Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
Transportkorb sowie die Adresse eines Tierarztes brauche. Lilly habe ich schon in der Schule abgesetzt, danach bin ich nach Norwich gefahren. Prada, Daisy und ich sitzen nun im Wartezimmer des Tierarztes. Nur sieht es hier einfach nicht nach Tierarzt aus. Ich sehe mich in dem Raum um, der mit seinen großen Fenstern (durch die viel Licht hereinfällt), dem Stuck an der Decke und dem schmiedeeisernen Kamin im georgianischen Zeitalter einmal ein Wohnzimmer gewesen sein muss. Das Haus befindet sich in unmittelbarer Nähe der Geschäfte und Cafés. Wenn es hier nicht so seltsam stinken würde, würde ich sofort einziehen.
»Prada, warum musstest du das ausgerechnet heute machen?« Sie antwortet mit einem Winseln.
»Mummy, mir ist schlecht«, erklärt Daisy.
»Du leidest mit Prada mit. Und du bist bestimmt nur müde«, erwidere ich und hoffe inständig, dass dies der Fall ist. »Soll ich den Tierarzt fragen, ob er sich dich mal ansieht?«, scherze ich. Daisy schmiegt sich an meinen Arm und findet Mummy definitiv nicht komisch.
»Hier stinkt’s!«, befindet Daisy und vergräbt ihr Gesicht tief in meinen Samtmantel. »Hier riecht es wie im Zoo in London.« Ich antworte nicht, aber vielleicht würde es in meiner Küche ebenfalls so riechen, wenn ich eine dieser Super-duper-Hausfrauen wäre, die jede Oberfläche mit Bleichmittel behandeln. Warum muss Adi eigentlich immer unterwegs sein, wenn man ihn einmal wirklich braucht? Warum sitze ich bloß hier mit einem Hund und einem Kleinkind? Diese Gedanken schießen mir durch den Kopf.
Um mich abzulenken, blättere ich durch einen nicht gerade aufregenden Stapel von Autozeitschriften und Tiermagazinen. Als ich schon denke, dass ich einen weiteren Artikel über Hundeflöhe oder die Kastrierung von Katern nicht mehr ertragen könnte, entdecke ich einen Modekatalog. Fasziniert blättere ich durch die schweren Seiten und bewundere die leuchtend bedruckten Kleider, Hemden und Teppiche. Selbst die Abtrockentücher sind wunderhübsch – und wahrscheinlich das Einzige, was ich mir von diesem Designer leisten könnte. Die Models sind in sehr exotischen Umgebungen abgelichtet: Entweder stehen sie lächelnd in bunten Strickpullovern neben verschneiten Skihütten oder in vom Wind aufgeblähten Kleidern vor nordindischen Palästen. Mir gefallen die mutigen Farbkombinationen. Eine Seite weiter entdecke ich Aquarellentwürfe und handschriftliche Notizen, die abgedruckt wurden. Die gesamte Kollektion stammt von einer Frau namens Annika, die die Design- und Modezarin Skandinaviens sein muss. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als Annika zu sein.
»Dein Mantel stinkt, Mummy«, erklärt Daisy und holt mich aus meinen Designerträumen zurück.
»Na, besten Dank auch«, erwidere ich und schnuppere am Ärmel meines Samtmantels. Mir ist klar, dass der Mantel beinahe fünfzig Jahre alt ist, aber zum ersten Mal stelle ich diesen feuchten, muffigen – leicht studentischen, wenn ich mich recht entsinne – Geruch des Cottages tatsächlich an meinen Kleidern fest.
Eine Arzthelferin ruft uns auf.
»Prada Stark.«
Meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sich. Der Hund ist mein drittes Kind.
»So, Miss Prada, was kann ich für dich tun?«, zwinkert der junge Tierarzt, der wie ein Surferboy aus einer australischen Seifenoper aussieht und auch so spricht.
»Ich glaube, es klemmt irgendetwas in ihrer Pfote«, erkläre ich.
»Ist das so ein modisches Hundekostüm?«, fragt er mich und deutet auf den Schal, den ich um Pradas Bein gewickelt habe. »Wir sehen hier alle möglichen Sachen.«
»Ich konnte leider keinen Verband finden.«
»Beim nächsten Mal sollten Sie einen helleren Schal benutzen. So kann ich kaum feststellen, wie viel Blut sie verloren hat«, erklärt er ernst. Ich lächele schwach, da ich unsicher bin, ob er einen Scherz macht oder nicht. Dann tut er das Unvorstellbare und steckt Prada ein Fieberthermometer in den Po. Daisy schreit auf, aber Prada lässt sich nicht beirren.
»Sie müssen sie jetzt bitte festhalten«, erklärt der Arzt und knotet sich das sonnengebleichte Haar mit einem Gummi zu einem Pferdeschwanz zusammen. Ich trete vor und halte Prada fest. Dann befestigt er eine Lupe über Pradas Bein und pult mit einer Pinzette einen Glassplitter aus ihrer Pfote heraus.
Plötzlich wird mir klar, wie nah ich neben Surferboy stehe, wie ich den Tierarzt mit seiner goldbraunen Haut nur noch nennen werde. Er sieht fantastisch und sehr gesund aus, während ich mich blass und
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