ist.«
»Das stimmt tatsächlich«, sagte Kerwin, ergriff sein Glas und leerte es in einem Zug. »Sie kocht wirklich ausgezeichnet. An ihren Anblick gewöhnt man sich, wenn man einmal probiert hat, wie sie kocht. Ich habe sie schon seit Jahren.«
»Aha«, knurrte der Verleger. »Sie sind wirklich ein Glückspilz, Kerwin. Tilda gelingt es genausowenig, eine gute Köchin zu behalten, wie es mir gelingt, meine Autoren von Hollywood fernzuhalten.«
»Es ist wirklich ein schreckliches Problem«, sagte Mrs. Standish. »Sie haben keine Ahnung, wie schwierig Dienstboten heutzutage sind.«
»Ich glaube«, sagte Sylvia, »Mutter hat im letzten Jahr sieben Köchinnen gehabt, und jede war schlechter als die vorige. Wenn man mich fragen würde – das ist wahrscheinlich der Grund, dass Mr. Drake so gut aussieht.«
Kerwin wurde rot. »Ich habe nie viel darüber nachgedacht. Ich meine, da ich sowieso nur selten zu Hause esse.«
»Welch eine Verschwendung«, seufzte Mrs. Standish.
»Wir haben in letzter Zeit auch sehr viel auswärts gegessen«, sagte ihr Mann verstimmt. »Unsere neue Köchin hat nämlich eine Vorliebe dafür, mit Wein zu kochen. Allerdings verwendet sie den Wein nicht für die Gerichte.«
Alle lachten, und die Atmosphäre war wieder entspannt.
Eine halbe Stunde später ging Kerwin mit Standish und Colton in das Billardzimmer, während die Frauen zurückblieben und sich den neuesten Klatsch erzählen konnten. Mit Colton spielte er eine kurze Partie, während Standish seine Sammlung koptischer Wandteppiche bewunderte. Als das Spiel beendet war, setzten die drei sich in die Ledersessel und sprachen über das neue Buch, das Kerwin gerade begonnen hatte. Sowohl Verleger als Lektor waren von seinen Ideen angetan; als sie zu den Damen zurückehrten, war Kerwin wieder einmal ein glücklicher Mensch.
Um halb eins, nachdem man sich an der Haustür verabschiedet hatte, marschierte er in die Küche. Angela saß am Tisch, zusammengesunken neben einer Tasse kalten Tees. Betrübt blickte sie auf.
»Ach, Mervin«, sagte sie.
»Lass das jetzt«, erwiderte er knapp. »Ich möchte, dass du nach oben gehst und deinen Koffer packst. Hier kannst du
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