Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
fürchterliche Snobs! Dennoch hat sich ein Teil von mir nicht geändert: Noch immer hasse ich die Angepasstheit der Hauptstraßen.
Ich versetze mich in meine Jugendzeit zurück. Wie wäre wohl mein Leben verlaufen, wenn ich mit Chris zusammengeblieben wäre? Würde er meine Kleiderstangen mit all den Vintagekleidern mögen? Hätten wir dann große, hübsche, blauäugige Kinder, die auf ihren Vater kämen anstatt auf mich? Würde ich anstatt in Reedby in einer Weltstadt wie Paris oder Rom leben? Schließlich erreichen Daisy und ich unsere Haustür; verwundert frage ich mich, wie wir es so schnell ins Marsh Cottage zurückgeschafft haben.
Mir fällt es immer noch schwer, das Haus als mein »Zuhause« zu bezeichnen. Unser altes Haus fühlte sich wirklich wie ein »Zuhause« an. Es war richtig und wie für uns gemacht. Ein Teil von mir will immer noch nicht ganz begreifen, dass ich dorthin nicht mehr zurückgehen kann, dass das Haus jetzt einem, wie wir fanden, recht sympathischen Pärchen gehört. Sie schienen sehr nett zu sein; die junge Frau war schwanger, und sie suchten verzweifelt nach einem Haus, in das sie einziehen konnten. Sie zeigten sich ziemlich beeindruckt vom Einzugsgebiet der Schule. Dann die Drohungen, vom Kauf zurückzutreten, sollten wir nicht einen besseren Preis anbieten. Dabei hatte das Pärchen zu Beginn so sympathisch gewirkt.
Ich höre, wie draußen vor dem Cottage ein Lieferwagen Halt macht. In London war immer so viel Verkehr auf unserer Straße, dass ich so etwas nie mitbekommen habe. In Reedby ist das jedoch anders. Hier wird man schon beim kleinsten Geräusch hellhörig. Jetzt läuft jemand über den Kiesweg, dann klopft es an der Tür. Daisy wird mit einem Jammern wach, das sich schnell zu einem lauten Geschrei entwickelt. Ich öffne die Tür.
»Eine Lieferung für Mr A. Stark«, erklärt der stämmige Mann im Overall. »Bitte einmal hier unterschreiben«, fährt er fort und reicht mir mit seinen Wurstfingern einen Kuli. Einen Augenblick lang bin ich abgelenkt und muss an Chris’ feine Hände denken, mit denen er Klavier gespielt hat.
Ich glaube nicht, dass wir etwas bestellt haben, aber vor diesem Fremden will ich mich nicht lächerlich machen.
»Stellen Sie es einfach neben der Tür ab«, erwidere ich und frage mich, was es wohl sein könnte.
»Das kann ich leider nicht, Ma’am. Meine Versicherung lässt nur zu, dass ich es aus dem Lkw auslade. Von dort aus müssen Sie es dann annehmen. Ist so ’ne Gesundheits- und Sicherheitssache, verstehen Sie?« Ich verstehe es zwar nicht, folge ihm aber dennoch zur Tür des Lieferwagens, wo ich ein glänzendes, blaues Fahrrad in Empfang nehme.
»Vergessen Sie den Lieferschein nicht«, rät der Mann. »Ohne den können Sie es nicht umtauschen.«
Eigentlich könnte ich Adi sehr viel über den heutigen Tag berichten. Ausnahmsweise einmal scheint er sich nicht darüber aufzuregen, dass Lilly mit ihrer Gabel nur in der Lasagne herumstochert. Jedenfalls zu Beginn.
»Vielleicht braucht sie einfach nur ein wenig Fleisch.«
Ich lasse mich dadurch jedoch nicht aus der Ruhe bringen. »Kein Problem. Du kaufst Fleisch, das du dann auch zubereiten kannst.« Adi ist zu aufgeregt und glücklich, um darauf zu reagieren. Schon komisch, wie viel Aufregung ein Fahrrad einem Menschen schon bereiten kann.
Beiläufig erwähne ich die Männer in ihren Zweiergrüppchen, vermeide es dabei jedoch sorgsam zu erwähnen, dass ich Chris gesehen habe. Adi hat so seine Meinung über frühere Liebhaber, und ich habe irgendwo noch eine Schachtel versteckt mit alten Fotos und Briefen.
Ich glaube, dass das Ausgehen und Zusammensein heute deutlich anders ist – und komme mir plötzlich richtig alt vor. Heutzutage schreibt niemand mehr Liebesbriefe, sondern nur noch SMS , bestenfalls eine E-Mail. Man hat auch keine Fotos mehr, vielleicht liegt irgendwo eine CD mit Fotodateien herum. Es gibt einfach nichts mehr, was dein Verflossener tatsächlich in Händen gehalten hat. Sind diese Zeiten definitiv vorbei?
»Vielleicht eine Schwulenkommune?«, scherzt Adi und reißt mich aus meinen Gedanken ins Hier und Jetzt zurück. Für den Bruchteil einer Sekunde will ich ihm glauben. Warum bin ich eigentlich immer so naiv? »Ach, keine Ahnung, wer sie sind. Ich bin tagsüber in der Arbeit und bekomme weder von Reedby noch von der Landschaft in Norfolk etwas mit. Stattdessen sitze ich den ganzen Tag lang vor einem Bildschirm.«
»Kannst du dich nicht vor deine komische Lampe
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