Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
und Kuchen gefüllt und sie Dad frisch ins Büro gebracht. Kein Wunder, dass ich mit zwölf Jahren zur Vegetarierin geworden bin!
»Laura, was haben wir heute noch auf dem Plan?« Jim steckt den Kopf zur Tür des Lehrerzimmers hinein. Eigentlich hättest du nur einen Blick auf deinen Unterrichtsplan werfen müssen, denke ich insgeheim. »Wir werden mit der Siebdrucktechnik arbeiten«, lautet stattdessen meine spontane Antwort. »Könntest du schon einmal die Siebdruckrahmen aus den Schränken holen? Und auch die Tinte und die Spachtel?«
»Yes, Ma’am«, erwidert Jim und salutiert zum Spaß.
Sue wirft mir einen besorgten Blick zu.
»Ich lasse die Schüler gerade Muster malen, die wir dann auf Papier und Stoffe übertragen wollen«, erkläre ich aufgeregt.
»Willst du das wirklich machen? Ich würde so etwas nicht tun, das endet garantiert im Chaos. Da weiß man vorher nie, was so alles passieren kann, denn du wirst die Schüler dabei nicht alle im Blick behalten können. Und stell dir bloß mal vor, Curtis platzt in eine solche Situation herein und macht eine Lehrprobe!«
»Dann kann er sich auch gerne mal am Siebdruck ausprobieren«, erwidere ich und klinge dabei viel gleichgültiger, als mir tatsächlich zumute ist.
Der Wachmann betritt das Lehrerzimmer. Das Auto hatte ich glatt schon wieder vergessen!
»Ich habe Sie schon überall gesucht. Den Wagen habe ich im hinteren Bereich des Parkplatzes abgestellt. Er ist allerdings gleich beim ersten Versuch angesprungen.« Der Wachmann zwinkert mir zu, als er mir den Autoschlüssel zurückgibt.
»Vielen Dank.«
»Gern geschehen«, erwidert er.
»Könnte ich Sie noch um einen weiteren Gefallen bitten?«
»Dann schießen Sie mal los.«
Kapitel 4
Margeritenstich – Beim Margeritenstich bildet jeder Stich ein Blütenblatt. Er kann einzeln, in der Reihe oder im Kreis angeordnet werden und ist eine Variation des Kettenstichs.
Mittlerweile ist es vier Uhr, und ich habe den besten Unterrichtstag seit Langem hinter mir. »Komm schon Amy, es wird Zeit, nachhause zu gehen!«, ermuntere ich meine Schülerin.
»Kann ich noch ein einziges Muster drucken?«
»Nächstes Mal. Wir haben die Siebdruckrahmen schon alle sauber gemacht«, erwidere ich und werfe einen Blick auf die Rahmen, die zu einem gefährlichen Stapel am Waschbecken aufgetürmt sind.
»Tschüss Laura«, verabschiedet sie sich mit einem breiten Lächeln, bevor sie durch die Studiotür verschwindet.
»Mir hat der Unterricht heute sehr gefallen«, erklärt Jim. »Das war wie früher. Es ist ein Zeichen für einen außerordentlich guten Unterricht, wenn sie nicht nachhause gehen wollen.«
»Oder wenn sie mit einem ehemals weißen T-Shirt nachhause gehen, das jetzt mit geometrischen Spiralen im Retrostil bedruckt ist«, lache ich und muss an Leon denken.
Ich betrachte die gelben und purpurroten Streifen in Jims Gesicht. Diese »Kriegsbemalung« ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass es auch ihm heute Spaß gemacht hat.
Auf den Arbeitstischen sind bunte Abdrücke der Siebdrucke im Retrostil des Stilllebens zurückgeblieben.
»Die Arbeiten sind wirklich gut geworden«, lobe ich. »Eigentlich könnten wir sie in den Fluren aufhängen.«
»Das würde immerhin ein wenig Farbe in den Schulalltag bringen. Oh, verdammt!«, ruft Jim plötzlich. »Wir sollten schon längst bei der Lehrerversammlung sein!«
Gemeinsam hasten wir in das große, warme Besprechungszimmer hinüber. Alle starren uns an. Schnell lassen wir uns neben Sue nieder, die uns die Anwesenheitsliste reicht.
»Ich habe keinen Stift dabei«, flüstere ich.
»Unterschreib doch einfach mit einem blutigen Abdruck«, wispert Jim zurück.
»Oder mit Siebdrucktinte«, kichere ich.
»Sie kommen gerade noch rechtzeitig, um nicht einen Verweis wegen Zuspätkommens zu erhalten«, erklärt Curtis, dessen pummelige Finger für seine PowerPoint-Präsentation über die Tastatur tippen. Ich erwidere seinen Blick und zucke mit den Schultern, als würde ich sagen: »Was kann ich denn dafür, dass ich mit Unterricht beschäftigt war?«, und lehne mich zurück.
Als ich am College angefangen habe, hatte ich gleich schon von Beginn an das Gefühl, dass er irgendwie nicht real wirkt. Ganz so, als sei er eine Puppe, die so tut, als sei sie Schulleiter. Ich finde ja immer noch, dass sein dicker, rundlicher Körper aussieht, als sei er mit Füllwolle ausgestopft, und auch das schnurgerade, graublonde Haar könnte glatt als Perücke durchgehen.
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