Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
meine alte Nachbarin, und ich miteinander ausgegangen sind und das West End unsicher gemacht haben. Mitten in einer Hitzewelle befanden wir uns auf dem Heimweg und saßen in der U-Bahn, als ihr Gesicht immer roter wurde. Erst da ist ihr klargeworden, dass sie die volle Dosis ihres Antihistaminikums genommen hatte, bevor wir uns eine Flasche Wein hinter die Binde gekippt hatten. Heute würde ich wahrscheinlich sofort den Notarzt rufen, doch in jener Nacht sind wir zur großen Belustigung der anderen Fahrgäste in schallendes Gelächter ausgebrochen.
»Wenn man nicht einmal mehr über die lustigen Aspekte eines Geschehens lachen kann, dann ist jede Hoffnung verloren. Aus dem Wohnzimmer haben sie alles mitgenommen, was mitzunehmen war, den Fernseher, den CD -Spieler und so weiter. Nur die Strickpuppen aus Mums Sammlung haben sie verschmäht.«
»Ach Adi, du bist schrecklich«, erwidere ich, kann mir aber ein Grinsen nicht verkneifen. »Aber wie hast du es geschafft, zu ihnen zu fahren und wieder heimzukommen? Bist du heute nicht mit dem Rad gefahren?«
»Ich habe mir ein Auto aus dem Firmenfuhrpark geliehen. Außerdem dachte ich, du würdest auch mal vorbeikommen. Du arbeitest doch nur halbtags. Ich dagegen kann mir im Büro nicht freinehmen.«
»Aber du sollst doch nur vier Tage pro Woche arbeiten. Wenn die Firma genügend Geld hat, um sich einen Fuhrpark zu leisten, warum können sie dich dann nicht für die Stunden bezahlen, die du tatsächlich dort arbeitest?«
»Ich arbeite fünf Tage die Woche und werde für vier bezahlt. Aber an den Tagen, an denen ich offiziell nicht im Büro bin, erlaubt man David und mir, ein paar neue Geschäftsideen zu entwickeln.«
»Okay«, erwidere ich, obwohl ich keinen Deut schlauer bin, was Adi und David da untereinander aushecken.
Ich verschwinde (mit der Handtasche und der Nachricht) im Badezimmer. Fast schon rechne ich mit einer erneut recht kryptischen Liste von Worten, die entfernt mit dem Begriff des Nähens zu tun haben, wie in der Hand voll SMS , von denen ich aber mittlerweile keine mehr bekomme. Wahrscheinlich hat er eine Antwort erwartet auf seine Kurzmitteilungen à la »Fingerlinge berühren sich, ein Stich, gefesselt, festgezurrt.« Vielleicht hätte ich tatsächlich darauf antworten sollen.
Als ich die Nachricht öffne, steht dort etwas, womit ich niemals gerechnet hätte.
Kapitel 33
Satinstich – Der Satinstich (auch Damaststich genannt) besteht aus Spannstichen, die dicht nebeneinanderliegen. Als einer der ältesten Stiche ist der Satinstich bei traditionellen Stickereien in beinahe allen Ländern zu finden, doch die traditionellen Sticker in China und Japan sind unübertroffen.
Als ich das Gemeindehaus betrete, schauen die Damen kurz von ihrer Stickarbeit auf, lächeln und winken mir zu, bevor sie sich wieder auf ihre Arbeit konzentrieren. Wie immer bin ich die Letzte, die kommt, und die Erste, die wieder geht. Im Vergleich zur Pünktlichkeit der anderen wirke ich immer wie das schwarze Schaf des Kurses. Dabei haben wir noch nicht einmal zehn Uhr. Wenn überhaupt, dann bin ich heute sogar ausgesprochen früh dran!
»Meine Damen«, erklärt Hannelore mit ihrer autoritären Pfadfinderstimme. »Ich habe allen, die zur Buchveröffentlichung nicht kommen konnten, ein signiertes Exemplar meines Buchs mitgebracht.« Verschwörerisch wandert ihr Blick zu René und mir.
»Und der attraktivste Mann der Welt war auch da«, schwärmt Joyce ganz aufgeregt. »Ihn zu sehen, war mein Highlight des Abends«, fährt sie mit dem gewohnt fehlenden Taktgefühl fort.
Ich beschließe, den anderen nicht zu erzählen, dass Chris mir eine Nachricht geschrieben und mich gebeten hat, mich zu erkundigen, ob eine der Damen Lust hätte auf ein Interview zum Thema, welche Rolle das Nähen in ihrem Leben spielt. Er hat dazu extra einen Raum in der Stadtbücherei in Norwich angemietet. Mir ist klar, dass ich eigentlich keinen Grund habe, enttäuscht zu sein, dass er nicht nur mit mir reden will – und doch trifft es mich. Ich muss aber dringend alle fragen, ob mir jemand bei der Vorbereitung des Marktes helfen will.
»Ähm, ich habe eine Frage an Sie alle. Bald findet hier der Mittsommermarkt statt, und ich wurde gebeten, in diesem Rahmen eine Kunst- und Handarbeitsausstellung zu organisieren. Ich würde mich freuen, wenn sich dabei alle mit einem Beitrag einbringen könnten.« Eisiges Schweigen. René, bitte sagen Sie etwas! Sie sind doch auch im Komitee, Ihre Mithilfe wird dringend
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