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Ein Clochard mit schlechten Karten

Ein Clochard mit schlechten Karten

Titel: Ein Clochard mit schlechten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Malet
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heute. Er schenkt
Ihnen ein Parfüm und bringt Jo irgendwie damit in Verbindung. Das Parfüm wird
von der Frau benutzt, die ihn umbringt. Er wird an einem Ort umgebracht, wo hauptsächlich
Araber rumlaufen. Jo ist zur Hälfte Araberin. Und deswegen möchte ich nicht mit
dem Interview warten. Wenn Jo zu Hause ist und nicht öffnen will, dann hat sie
sich umsonst still verhalten. Und wenn sie nicht da ist, warten wir eben auf
sie.“ Joséphine war nicht zu Hause. Im Korridor stolperte ich über einen
Schirmständer. Wenn sie zu Hause gewesen wäre, hätte sie der Lärm anlocken
müssen, einen Schürhaken in der Hand. Ich machte Licht. Wir gingen in das
„Wartezimmer“ und von dort ins Schlafzimmer. Das Bett war leer. Vielleicht
nicht so akkurat wie von einem Butler mit Diplom gemacht, aber jedenfalls nicht
zerwühlt.
    „Dachte ich mir“, sagte ich.
„Sie ist ausgegangen. Wenn sie im Theater ist, wird sie hier gleich die nächste
Vorstellung erleben.“
    „Sie wird uns etwas dreist
finden“, bemerkte Jeanne mit sorgenvoller Miene.
    „Machen Sie sich darüber mal
keine Sorgen. Während ich Kaffee koche, können Sie sich ja das Sprechzimmer
ansehen, hm? Die Höhle der Pythia, ein Blick hinein lohnt sich und kostet nichts.
Treten Sie näher, meine Herrschaften...!“
    Ich stieß eine Tür auf und
drehte den Lichtschalter im „Sprechzimmer“. Das Deckenlicht beleuchtete das
Allerheiligste, den schwarzen Stoff mit den Tierkreiszeichen. Jeanne öffnete
ihren Mund. Das Loch nahm die Ausmaße eines Scheunentors an. Schnell legte ich
meine Hand darauf, um den zu erwartenden Schrei zu dämpfen. Joséphine wäre
davon zwar nicht wachgeworden, aber ich wollte die Nachtruhe der anderen Mieter
nicht gefährden. Sonst würden wir tatsächlich Ärger kriegen. Die Wahrsagerin
dagegen war mit einem Schlage allen Ärger los.
    Jeannes Kopf wackelte hin und
her. Ihre Gesichtsfarbe spielte ins Grünliche. Ihr Körper wurde weich und
schwer. Ich ließ die Ohnmächtige sanft auf den Boden gleiten. Regungslos blieb
sie liegen.
    Ich ging zu Joséphine. Sie lag
auf dem Rücken, neben dem Tisch, zwischen umgekippten Hockern, verstreuten
Papieren, Tarockkarten und den Splittern der Kristallkugel. Ihr Gesicht war
fast ganz von einem dicken, festen Knebel verdeckt. Ganz im Gegensatz zu ihrem
Körper. Halbnackt unter ihrem offenen Morgenmantel, der Büstenhalter zerrissen,
der Unterrock hochgeschoben, die Beine weit auseinander. Ein groteskes,
obszönes Bild. Sah aus wie ‘n Sexualverbrechen. Ich mußte an Demessy denken. Demessy , der
durch die Schwangerschaft seiner Freundin einen Schock erlitten hatte, der von
eben dieser Freundin anscheinend die Schnauze voll gehabt hatte; Demessy , dem — seinen Arbeitskollegen zufolge — der Gedanke
an Frauen zu schaffen machte, Demessy , der Jeanne ein
zweideutiges Foto geklaut hatte in eindeutiger Absicht. Aber erstens war Demessy bestimmt nicht der Täter, und zweitens mußte das
hier nicht unbedingt ein Triebverbrechen sein. Ich beugte mich über die Leiche,
versuchte, den Kopf in eine bestimmte Lage zu bringen. Möglicherweise war
Joséphine an dem Knebel erstickt. Aber vorher hatte sie sich noch einen
mörderischen Schlag auf den Hinterkopf eingefangen. Wie Demessy .
Nachdenklich betastete ich meine Beule. Mir lief ein Schauer über den Rücken.
Entweder verdankte ich mein Leben meinen tadellosen Reflexen, oder aber mein
Kopf war härter geworden, seitdem er als Zielscheibe diente.
    Ein Stöhnen ließ mich aus
meinen Gedanken auftauchen. Jeanne war zu sich gekommen. Ich mußte ihr
schnellstens wieder den Mund zuhalten , damit sie
nicht schrie. Das Mädchen zitterte wie Espenlaub, ein Nervenzusammenbruch stand
unmittelbar bevor. Ich schob sie in die Küche, wo ich ihren Kopf unter den
Wasserhahn hielt. Dann rieb ich sie trocken, als wollte ich ihr die Haut abreißen.
Sie ließ alles mit sich geschehen, die Augen vor Entsetzen weit geöffnet.
    „Los, haun wir ab“, sagte ich und stopfte den nassen Lappen voller Schminke in meine
Tasche.
    Ich mußte sie fast
hinaustragen. Als ich im Treppenhaus auf den Lichtschalter drücken wollte, ging
das Licht an. Leute kamen die Treppe herauf. Die Wohnungstür der ehemaligen
Wahrsagerin hatte ich hinter uns zugeschlagen. Dort hinein konnten wir uns
nicht flüchten. Blieb nur noch die fünfte Etage. Hoffentlich wohnten die
Heimkehrer nicht dort oben! Ich bewegte mich nicht. Jeanne sowieso nicht. In
der unteren Etage hörte ich erleichtert das Klappern

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