Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser
leise vor sich hin, und Roman ergriff die Hutschachtel.
»Vielleicht könnte es nichts schaden«, sagte er beiläufig, »sich mit Professor Jarvis zu unterhalten. Nur ein paar Minuten...«
»Können wir mitkommen?«
»Ihr könnt draußen auf mich warten«, sagte Roman. »Aber passt auf, dass die Phantasie nicht mit euch durchgeht; irgendwelche Tatsachen kennen wir nämlich bisher nicht. Verstanden?«
»Klar«, sagte Perry Hatch mit einem kleinen triumphierenden Grinsen in Dinos Richtung.
Der Lieutenant fuhr mit ihnen zum Haus des Professors; aber als er aus dem Wagen stieg, die Hutschachtel in der Hand, befahl er Perry und Dino, ruhig hinten im Wagen sitzen zu bleiben.
»Ihr wartet hier«, sagte er nachdrücklich, »und haltet möglichst den Schnabel. Sollte ich euch aus irgendeinem Grunde brauchen, werde ich euch rufen.«
»Yes, Sir«, sagte Perry folgsam.
Aber diese Folgsamkeit war nur gespielt; kaum war Roman in das Haus eingelassen worden, stieg Perry aus dem Wagen und forderte Dino mit einer Kopfbewegung auf, ihm zu folgen. Als sein Freund protestierte, flüsterte er: »Im Wagen warte ich nicht. Ich will hören, was passiert.«
»Du kriegst bestimmt Ärger«, sagte Dino.
»Wer ist denn jetzt feige?« erwiderte Perry grinsend.
Auf Zehenspitzen schlich er zum Fenster an der Vorderseite; unmittelbar davor befand sich eine niedrige dichte Hecke, die jedoch genügte, um sich zu verstecken. Auf allen vieren kroch er durch die Zweige und achtete nicht auf die stechenden Dornen. Als er schließlich aus dem Arbeitszimmer Laute hörte, waren sie zu leise, um sie genau zu verstehen. Dann mussten die Personen, die sich im Zimmer befanden, sich jedoch bewegt haben, denn plötzlich hörte er deutlich die heisere, quängelnde Stimme von Professor Jarvis.
»Das verstehe ich nicht, Lieutenant«, sagte er. »Weshalb dieses plötzliche Interesse an meiner Frau?«
»Reine Neugierde«, sagte Roman. »Sehen Sie – es passiert nicht jeden Tag, dass jemand einen nagelneuen Hut wegwirft.« Er lachte leichthin. »Übrigens ein hübscher Hut. Sie sollten einmal sehen, mit welchen Ungetümen meine Frau nach Hause kommt.«
Darauf folgte eine Pause. Schließlich sagte Jarvis: »Hätten Sie etwas dagegen, mir zu erklären, wie Sie zu diesem Hut gekommen sind, Lieutenant?«
»Im Augenblick, Professor, möchte ich es noch nicht sagen.«
»Diesen Hut habe ich erst vor einer knappen Stunde weggeworfen. Seit wann untersucht die Polizei auch Mülleimer?«
»Sie brauchen mir nur zu sagen, warum Sie ihn weggeworfen haben. Mochte Ihre Frau ihn nicht mehr? Wie ich vorhin bereits sagte, sieht er nagelneu aus.«
»Er ist auch neu. Aber ich möchte ihn nicht mehr in meiner Umgebung haben.«
»Wird denn Ihre Frau damit einverstanden sein?«
Es knarrte, als der Professor sich in den Holzsessel hinter seinem Schreibtisch niederließ.
»Langsam entdecke ich in dem allem eine seltsame Folgerung. Lieutenant. Wollen Sie mir etwa irgendetwas – irgendetwas vorwerfen?«
»Nein, ich versuche lediglich, einige Tatsachen herauszufinden. Beispielsweise ist Ihre Frau, soweit ich orientiert bin, zu ihrer Schwester gefahren. Nach Peggotville, glaube ich. Stimmt das?«
Diese Pause war länger.
»Nein«, sagte Jarvis schlicht. »Genaugenommen ist an dieser Geschichte nichts Wahres.«
»Aber Sie haben doch überall erzählt, dass Ihre Frau zu ihrer Schwester gefahren sei?«
»Ja, das stimmt. Das war einfacher als die Wahrheit.«
»Und was ist nun die Wahrheit, Professor?«
Jarvis seufzte.
»Wahrscheinlich sollte ich es Ihnen erzählen«, sagte er. »Sicherlich gibt es bei der Polizei auch eine Art von beruflichem Ethos, das mein Vertrauen respektiert. Wahrheit ist, Lieutenant, dass meine Frau und ich uns oft und manches
mal heftig gestritten haben. Das letzte Mal vor etwa zwei Monaten, und danach – nun ja, sie hat mich verlassen. Ich habe keine Ahnung, wo sie hingefahren ist, und offen gestanden ist es mir auch egal. Das ist alles.«
»Und seitdem haben Sie von ihr nicht das geringste gehört? Ich verstehe.« Aber Romans Stimme klang leicht skeptisch. »Haben Sie niemanden, mit dem Sie Verbindung aufnehmen könnten – keine Verwandten oder Freunde?«
»Die einzige Verwandte von ihr, die noch lebt, ist ihre Schwester, und mit ihr stand sie nicht gerade gut. Und Freunde...« Verächtlich schnaubte er durch die Nase. »Margaret konnte andere Menschen nicht leiden.«
»Dann haben Sie also keinerlei Beweise dafür, dass Sie von Ihrer Frau
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