Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
vollkommen übermüdet fühle.
»Den Rest des Tages sollten Sie ein Auge auf Prada haben, falls noch mehr Glassplitter in ihrer Pfote stecken sollten«, rät mir Surferboy.
Ich nicke und frage mich, wie um alles in der Welt ich das bewerkstelligen soll. Zurück im Wartezimmer bleibe ich einen Augenblick am Zeitungstisch stehen, packe den Annika-Katalog und stopfe ihn durch die Stäbe hindurch in Pradas Transportkorb. Ich schleppe mich mit dem Korb gerade durch die große Doppeltür nach draußen, als eine Arzthelferin hinter mir hergelaufen kommt.
»Mrs Stark!«
Ich erstarre und drücke Daisys Hand. Ist es wirklich ein Verbrechen, einen Modekatalog mitgehen zu lassen? In meinen Ohren ist es immer schon ein schlechtes Zeichen, wenn ich »Mrs Stark« gerufen werde. Normalerweise nennen mich diese Telefonverkäufer so, die mir eine Isolierverglasung andrehen wollen. »Sie müssen die Rechnung noch bezahlen!« Wir gehen zur Empfangstheke hinüber, wo mir dann eine Rechnung über £185,00 überreicht wird. Ich kann’s nicht glauben. Da muss doch irgendetwas falsch gelaufen sein. Nicht mal der Besuch beim Zahnarzt kostet so viel! Nach einem kurzen Blick auf die Uhr beschließe ich jedoch, dass mir zum Herumstreiten keine Zeit bleibt, und gebe meine Kreditkarte ab. So viel also zu unserem Sparkurs. Ich gebe meine PIN -Nummer ein, während mir klar wird, dass die Hälfte meines Monatsgehalts gerade für den Tierarzt draufgeht.
»Vielleicht möchten Sie unsere Tierversicherung in Anspruch nehmen?«, fragt mich die Arzthelferin und reicht mir mit dem Beleg eine Broschüre. Kurz denke ich darüber nach, Prada im Tierheim abzugeben, obwohl ich das nie, niemals auch nur irgendwem gegenüber zugeben würde. Dann überlege ich, ob ich sie nachhause bringen soll, doch ich habe keine Zeit mehr, Daisy im Kinderhort abzusetzen, nach Reedby zurückzufahren und dann inmitten des Berufsverkehrs wieder zurück zur Arbeit zu fahren.
Als ich die Tür des mobilen Klassenzimmers öffne, erwarte ich schon, dass mir wie gewohnt eiskalte Luft entgegenschlägt. Doch zu meiner großen Überraschung werde ich von Wärme empfangen, denn überall im Klassenzimmer verteilt hängen neue Heizkörper an den Wänden. Pradas Transportkäfig setze ich in einer Ecke ab. Sofort schrillt in meinem Kopf eine Alarmglocke los: Arbeite niemals mit Kindern oder Tieren! Ich frage mich, ob ich den Käfig wohl besser mit ein paar Tüchern verdecken sollte. Vielleicht fällt Prada dann niemandem auf – sie könnte ganz einfach ein Stillleben werden. Oder ich füge sie zu meinem Unterrichtsplan für diese Stunde hinzu, um die Unterrichtsaktivitäten zu bereichern.
Ich tue es einfach und bedecke den schlafenden Hund mit einem bedruckten Vorhang aus den 1950ern. Als mein Blick auf die rosafarbenen Puddings in Form von Gugelhupfen auf dem Stoff fällt, muss ich lächeln. Diese Vorhänge haben in der Küche meiner ersten eigenen Wohnung gehangen, und bei jedem Umzug habe ich sie mitgenommen. Na ja, ich nehme an, ich habe sie beim ersten Mal wohl eher mitgehen lassen, da ich es nicht übers Herz gebracht habe, mich von ihnen zu trennen. Adi wollte sie im Cottage aber nirgends aufhängen. Seiner Meinung nach sind sie zu rosa und damit zu kitschig. Aber hey – was ist schon zu kitschig? Das Muster und die Farben sind eben verspielt, das ist alles. Deswegen befinden sich die Vorhänge nun im Stilllebenschrank – einem guten Freund von mir. Vielleicht sollte ich das einfach alles als ein gutes Vorzeichen betrachten, dass heute trotz der Geschehnisse des Morgens alles gut gehen wird. Ich krame im Stilllebenschrank herum und stoße auf ein kaputtes Milchkännchen, Teller mit Blümchenmuster und ein paar getrocknete Riesensonnenblumen. Das alles ergibt die perfekten Zutaten für ein Stillleben. Und wenn ich gefeuert werden sollte, könnte ich immer noch Schaufenster dekorieren, überlege ich.
Prada wimmert leise. Da ich mir nicht anders zu helfen weiß, hole ich die Schokolinsen hervor, mit denen ich eigentlich Curtis bestechen wollte, und verfüttere sie an Prada. Ich sehe Heather bildlich vor mir, wie sie den Kopf schüttelt und mich ermahnt. »Sie sollten niemals ein Tier bestechen. Der Hund muss lernen. Und wenn schon, dann sollten Sie ganz gewiss nicht Schokolinsen auswählen, die die Hundezähne faulen lassen.«
»Das ist mir egal. Heather wird davon nie etwas erfahren. Das bleibt unser kleines Geheimnis!«, flüstere ich Prada zu, die endlich wieder
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