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Ein Clochard mit schlechten Karten

Ein Clochard mit schlechten Karten

Titel: Ein Clochard mit schlechten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Malet
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dem Verbrechen zu tun haben, Sie und Ihr Demessy ...“
    Vielleicht würde der Kommissar
seine Meinung ändern, wenn er von dem Mord an Demessy hören würde. Zumal die beiden Verbrechen von Zwillingen begangen sein konnten.
Aber bis dahin... Plötzlich schoß mir die Frage durch den Kopf, wieso Demessys Leiche noch nicht entdeckt worden war.
    „Entschuldigen Sie, daß wir Sie
aus dem Bett geholt haben“, fuhr Faroux fort. „Aber
Ihre Visitenkarte in der Hand der Toten... Ich mußte Sie verhören, das
verstehen Sie doch, oder?“
    „Aber natürlich. Sagen Sie,
werden Sie der Presse von meiner Karte erzählen? Ich kann Publicity zwar immer
gut gebrauchen, aber so eine...“
    „Die Presse wird nichts davon
erfahren“, versicherte Faroux .
    „Vielen Dank.“
    „Oh, nicht weil wir uns um
Ihren guten Ruf sorgen“, sagte mein Freund lächelnd. „Und nicht nur Sie werden
aus den Schlagzeilen rausgehalten. Joséphine auch.“
    Er fügte hinzu, so als würde er
das Thema wechseln und zu weltlichen Dingen übergehen, was mir aber nicht der
Fall zu sein schien. „Ach, kennen Sie Inspektor Benhamidh ?
Hab ganz vergessen, ihn Ihnen vorzustellen.“
    Er zeigte auf einen Menschen in
einem gutgeschnittenen grauen Anzug unter einem offenen Dufflecoat. Der Kollege
stand still in einer Ecke und sah die Papiere aus dem Durcheinander des
Sprechzimmers der Zukunft durch. Als sein Name fiel, hob er den Kopf und kam
lächelnd auf uns zu. Er hatte feine Gesichtszüge und ein Gebiß wie ein junger
Wolf. Das genaue Gegenteil von einem alten Teppichhändler.
    „Inspektor Benhamidh gehört einer Sonderabteilung an“, fügte Faroux erklärend hinzu.
    Der exotische Flic gab mir die Hand.
    „Angenehm“, sagte er völlig
akzentfrei.
    „Nichts ist so aufschlußreich
wie ein gewaltsamer Tod“, philosophierte Faroux . „Das
läßt die Opfer in einem ganz unerwarteten Licht erscheinen. Daß die Wahrsagerin
auch Abtreibungen vorgenommen hat, wußten wir noch nicht. Aber die eindeutigen
Papiere hier im Zimmer haben uns schon verraten, daß sie als Briefkasten
gedient hat für bestimmte Organisationen. Algerische Rebellen, Fellaghas, F.L.N. & Co.“
    „Also war Joséphine sozusagen
eine Schweine-Ratten-Mischung.“
    „Genau.“
    Ich sah Benhamidh an, der sich wieder an seine Arbeit gemacht hatte.
    „Tja“, sagte ich zu Faroux , „möchte nur wissen, warum Sie dann einen armen Privatflic aus den schönsten Träumen reißen, nur weil sie
seine Visitenkarte bei der Toten finden! Wenn Sie doch schon wußten, in welcher
Kategorie Sie den oder die Täter zu suchen haben.“
    „Nordafrikaner meinen Sie?“
    „Ja. Abrechnung unter
politischen Gruppen und so.“
    „Ja, denkste !
Sie sollten den Politischen mehr Zutrauen , Burma. Die
hätten nämlich alle schriftlichen Hinweise verschwinden lassen. Und wir hätten
nie erfahren — jedenfalls nicht so bald! — , daß die
Frau als Briefkasten fungiert hat.“
    „Auch wieder wahr“, mußte ich
zugeben. „Worum geht’s dann, Ihrer Meinung nach?“
    „Um einen simplen Raubmord.
Vielleicht von einem ihrer Bekannten. Sie war halbnackt und...“
    „Oho!“
    „Nein. Nicht nur auf den ersten
Blick. Werden Sie nicht gleich so aufgeregt! Halbnackt und... blank war sie.
Diese Weiber verdienen sich dumm und dämlich. Und Steuern kennen die nicht.
Haben immer ‘ne Menge Geld im Haus. Das ist natürlich bekannt, zumindest
glauben das viele. Aber in der ganzen Wohnung hier finden Sie keine einzige
Kopeke. Nur ihr Schmuck liegt noch rum. Übrigens das meiste billige Imitation.“
    „Alles in allem“, lachte ich,
„hat der Mörder sich also ums Vaterland und die territoriale Verteidigung
verdient gemacht? Ohne ihn hätten sie nie von Joséphines politischen
Aktivitäten erfahren.“
    „Und wir werden davon auch
nichts an die Öffentlichkeit dringen lassen. Benhamidh wird hier eine Falle aufstellen. Wenn jemand Post bringt oder abholt, wird er
einkassiert. Sie können also sicher sein, daß nichts in den Zeitungen stehen
wird, weder über den Mord noch über Ihre Visitenkarte. Ich brauch Ihnen
hoffentlich nicht zu sagen, daß Sie ebenfalls die Schnauze halten sollen. Und
wenn Sie uns jetzt in Ruhe Weiterarbeiten lassen würden...“
    Er streckte mir eine Hand zum
Abschied hin. Ich ergriff sie dankbar. Dann nickte ich Benhamidh und den beiden anderen Flics höflich zu und machte
mich aus dem Staub, glücklich, so billig davongekommen zu sein.
     
    * * *
     
    Routis , der ehemalige

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