Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser
derselben Art.«
Den ganzen Samstagvormittag verbrachte der Anwalt mit der Suche nach Messern, die der Waffe glichen. Deutlich hatte er das Bild dieses Messers vor Augen; er erinnerte sich jeder Schlangenlinie auf dem Griff, erinnerte sich sogar der Buchstaben, die sich auf dem Ansatz der Klinge befanden: B.L.CO.U.S.A.
Schließlich entdeckte er in einem schmutzigen Laden, vier Querstraßen vom Schauplatz des Mordes entfernt, eines dieser Messer. Der Inhaber hatte noch genau fünf vorrätig; Vernon kaufte alle.
Nachmittags musste er zwei Stunden warten, bis er Hagerty sprechen konnte. Als der weißhaarige Doktor im Laboratorium zu ihm kam, entschuldigte er sich nicht einmal.
»Ich habe die Lösung fertig«, sagte er knapp. »Sind Sie ganz sicher, dass es sich um dasselbe Fabrikat handelt?«
»Ganz sicher.«
Hagerty zog die große Klinge aus der Scheide. Dann holte er aus einem Schrank eine Flasche mit Blut und tauchte die Klinge hinein. Vernon wurde übel, und er musste schlucken, als Hagerty die Klinge mit einem weichen Tuch abwischte und das Messer mit einem Bleistift kennzeichnete. »Irgendeine Spur?« sagte er und hielt es Vernon hin.
»Zu sehen ist nichts.«
Hagerty brachte dann alle fünf Messer zu einem Becher, der mit einer trüben Flüssigkeit gefüllt war. Vernon half ihm, die Klingen aus den Scheiden zu ziehen, und dann war alles für die Vorführung bereit.
»Mischen Sie sie gut durcheinander«, sagte Hagerty. »Es ist das reinste Kunststück: Sie mischen die Karten, und ich finde das As heraus.«
Immer wieder warf Vernon die Messer durcheinander. Dann tauchte Hagerty sie, eines nach dem anderen, in die Lösung.
Bei dem dritten Messer färbte sie sich rosa. Es war das Messer, das gekennzeichnet worden war.
»Es klappt«, sagte Vernon keuchend. »Es klappt wirklich.«
»Das Metall ist porös. Auch wenn die Blutspuren bereits mehrere Jahre alt wären, würde dieser Versuch sie deutlich nachweisen.«
»Vielen Dank«, sagte Vernon bescheiden. »Sie haben mir das Leben gerettet, Doc.«
»Wieso denn Ihr Leben?« erwiderte Hagerty trocken.
Als Vernon die Zelle Benjys betrat, las der Junge mit gespannter Konzentration ein Groschenheft. Er wirkte entrückt, desinteressiert. Vernon begriff es; diese Verzückung hatte er schon früher bei Verurteilten beobachtet.
»Hör zu«, sagte er barsch. »Hör genau zu. Ich bin auf eine Idee gekommen, die dich vielleicht retten wird, aber vorher muss ich die Wahrheit wissen.«
»Ich habe Ihnen schon alles erzählt...«
»Es handelt sich um einen Versuch«, sagte der Anwalt. »Um einen Versuch, durch den man bestimmen kann, ob die Klinge deines Messers jemals mit Blut in Berührung gekommen ist oder nicht.«
»Und ?«
»Montag will ich dem Gericht vorschlagen, diesen Versuch durchzuführen. Verläuft er negativ, wissen die Geschworenen, dass du Kenny Tarcher nicht umgebracht hast.«
»Ich verstehe von dem Zeug kein Wort...«
»Ich verlange auch nicht, dass du es verstehst«, sagte Vernon gespannt. »Wenn du den anderen erstochen hast, wird eine Flüssigkeit sich rosa färben, und dann kannst du dich von der Freiheit endgültig verabschieden. Wichtiger ist allerdings, ob du jemals irgendeinen Menschen, auch dich selbst, mit diesem Messer verletzt hast, denn auch dann wird die Flüssigkeit sich verfärben. Deshalb möchte ich es heute genau von dir wissen. Ist die Klinge deines Messers jemals mit Blut in Berührung gekommen?«
»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich es nicht getan habe!«
»Du Idiot!« brüllte Vernon. »Kapierst du meine Frage nicht? Ist dieses Messer irgendwann einmal mit Blut in Berührung gekommen?«
»Nein! Es war nagelneu. Ich habe nie jemanden damit verletzt.«
»Weißt du das genau? Ganz genau?«
»Das habe ich Ihnen doch schon gesagt, oder?«
»H,ier geht es um wissenschaftliche Dinge, mein Junge. Glaube nicht, dass du ein Reagenzglas betrügen kannst!«
»Ich habe gesagt, dass es sauber ist!«
Vernon Wedge seufzte und stand auf.
»Okay, Benjy. Wir werden sehen, wie sauber es ist. Wir werden es baden. Und Gott sei dir gnädig, wenn du mich angelogen hast.«
Am Montag erhob Wickers sich, um das Schlussplädoyer zu halten. Sein Gesicht war sanft, ein Bild der Zuversicht. Vernon betrachtete die ausdruckslosen Gesichter der Geschworenen und wartete darauf, dass sie einer gefühlvollen Bearbeitung unterzogen würden. Und er war entschlossen, dann sofort einzugreifen.
Er erhob sich und wandte sich an Judge Dwight. »Euer
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