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Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)

Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)

Titel: Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Addison
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diagonalen Deckstich gekreuzt wird.
    Allmählich lässt mein schlechtes Gewissen nach. Ich freue mich sogar darüber, zuhause zu sein, obwohl ich doch heute Nachmittag eigentlich unterrichten müsste. Nachdem aber der Unterrichtsbesuch von heute Morgen überstanden ist, habe ich das Gefühl, einen kompletten Arbeitstag bereits hinter mir zu haben.
    »Was möchtest du heute Nachmittag machen?«, frage ich Daisy, die glücklich und zufrieden mit ihrer Eisenbahn auf dem Esszimmerboden spielt. »Wir haben den ganzen Nachmittag für uns. Lilly bleibt nach dem Unterricht noch im Schulhort.«
    »Ich will Prada malen.«
    »Das ist eine tolle Idee.«
    »Aber ich will deine Kunstsachen benutzen«, erklärt Daisy und sieht mich mit großen Augen an. »Hast du weiße Farbe?«
    In diesem Moment sollte ich mich eigentlich aufrichtig freuen, dass meine dreijährige Tochter ein Bild malen möchte. Doch das Chaos, das dabei entstehen wird, ist das Einzige, woran ich denken kann.
    »Dann müssen wir in der Küche arbeiten. Ich kenne aber etwas, das noch besser ist als Farbe«, versuche ich sie mit übertriebenem Tonfall zu locken. »Setz dich schon einmal an den Tisch, in der Zwischenzeit hole ich schnell die Überraschung.«
    Hastig bedecke ich den Tisch mit alten Zeitungen, die wir für den Kamin beiseitegelegt haben. Dann lasse ich einen Stapel Druckerpapier auf den Tisch plumpsen und hole meine Kiste mit den Wachsmalstiften. Daisy schnappt sich einen weißen Stift und fängt eifrig an, Pradas Fell zu malen.
    »Mummy! Sieh mal!«
    »Ah, das ist Prada in einem Schneesturm. Warte mal, Mummy will dir einen Zaubertrick zeigen!«
    Im Wintergarten plündere ich meine Lagervorräte und kehre mit Pinseln und kleinen Tintenfässchen zurück. Ich tunke einen Pinsel in hellgrüne Tinte ein und ziehe ihn über das Papier.
    »Das ist Zauberei! Ich kann Prada sehen!«
    »Diese Technik nennt man Wachsabdeckung. Damit kann man hübsche Wirbelmuster schaffen.« Doch Daisy hört mir gar nicht zu, sondern verteilt lieber die Tinte auf dem Papier.
    »Daisy, du hast mich gerade auf die Idee gebracht, wie die Blumenmuster für die Herrenkollektion aussehen sollen! Und jetzt weiß ich auch, was ich nächste Woche im Unterricht machen werde! Das nennt man wohl Multitasking!«
    Ich durchforste unseren Küchenschrank auf der Suche nach einem Stieltopf; ich bin sicher, dass wir irgendwo noch ein paar alte Pfannen haben müssen. Aber vielleicht hat Adi sie vor unserem Umzug weggeworfen. Stattdessen hole ich unsere Gemüsepfanne heraus. Danach gehe ich zum Wäscheschrank hinüber, packe mir das erstbeste weiße Baumwolllaken, das ich finden kann, und hole schließlich unsere Kiste mit den Notfallkerzen hervor (die wir ja nicht mehr brauchen, da wir nun eine Taschenlampe mit Dynamo zum Kurbeln besitzen). Das weiße Laken zerreiße ich in taschentuchgroße Stücke. Ich liebe das Geräusch, wenn Stoff reißt – es erinnert mich immer daran, wie ich als Kind mit meiner Mutter Kleiderstoffe kaufen gegangen bin. Die Verkäuferin zog den Stoff immer durch irgendeine Abmessungsmaschine und hat dann einen kleinen Schnitt gemacht. Dann zerriss sie den Stoff wie von Zauberhand in einer perfekten Trennlinie. Jetzt zerkleinere ich die Kerzen mit dem Messer und fülle sie in die Pfanne. Bald schon zieht der Duft von heißem Wachs durch die ganze Küche.
    Während Daisy Prada zeichnet, ist sie ganz in ihrem Element. Ihre Wangen sind mit großen roten und blauen Tintenflecken überzogen. Ich bin erleichtert, dass sie genauso chaotisch ist wie ich – so habe ich wenigstens eine Verbündete im Haus. Auch ich gehe völlig in meiner Arbeit auf, als ich mein indonesisches Tjanting in das heiße Wachs tauche. Während ich den kalten Holzstiel festhalte, tropfe ich mit dem metallenen Batikkännchen vorne heiße Wachstupfen und Kreise auf die Stofflappen. Bald schon sieht das Wachs auf dem weißen Baumwollstoff wie Blüten aus.
    »Gibt’s gleich Abendessen? Ich habe Hunger«, erklärt Daisy beim Malen. »Wie viel Uhr ist es?«
    »Ich kann es nicht fassen! Es ist schon Viertel vor sechs! Wir müssen nicht nur Lilly abholen, auch Prada muss jetzt Gassi gehen.«
    »Aber Prada ist doch krank!«
    »Komm schon Daisy, wir müssen los.« Ich schnappe mir Kurts Taschenlampe, und gemeinsam laufen wir The Green hinauf zur Schule. Schon nach wenigen Minuten gibt Prada auf, sodass ich Daisy an der einen Hand halte und mit der anderen versuche, den Weg auf der Straße zu beleuchten und

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