Ein Clochard mit schlechten Karten
Beispiel in der Rue de la Saïda ?“
„In der Rue de la Saïda und anderswo.“
„Jedenfalls etwas
außergewöhnlich, wie Sie schon sagten. Nicht jeder benutzt es.“
„Das ist ja das Beschissene“,
murmelte ich.
Sie stampfte mit dem Absatz auf
den Autoboden, mit einem der beiden wohlbekannten Absätze.
„Schluß jetzt mit dem Quatsch“,
sagte sie. „Wollen Sie mir nicht endlich sagen, was Sie von mir wollen?“
„Später, bei mir...“
Ich startete den Wagen.
„Bei mir... Keine falschen
Schlüsse! ... Ich meine, in meinem Büro, nicht in meinem Schlafzimmer.
Obwohl... In meinem Büro steht ein Sofa, aber wir werden es nicht benutzen. Es
sei denn... Vielleicht würde Ihnen das sogar gefallen, hm?“
„Haben Sie sich vorgenommen, so
widerlich wie möglich zu sein?“
„Weiß ich nicht. Vielleicht ist
es der Kuß.“
„Welcher Kuß?“
„Der von gestern
nacht . Haben Sie ihn schon vergessen? Würde mich wundern…“
„Nein, ich hab ihn nicht
vergessen. Aber nicht, weil ich mich wie ‘ne dumme Gans benommen habe...“
„Dumme Gans ist nicht der
richtige Ausdruck. War ‘n bißchen zu flott, finden Sie nicht auch?“
„Zu flott? Wie meinen Sie das?“
„Ich meine, daß Sie mir an den
Kragen wollten.“
„Zerbrechen Sie sich da nicht
unnötig den Kopf?“
„Nein, das besorgen schon
andere für mich. Hier, fühlen Sie meinen Hinterkopf.“
„Aber, hören Sie mal...“
„Fühlen Sie, hab ich gesagt!“
Sie fühlte.
„Also wirklich“, rief sie. „Was
ist das für ‘ne Beule?“
Ich sah sie lange an. Dann
sagte ich:
„Bestimmt kein
Intelligenzbeweis. Oder Sie sind das gemeinste kleine Miststück, das ich jemals
kennengelernt habe.“
„Wie bitte? Was erlauben Sie
sich...? Halten Sie sofort an! Ich will aussteigen.“
„Nur keine Panik. Werd’s Ihnen erklären.“
„Wird auch höchste Zeit. Ich
muß Ihnen nämlich gestehen...“
„Genau das wollte ich von
Ihnen: Geständnisse. Aber ich muß Ihnen auch was gestehen: Ich glaube, ich bin
auf dem Holzweg.“
„Das glaub ich nicht nur, da
bin ich ganz sicher“, sagte sie, als wir in meinem Büro saßen. „Geständnisse?
Was für Geständnisse? Ich hab Ihnen doch schon gesagt, daß zwischen M’sieur Demessy und mir nie was
gewesen ist. Eine nette Freundschaft, mehr nicht. Wenn wir uns begegneten,
haben wir gerne ‘n paar Worte gewechselt. Einmal hat er mir sogar was
geschenkt. Ja und? Scheint so, daß er seine Frau verlassen hat, daß er abgehaun ist. Was kann ich dafür? Ich weiß nichts. Sie sind
doch der Detektiv! Also werden Sie ihn vielleicht auch finden. Ist doch
schließlich Ihr Job, Leute wiederzufinden. Und wenn Sie ihn wiedergefunden
haben, können Sie ihn ja fragen.“
„Sie werden lachen, ich hab ihn
schon wiedergefunden“, sagte ich.
Sie lachte nicht, aber
überrascht schien sie auch nicht zu sein. Schließlich ist das ja mein Job,
oder?
„Ja, verdammt nochmal! Warum
dann diese Geheimnistuerei? Hoffentlich haben Sie ihm gesagt...“
„Gar nichts hab ich ihm
gesagt.“
„Ach, Sie haben’s nicht gewagt?
Lieber gehen Sie mir mit Ihrem Gequatsche auf den Wecker, von dem ich kein Wort
versteh, anstatt...“
„Ich hätte mir den Mund fusslig reden können, er hätte mich nicht gehört.“
Das Mädchen saß in einem
Sessel, ich stand davor.
„Er war tot“, sagte ich.
„Was?“
Sie fuhr hoch. Ihre
Überraschung war nicht gespielt. „Was?“ wiederholte sie. „Tot?“
„Ermordet, um genau zu sein.“
„ Ermor ...“
Ich hatte das Gefühl, sie würde
jeden Moment aus den Latschen kippen. Ich faßte sie an den Schultern und
schüttelte sie im Rhythmus meiner Worte:
„Ermordet, in einem eleganten
und teuren Prince- of -Wales-Anzug, maßgeschneidert, in
dem scheußlichsten Zimmer, das die beschissenste Absteige zu bieten hatte. Aber
anscheinend war’s noch das bei weitem beste dieses Etablissements. Möchte nicht
wissen, wie die andern Löcher aussehen. Demessy war
aber nicht alleine. Als ich kam, war ‘ne Frau bei ihm. Von der hab ich leider
nur einen Schatten gesehen. Aber fühlen konnte ich sie besser. Und riechen.
Fühlen am Hinterkopf, riechen mit der Nase. Von ihr hab ich nämlich die hübsche
Beule. Wahrscheinlich hat sie mit einem Pistolenkolben zugeschlagen...“
„Mein Gott!“
„Und ein Parfüm hatte sie an
sich! Paßte überhaupt nicht zu dem Saustall. Roch
ziemlich komisch in der Umgebung. Mir war aber gar nicht zum Lachen. Es war das
Parfüm Nr. 13.“
„Mein
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