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Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)

Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)

Titel: Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Addison
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einschläft.
    Ich betrachte mein Spiegelbild in der Fensterscheibe. So kann ich unmöglich unterrichten! Ich sehe aus, als sei ich um Haaresbreite einem Kriegsgebiet entkommen oder hätte selbst aktiv an einem Kampf teilgenommen! Endlich habe ich das Pflaster von meiner Stirn entfernen können, nur um jetzt den Erste-Hilfe-Koffer zu durchsuchen und mir ein Pflaster über Pradas Kratzer zu kleben.
    Jetzt kommen die Schüler herein, und mir fällt auf, dass ich so sehr mit meinem Stillleben und dem Kratzer beschäftigt gewesen bin, dass ich die Ziele des heutigen Unterrichts nicht ans Whiteboard geschrieben habe. Schnell kritzele ich dort »Retro-Mode« hin. Darunter, in Klammern, »Ein Projekt über recycelte Mode und Stoffe«.
    Mit dem Rücken zur Tür überprüfe ich die Anwesenheitsliste. Ich rufe niemanden auf, sondern schaue mich nur schnell um und hake die Namen ab, da alle für dieses Vorgehen doch ein wenig zu alt sind. Alle Schüler sind anwesend.
    Da wird die Tür aufgerissen, und Stühlerücken ist zu hören, als Jim hereingeeilt kommt.
    »Schreckliches Verkehrschaos«, flüstert er mir zu. Sein Gesicht ist beinahe so rot wie seine Haarfarbe.
    Plötzlich verstummt das leise Geschnatter in der Klasse, und ich sehe, wie Curtis Lampard Jim ins mobile Studio gefolgt ist. Hinter Curtis folgt unsere interne Schulinspektorin, eine Dame im Anzug. Ihre sorgfältig manikürten Fingernägel und das makellose Kostüm erinnern mich an meine Schwiegermutter. Curtis zwängt sein ausladendes Hinterteil auf einen Schneiderstuhl, während es die Dame vorzieht, stehen zu bleiben. Ich frage mich, ob sie sich wohl Notizen zu meinen Verletzungen machen, denn wenn ich ein Schüler wäre, würde man dies sicherlich als ein verdächtiges Anzeichen werten.
    Ich komme mir wie eine Schauspielerin zu Beginn eines Theaterstücks vor. Mir schießt dabei der Gedanke durch den Kopf, dass arbeitslose Schauspieler bestimmt gute Lehrer abgeben würden – insbesondere dann, wenn »ein Inspektor kommt«. Sehr lustig.
    Lizzy Buck kichert los und zwirbelt an ihren Dreadlocks. Ich starre sie böse an und versuche, die Beherrschung nicht zu verlieren, während Curtis auf dem Stuhl herumrutscht und es doch nicht schafft, seine beiden breiten Pobacken gleichzeitig auf die Sitzfläche des schmalen Stuhls zu schieben. Er sieht aus, als seien seine Polyesterhosen von innen mit einer Kissenfüllung gepolstert.
    »Ich bin von Mrs Parker geeicht worden«, erklärt Curtis. Mir liegt auf der Zunge, »oh, das klingt sehr schmerzhaft, Curtis« zu antworten, doch stattdessen hole ich tief Luft und wandle mein Gelächter in ein theatralisches Hüsteln um.
    Gleich fühle ich mich in höchster Alarmbereitschaft, als sich Curtis zu mir vorbeugt. »Ich werde Ihren Unterricht sehr genau beobachten und einen umfassenden Bericht darüber verfassen«, flüstert er mir zu.
    »Ich verstehe«, erwidere ich. Konzentrier dich, Laura. Er muss seine Sache ordentlich machen, immerhin steht auch er unter der Überwachung von Mrs Parker. Ich komme mir vor wie bei Big Brother Extrem ! Kein guter Zeitpunkt für abschweifende Gedanken. Und doch, irgendetwas erinnert mich an meinen Hochzeitstag. Auch da wusste ich nicht so recht, ob ich eher lachen oder weinen sollte. Ist das etwa die Art und Weise, wie ich auf Autoritäten und Amtsgewalt reagiere?
    So, Laura, jetzt konzentrier dich! Du musst die Ruhe bewahren. In der Pause wird alles schon wieder vorbei sein. Mir wird schlecht. Schnell reiche ich Curtis meinen Arbeitsplan und den handgeschriebenen Unterrichtsentwurf, in dem immer wieder einzelne Passagen durchgestrichen sind. Er schiebt ihn sich unter sein Klemmbrett. Stolz streicht sich Curtis über sein Namensschildchen. Ich werfe Jim einen Blick zu und sehe, dass auch er sein Namensschild umhängen hat – wo ist bloß meines? Meins trage ich so gut wie nie. Ich weiß, wer ich bin, alle anderen wissen es auch, und bei diesem Ding habe ich das Gefühl, ein Gefängnisinsasse zu sein. Noch schlimmer wiegt die Tatsache, dass das Umhängeband farblich zu keinem einzigen meiner Kleider passt!
    Ein hochgewachsenes Mädchen mit rötlich braunem Haar kommt hereinstolziert. Ich habe nicht den blassesten Schimmer, wer sie ist. Sie ist definitiv zu jung, um zum Inspektionsteam zu gehören, denke ich – hoffe ich. Die Schüler mustern sie und tuscheln ein wenig, als wüssten sie, wer sie ist.
    »Setz dich, ich komme gleich zu dir«, erkläre ich.
    Jetzt läuft die Sache, und ich spiele

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