Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
sich an die Regeln des Systems halten, schneiden Sie gut ab. Sie und Ihre Familie profitieren von einem solchen Ergebnis. Wenn Sie bei der Inspektion allerdings schlecht abschneiden, dann demoralisiert und entmutigt Sie das, und Sie werden stets Angst vor der nächsten Kontrolle haben. Zusammenarbeit ist nicht möglich. Zwischen den verschiedenen Schulen und Colleges entsteht so ein Konkurrenzkampf, um die meisten Schüler anzuwerben und die besten Resultate vorzuweisen, denn dies bedeutet viel Geld.«
»Ich muss gestehen, dass es sich ansatzweise so verhält«, erwidere ich.
»Wenn Sie sich in einer solchen Situation befinden, dann ist das Schlimmste daran, dass Sie den Blick für den größeren Zusammenhang verloren haben. Wenn Sie einmal in meinem Alter sind, werden Sie erkennen, dass das Leben kurz ist. Ich hätte nie für möglich gehalten, einmal alt zu sein.«
»Sie sind doch nicht alt!«
»Früher, in den Siebzigerjahren, gab es einmal einen Lektor am Royal College of Art, der zeitweise im Park von Hampstead Heath in einem Erdloch gewohnt hat.« Am liebsten würde ich laut loslachen; ich wünschte, Chris würde das hier mitbekommen. »Wenn er zum College kam, war er der beste Lehrer, den man sich vorstellen konnte. Er besaß ein außergewöhnliches Talent.«
»Ich verstehe, was Sie meinen. Würden flächendeckende Videoüberwachungen in Schulen eingeführt, so wäre dies der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brächte.« Nachdem wir das schmiedeeiserne Segel passiert haben – Reedbys Wahrzeichen –, biegen wir schließlich in die Einfahrt von Marsh Cottage ein.
»Vielen Dank für die Einladung und die Gespräche«, bedanke ich mich.
»Vielen Dank, dass Sie mitgekommen sind. Ich gehe nicht gern allein zu solchen Veranstaltungen.«
Als ich den Weg hinaufgehe, wird mir klar, dass mich Hannelore anstatt des armen alten Peters als eine Art Begleitung mitgenommen hat. Was mir aber nichts ausmacht – es hat sich toll angefühlt, in die Welt hinauszugehen.
Kapitel 32
Vorstich – Der Vorstich ist der einfachste aller Stiche und kann sowohl für gerade als auch kurvige Linien benutzt werden sowie als Grundlage für Muster und Texturen. Das Garn formt eine gleichmäßig gestrichelte Linie.
Es ist fünf vor sieben, und heute gehe ich den zweiten Abend in Folge aus. Gestern Abend habe ich die Buchveröffentlichung gefeiert, heute trifft sich das Komitee des Mittsommermarktes. Jetzt bin ich also doch noch in Reedby aufgenommen worden! Unruhig laufe ich in der Küche auf und ab, denn von Adi ist weit und breit nichts zu sehen. Hat sein Rad vielleicht einen Platten? Warum besteht er darauf, jeden Tag zur Arbeit radeln zu müssen? Seine Antwort kenne ich schon in- und auswendig: Er spart Benzin, bleibt fit, ist an der frischen Luft und nimmt große Mengen Vitamin D in sich auf. Meine Antwort darauf lautet jedoch eher: Weder bereitest du das Abendessen zu und kümmerst dich um die Termine und Verabredungen der Mädchen, noch gehst du mit dem Hund Gassi oder machst die Wäsche, weil du entweder bei der Arbeit, mit dem Fahrrad unterwegs oder im Schrebergarten bist!
Das Telefon klingelt und Lilly nimmt den Hörer ab.
»Das war Daddy. Er ist bei Oma. Es ist was passiert.«
»Hat Daddy gesagt, was genau passiert ist? Hatte sie wieder einen ihrer Anfälle? Und wo ist Opa?«
»Keine Ahnung.«
»Tut mir leid, Lilly, ich wollte dich nicht verhören. Aber dann weiß ich nur eine Lösung: Ich werde euch beide mitnehmen müssen.«
»Cool!«, rufen die beiden. »Wir dürfen lange aufbleiben!«
Ich bringe es einfach nicht fertig, Charlotte hängenzulassen – nicht, nachdem sie dafür gesorgt hat, dass ich endlich in die Dorfgemeinschaft aufgenommen werde, und sie mir zudem ein halbes Vermögen dafür angeboten hat, ein Geschenk für Kurts und Heathers Hochzeitsjubiläum zu nähen. Wenn ich bloß noch mehr Kunden wie sie hätte, dann müsste ich nicht mehr im College unterrichten.
Ich packe ein paar von Daisys Büchern in eine Strandtasche, und schon eilen wir The Green hinunter. Mit meinem Strandtaschendesign bin ich hochzufrieden – aus alten Vorhängen mit Bildern von Segelbooten habe ich sechs geräumige Taschen nähen können.
Als wir am Buddhistenzentrum ankommen, verspüre ich wieder diesen sehr unbuddhistischen Neid angesichts des beeindruckenden georgianischen Landsitzes. Allein die Fenster dieses Hauses sind so groß wie unsere Haustür im Marsh Cottage.
»Kommt herein«, begrüßt uns Sanjay. »Wie
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