Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
diese Art und Weise ließen sich noch andere Farben hinzufügen, und du könntest das Muster wiederholen.«
»Ich will ja gerade grobe Konturen. Außerdem habe ich keine Zeit, mich mit einem kompletten Computerprogramm auseinanderzusetzen«, erwidere ich und widerspreche mir in meiner Funktion als Lehrerin selbst, da ich meine Schüler immer dazu anhalte, Farben auf dem PC-Bildschirm auszuschneiden, woanders einzusetzen und sie dann zu verändern. »Meine Entwürfe werden gerade deswegen so geschätzt, weil sie aussehen, als seien sie selbst gemacht«, erkläre ich Adi, obwohl ich nicht hundertprozentig davon überzeugt bin, dass überhaupt jemand meine Entwürfe schätzt. Tatsache ist eben, dass praktisch jeder ein Textildesigner werden könnte, der mit dem Computer umgehen kann und die Funktionen Scannen, Farben, Ausschneiden und Einsetzen beherrscht.
Den Entwurf hänge ich an meine Mail dran, sende sie ab und warte. Ich traue mich nicht einmal, mich vom Bildschirm zu entfernen. Herzlichen Glückwunsch, Laura, deine Entwürfe sind gerade noch rechtzeitig fertig geworden, gratuliere ich mir.
»Essen ist fertig«, ruft Adi.
»Ich komme gleich.« Ich beobachte, wie sich das grüne Feld mit der Absendebestätigung langsam füllt.
»Komm schon, Laura, bei den Temperaturen ist das Essen gleich kalt!«, ruft Adi.
»Daddy, Daddy, können wir Schlitten fahren gehen? Der Schnee reicht doch bestimmt dazu aus!«, fragt Lilly. Wir nehmen alle einen zweiten Nachschlag in geradezu rekordverdächtiger Zeit. Das heißt Adi, Daisy und ich; Lilly schiebt immer noch ihre Fusilis und rote Pfefferkörner auf ihrem Teller herum.
»Komm schon, Lilly, ein paar Gäbelchen noch, dann lassen wir Mum mal in Ruhe arbeiten«, versucht Adi, sie zum Essen zu ermuntern.
»Viel Spaß!«, rufe ich ihnen hinterher, als sie schließlich mit dem Schlitten davonziehen und dabei aussehen, als würden sie zu einer Polarexpedition aufbrechen. Adi sehnt sich womöglich mehr danach, an die frische Luft zu kommen, als die Mädchen. Endlich Ruhe und Stille im Haus! Ich trinke einen Schluck Tee aus meinem roten Becher mit den weißen Punkten. Gepunktete Dinge versprühen meiner Meinung nach eine große Fröhlichkeit. Es kann einem einfach gar nicht schlecht gehen, wenn man Tee aus einem gepunkteten Becher trinkt, oder? Vielleicht sollte ich mehr gepunktete Drucke entwerfen? Bei all den Horror- und Schreckensnachrichten im Fernsehen würde das sicherlich viele Leute aufheitern. Nur einen Haken hat die Sache: Was Druckentwürfe anbelangt, gibt es so etwas wie einen freien Willen leider nicht. Ich arbeite immer ein oder zwei Jahre im Voraus und habe dabei eine strikte Farbauswahl und feste Themen, die mir vorgegeben werden. Vor zwei Jahren hätte eben niemand vorausahnen können, dass die Leute heute mit sehr wenig Geld auskommen müssen und eine Aufmunterung dringend vertragen könnten.
Schon bin ich abgelenkt und stelle mir vor, wie die Küche ganz in Weiß aussehen würde – also nicht in diesem sterilen Krankenhausweiß, sondern in einem gemütlichen Weißton – statt diesem dunklen Schokoladenbraun. Das ist eine Farbe, die ich niemals für eine Küche gewählt hätte, nicht einmal in meinen wildesten Augenblicken. Ich habe eine Dose mit weißer Dispersionsfarbe im Wintergarten – welche Frau, die etwas auf sich hält, hat so was nicht auf Lager? (Die Farbe bildet einen tollen Untergrund für meine Druckentwürfe.) Sofort verspüre ich die unbändige Lust, die Küche umzustreichen. Ich könnte das Ganze anschließend noch mit ein paar meiner Entwürfe ergänzen und abrunden. Die perfekte Küche im Landhausstil – ich habe sie genau vor Augen. Fast würde ich diese sogar meiner alten maßgeschneiderten Granit- und Keramikbecken-Küche aus London vorziehen.
Ehe ich mich versehe, stehe ich auf dem Küchenstuhl, während Once in a Lifetime von den Talking Heads aus dem mittlerweile mit Spritzern übersäten CD -Spieler dröhnt. Ich trage eine zweite Farbschicht auf – Schokoladenbraun scheint die schlimmste Farbe der Welt zu sein, was das Überstreichen anbelangt!
Während mein einer Fuß auf dem Holzstuhl bleibt, stehe ich mit dem anderen nun in der nassen Spüle. Ich entdecke einen letzten Streifen, wo noch braune Farbe unter der weißen hervorschimmert. »Dich krieg ich noch! Gleich erstrahlst du voll und ganz in hübscher, weißer Farbe!«, rede ich auf die Wand ein. Ich recke mich, um die Ecke über dem Küchenschrank zu erreichen, und merke,
Weitere Kostenlose Bücher