Ein Clochard mit schlechten Karten
meinen
Karten.“
„Ja. Nestor Burma,
Privatdetektiv. Lustig, nicht wahr?“
Noch viel lustiger, als er
dachte. Aber das sagte ich ihm nicht.
„Sie hielt die Karte in der
verkrampften Hand“, fügte er hinzu.
„Verdammt übel“, mußte ich
zugeben. „Dann bin ich also der Mörder?“
Florimond Faroux zuckte die Achseln und sagte: „Vielleicht wollte man uns das nahelegen.
Vielleicht ist das eine dieser ungeschickten Inszenierungen. Vielleicht auch
nicht. Vielleicht hat die Frau in ihrem Todeskampf auch nur das nächstbeste
Stück Papier genommen, das in Reichweite lag: Ihre Visitenkarte. Vielleicht ist
der Mörder ganz einfach ein kleiner Witzbold. Hat das Zimmer durch wühlt und
dabei Ihre Karte gefunden. Den Verdacht auf einen Privatflic lenken — oder ihn zumindest mit hineinziehen — , das
hielt er wohl für einen besonders gelungenen Scherz. Ein Beweis von Humor, wie
man so sagt. Noch nie ist so häufig über Humor gesprochen worden wie nach dem
Krieg.“
„Weil man nach dem Krieg ‘ne
gehörige Portion davon gebrauchen konnte, um die ganze Scheiße zu ertragen.
Vielleicht.“
„Vielleicht, ja. Aber wir
weichen vom Thema ab. Philosophieren können wir später noch. Jetzt hätte ich
gerne ein paar Erklärungen von Ihnen, mein lieber Burma.“
„Wofür denn? Etwa wie die Karte
hier gelandet ist?“
„Nein. Das wissen wir schon so
ungefähr. Kennen Sie Célina ?“
„Nein.“
„Die Putzfrau.“
„Ach! Haben Sie die
kontaktiert? ... Sieh an, noch so’n Nachkriegswort.“
„Sie kommt nicht jeden Morgen.
Aber heute war sie da. Sie hat das Verbrechen entdeckt und uns alarmiert.
Übrigens das einzige, wozu sie bereit war. Früher ist sie mal auf den Strich
gegangen. Daher ihre Vorurteile gegen Flics . Macht so
wenig wie möglich das Maul auf. Zum Beispiel bei dem Namen Nestor Burma. Der sei vorgestern hiergewesen ,
offenbar ein Freund von Madame Joséphine.“
„Stimmt genau.“
„Dann schießen Sie mal los.
Welcher Art waren Ihre Beziehungen zu der Kartenlegerin? Und warum waren Sie
vorgestern hier? Ich weiß zwar beim besten Willen nicht, wie uns das helfen
soll, aber ich muß Ihnen die Fragen stellen.“
„Um sie nach einem Freund zu
fragen“, antwortete ich brav, „der seine Frau verlassen hat. Demessy heißt er. Ich suche ihn.“
„Also haben Sie einen Fall?“
„Nicht direkt. Dieser Freund
ist ziemlich am Ende...“
Konnte man wohl sagen!
„...Und seine Frau auch. Ich
arbeite sozusagen auf Vertrauensbasis.“
„Warum?“
„Mir gefällt sein Verhalten
nicht.“
„Und die Wahrsagerin hier...“ Florimond Faroux zog die dichten
Augenbrauen noch dichter zusammen. „Erzählen Sie mir nicht, daß Sie sich von
ihr in die Karten gucken lassen wollten, hm?“
Ich lachte:
„Das nicht. Aber sie hatte noch
einen Nebenberuf. Jetzt können Sie ihr ja nichts mehr tun. Also gibt’s keinen
Grund, Ihnen was zu verheimlichen. Hin und wieder hat sie sich nämlich als
Spezial-Gynäkologin betätigt. Vor zwei Monaten hat sich Demessy an meiner breiten Schulter ausgeweint. Seine Frau war schwanger, und die
angespannte Finanzlage zwang ihn zu einschneidenden Maßnahmen. Ich hab ihn zu
Jo geschickt. Er war zwar hier, hat aber seinen ursprünglichen Plan aufgegeben.
Seine Frau ist jedenfalls immer noch schwanger. Stattdessen hat er sich aus dem
Staub gemacht. Und das finde ich nicht grade nobel. Seine Frau hat mich
angefleht, ihn wieder zurückzuholen. Und so hab ich mich eben in Trab gesetzt.
Obwohl ich jetzt schon weiß, daß mir das keinen müden Sou einbringen wird. Und
Sie wissen ja besser als ich, wie das ist, wenn man jemanden sucht, hm? Man
fragt hier und da, schaut links und rechts, bis man die heiße Spur hat. Aber,
verdammt noch mal! Wenn ich das gewußt hätte, wär ich nicht hier aufgekreuzt.
Oder ich hätte im Wartezimmer gewartet wie das Fußvolk, anstatt Joséphine meine
Karte geben zu lassen, damit ich sofort zu ihr vorgelassen wurde.“
„Ja, ja, schon gut“, sagte Faroux . „Es ist nun mal anders gelaufen. Sie sagten also,
daß dieser Demessy ...“
Offensichtlich zweifelte er
nicht an meinen Worten. Aber er war nicht umsonst Flic .
Ich mußte meine Geschichte noch einmal erzählen. Reine Routine. Nicht daß ich
mich verplappern sollte, nein! Aber man weiß ja nie...
„Gut“, sagte er nach meinem
Zweitbericht. Nachdenklich strich er sich den Schnurrbart glatt und wechselte
vielsagende Blicke mit seinen Kollegen. „Ich glaube nicht, daß Sie irgendwas
mit
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