Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
Stimmen imitiert. Seine Version des Kröterich klingt ausgesprochen überdreht, während Maulwurf einen sehr breiten englischen Akzent hat. Adi könnte gut und gerne Schauspieler werden, finde ich. Andererseits kann ich oftmals am Telefon nicht einmal heraushören, wer da in der Leitung ist, bis der Anrufer seinen Namen nennt.
Dann bekomme ich mit, wie Adi den Mädchen erklärt, dass Harriet einfach nicht groß genug für uns alle sei. Doch da bin ich schon im Halbschlaf und versuche, weder an meine Vintagekleider zu denken noch darüber zu reden. Denk positiv, rede ich mir ein. Doch ich frage mich, was Adi im Sinn hat. Mir schwebt ein Ferienhaus (eine umgebaute Scheune, eine Windmühle) vor, vielleicht sogar ein paar Tage, Wochen oder Monate in einem kleinen Hotel. Letzteres würde den Mädchen sicher gefallen. Mir auf jeden Fall. Ich liebe diese flauschigen weißen Handtücher und diese winzig kleinen Luxusartikelchen: Seifen, Shampoo, ein Schokoladentäfelchen auf dem frisch gewaschenen Kopfkissenbezug. Eine einzige Nacht, die ich nicht hier verbringe, würde schon einen Riesenunterschied machen. Warum habe ich die kostenlosen Hotel- und Landhausaufenthalte früher bloß immer als selbstverständlich angesehen? Während Adi über Anbauten und Renovierungen gefachsimpelt hat, war ich im Pool schwimmen oder habe mich in der Sauna entspannt. Im Augenblick würde ich alles dafür tun, um auch nur ein einziges dieser Hotels zu besuchen – selbst eines von denen, die uns nicht so gut gefallen haben!
Kapitel 11
Rautenstich – Dadurch, dass beim Rautenstich jede zweite Reihe spiegelverkehrt gearbeitet wird, entstehen erst die Rauten. Mit diesem Stich lassen sich auch größere Stoffabschnitte verzieren, wodurch ein hübsches Muster entsteht.
Als ich aufwache, ist alles um mich herum friedlich und still. Wo bin ich? Bin ich gestorben und befinde mich nun in einem kinderlosen Zustand im Himmel? Ich werfe einen Blick durch die kleinen eckigen Fenster und erinnere mich wieder daran, wo ich bin. Draußen sehe ich, wie eine hochgewachsene Person durch unseren Garten stiefelt. Der Mann dreht sich um, und ich atme erleichtert auf.
»Adi, was macht David hier? An einem Samstagmorgen?«
Doch ich bekomme keine Antwort. Ich sehe mich im Wohnwagen um, doch Adi und die Mädchen sind nicht mehr hier. Da bemerkt mich David und winkt mir zu. Lachend kommt er herüber und klopft an die Wohnwagentür. Ab jetzt ist Schluss mit Privatsphäre, denke ich betrübt. Vergebens suche ich nach einem Kamm und fahre mir schließlich mit einer Puppenbürste der Mädchen durch das verknotete Haar.
In der festen Überzeugung, dass mein langärmeliges Baumwollnachthemd mehr Haut bedeckt als die Tageskleidung der meisten Leute, öffne ich schließlich die Tür.
»Guten Morgen, Laura«, begrüßt mich David und schaut diskret weg. Ganz der perfekte Gentleman, wie immer.
»Hi, ich habe keine Ahnung, wo alle sind«, erkläre ich, woraufhin sich unsere Blicke treffen.
»Sie sind hinten im Garten und stellen sicher, dass dort genügend Platz ist«, antwortet er und sieht mir in die Augen. »Hey, du siehst aus, als seist du Stolz und Vorurteil entsprungen«, erklärt er und deutet auf mein Nachthemd.
»Eigentlich ist der Stil viktorianisch«, erwidere ich mit einem Grinsen, um nicht eingestehen zu müssen, dass ich keinen blassen Schimmer habe, was »hinten im Garten« vor sich geht.
»Ich gehe und hole sie mal alle her. Eine Tasse Tee wäre nicht schlecht. Ich hoffe, du hast einen ordentlichen Tee für die Arbeiter auf Lager!«
»Arbeiter?«, murmele ich. Mir missfällt sehr, dass ich keine Ahnung habe, wovon er redet.
»Aber mit ein bisschen Glück haben wir es in einem Tag aufgebaut.«
Ich mag David wirklich gern, weil er etwas so beruhigend und zeitlos typisch Englisches ausstrahlt. Ich kann mir immer noch nicht so recht vorstellen, wie er enorme Konstruktionen aus Glas und Stahl entwirft; in meinen Augen eignet er sich eher für die klassische Architektur. Er behauptet immer, dass die georgianischen Landhäuser den Inbegriff des goldenen Schnitts darstellen, der in der griechischen Antike so beliebt war. Bisher habe ich mich nie getraut zu fragen, was er damit meint.
Barfuß klettere ich nach draußen und bleibe hinter den Koniferen stehen. Als würde ich meinen eigenen Garten ausspionieren, beobachte ich, wie dort mit vielen Scherengittern hantiert wird. Mir ist schon klar, dass wir bald Frühling haben, aber es scheint doch noch ein
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