Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
beinahe laut heraus. Ich werde gleich nachhause gehen und es ausprobieren! Denn ich muss dringend etwas entwerfen, das Gill verkaufen kann. Diese ganze Designsache ist schon eine komische Angelegenheit, denn jedes Mal, wenn ich an etwas vollkommen anderes denke, was dem Anschein nach überhaupt keine Verbindung zu diesem Thema hat, fallen mir die besten Ideen ein.
»Du scheinst mit deinen Gedanken ja meilenweit entfernt zu sein«, ertönt plötzlich eine vertraute Stimme. »Wie schön, dich hier zu sehen.« Ich schaue auf und sehe Chris Taylor vor mir. Mir entgleiten sämtliche Gesichtszüge.
Ich hatte gehofft, ihm an einem meiner guten Tage zu begegnen: mit frisch gewaschenem Haar (anstatt meiner fettigen Mähne, die ich zu einem Zopf zusammengebunden habe), ein wenig Make-up (mittlerweile ist auch der letzte Rest Lippenstift, den ich heute Morgen aufgelegt habe, verschwunden) und, vor allem, ohne ein Pflaster quer über der Stirn. Keine Ahnung, warum ich ihn beeindrucken will. Oder warum ich ihm beweisen möchte, dass es die vergangenen Jahre gut mit mir gemeint haben. Vielleicht will ich Chris einfach nur deutlich zeigen, dass er mich nicht hätte sitzenlassen dürfen – dass nicht ich , sondern er derjenige ist, der eine Chance verpasst hat.
»Du bist Laura, Laura Lovegrove, nicht wahr?«
»Stimmt. Ich bin’s«, lächele ich.
»Du hast dich kaum verändert. Nein, du hast dich überhaupt nicht verändert. Das müssen … fünfzehn Jahre sein seit unserer Abschluss-Modenschau! Das dürfte das letzte Mal gewesen sein, dass ich dich gesehen habe.« Hinsichtlich meines Aussehens fühle ich mich sofort ein wenig besser. Sofern er damit nicht sagen will, dass ich damals schon so leicht chaotisch wie jetzt ausgesehen habe.
Bei genauerem Hinsehen wirkt Chris allerdings, als läge unser Studienabschluss bereits zwanzig, fünfundzwanzig Jahre zurück. Sein Gesicht sieht schlaff aus, verbraucht und irgendwie grau. Er scheint es mit dem Leben in Saus und Braus ziemlich übertrieben zu haben. Trotzdem wirkt er mit seinen stahlblauen Augen, die mich zu durchdringen scheinen, immer noch sehr attraktiv. Auf den zweiten Blick sieht seine Nase allerdings ein wenig rot und geschwollen aus. Ist seine Nase etwa so rot, weil er trinkt? Unweigerlich stelle ich mir diese Frage und fühle mich hinsichtlich meiner eigenen Unzulänglichkeiten gleich viel besser.
»Laura, ich muss gestehen, dass du die Letzte bist, die ich hier in den dunklen Tiefen Norfolks erwartet hätte.«
»Warum?«, erwidere ich ein wenig eingeschnappt und werfe den Kopf in den Nacken, um ihn besser sehen zu können. Mein Gesicht befindet sich auf seiner Schulterhöhe. »Hier ist es nicht dunkel. Und so einen weiten Himmel findet man sonst nirgendwo«, entgegne ich in dem Bedürfnis, meine neue Heimat verteidigen zu müssen. Dass man einen klaren Tag und trockenes Wetter benötigt, um den berühmten, weiten Himmel Norfolks zu erleben, behalte ich jedoch lieber für mich.
»Das war nur ein Witz. Aber seit wann bist du so ernst? Du hast doch wohl nicht die alte Laura Lovegrove vergessen, das Mädchen, das sich in den Vinotheken und Cafés der King’s Road einen hinter die Binde gekippt hat? Erinnerst du dich noch an ›My Old Dutch‹?«
»Das Pfannkuchenparadies«, lache ich und merke, wie ich mich innerlich allmählich entspanne. Vielleicht liegt es auch an der Stimmung des Buddhistenzentrums, die auf mich abfärbt.
»Ich bin nur einfach immer müde. Weißt du« (vielleicht kannst du das aber auch nicht wissen, denke ich), »Arbeit und Kinder unter einen Hut zu bekommen, ist nicht gerade leicht.« Ein Abend in einer Weinbar und dergleichen zu verbringen – das war eine andere Laura.
»Wen hast du geheiratet? Mikey? Oder Carlos, den Spanier? Der sah ziemlich gut aus!«
Ich schüttele den Kopf und kann mich kaum noch daran erinnern, wer dieser Carlos war.
»In beiderlei Hinsicht liegst du falsch. Ich habe Adi geheiratet, einen Freund von einem Freund von einem Freund …«, antworte ich und habe plötzlich das ungute Gefühl, meinen Mann unter Wert zu verkaufen. Ich verschweige Chris, dass wir uns bei einer Hauseinweihungsparty kennengelernt haben (bei der keiner von uns beiden eingeladen gewesen war) und es beinahe wie in diesen kitschigen Liebesromanen war, in denen der große, dunkle, attraktive Mann auftaucht und der Heldin sofort klar ist, dass sie Mr Right vor sich hat. Obwohl Adi ein wenig länger gebraucht hat, um zu kapieren, dass er mein Mr
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