Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
immerhin ist sie meine Mum.«
Ich kenne die Bezeichnung »neurotisch« bislang einzig und allein im Zusammenhang mit übernervösen, angespannten Hunden, behalte diese Bemerkung aber lieber für mich.
»Es hat nichts mit deiner Mutter zu tun. Keine Ahnung. Ich weiß nur nicht so recht, ob es die richtige Entscheidung war, hierherzuziehen und unser altes Leben komplett zurückzulassen. Außerdem gibt es hier kaum Arbeit. Womit ich nicht meine, dass es mir etwas ausmacht, bei Lidl einkaufen zu gehen.«
»Ich wusste gar nicht, dass du bei Lidl einkaufst?« Adi starrt mich verwundert an.
»Weißt du, Liz’ Ehemann Mark würde man im Leben nicht bei Lidl antreffen«, erkläre ich, während ich insgeheim denke, wie weit wir gekommen sein müssen, wenn wir an einem der spärlich gesäten Abende, an denen wir mal ausgehen, darüber reden, dass das Haushaltsgeld nur für Einkäufe beim Discounter reicht. »Ist dir eigentlich klar, dass wir zum ersten Mal, seitdem wir in Reedby wohnen, allein ohne die Kinder ausgegangen sind?«
»Darüber habe ich ehrlich gesagt noch gar nicht nachgedacht«, gesteht Adi. »Es war nur so unendlich mühsam, sich in den neuen Job einzuarbeiten. Während der Woche sehe ich kaum etwas von Reedby. Morgens, wenn ich aus dem Haus gehe, ist alles noch dunkel, und abends, wenn ich nachhause komme, ist es ebenfalls schon wieder dunkel. Darum ja auch das Fahrrad. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass mir die Winterzeit zu schaffen macht.« Nein, das hast du ganz bestimmt nicht, denke ich. »Darum war ich auch von dem Schrebergarten so angetan – er gibt mir die Chance, draußen aktiv zu sein. Außerdem ermöglicht er es uns, unsere eigenen Nahrungsmittel anzubauen. Nachdem die Uhren jetzt auf die Sommerzeit umgestellt wurden, wird sicherlich alles anders werden.«
»Auch ich habe einen neuen Job, musste die Kinder zu einer neuen Schule bringen und mich an alles Neue gewöhnen«, platzt es aus mir heraus.
»Es tut mir leid, Laura. Ich fühle mich nur so unendlich verantwortlich für uns alle und möchte nicht mehr nach London zurück, falls es mit meinem neuen Job nicht klappen sollte.«
Vielleicht wäre es aber doch das Beste, wenn wir nach London zurückgehen würden. »Ich habe auch keine Lust, einfach so aufzugeben und wieder zurückzugehen«, versuche ich, Adi zu beruhigen. Rückblickend erscheint einem die Vergangenheit immer als besser und behaglicher.
»Gibt es etwas in London, das du ganz besonders vermisst? Oder irgendwen?«, frage ich, woraufhin Adi meine Hand nimmt.
»Alles, was ich brauche, ist hier. Du und die Mädchen, ihr seid das Wichtigste für mich. Hör mal, ich werde einfach versuchen, abends früher nachhause zu kommen. Vielleicht sollten wir im Dorf einen Babysitter finden und dann öfter zu zweit ausgehen. Das Essen war nicht so gut. Es geht doch nichts über eine ordentliche Portion Beef and Ale Pie. Das ist genau das Richtige in Zeiten dieser anhaltenden Finanzkrise. Nouvelle Cuisine ist einfach nichts für mich. Das Zeug hat mir nie geschmeckt.« Adi hält mir den Arm hin, ich hake mich bei ihm ein, und gemeinsam schlendern wir The Green hinauf.
Das klingt ja alles schön und gut, aber ich weiß genau, dass wieder ich diejenige sein werde, die einen Babysitter aussuchen und anheuern muss. Und das kostet wieder Geld. Mach seinen Vorschlag nicht nieder, Laura! In Ealing war nur alles so einfach, als wir noch unseren Babysitterkreis hatten.
»Sie schlafen beide«, flüstert mir Adi zu. Aus dem Wintergarten ertönt ein komisches, wimmerndes Geräusch. Ist Prada etwa dort eingesperrt? Vorsichtig öffne ich die Tür. Mein Blick fällt auf Adis Mum, die auf dem zum Bett umgebauten Sofa liegt und schluchzt.
»Ist alles in Ordnung mit dir, Pam?«, frage ich, obwohl ja ganz offensichtlich irgendetwas nicht in Ordnung ist.
»Es ist die Wandfarbe. Die ist so schrecklich.«
»Ich empfinde Purpurrot immer als eine ausgesprochen fröhliche Farbe«, entgegne ich.
Was Pam aber nicht gerade zu überzeugen scheint.
»Soll ich das Sofa lieber ins Wohnzimmer schieben?«
»Wärst du so freundlich, Liebes?«
Danach durchforste ich den Kühlschrank nach den Ostereiern für die Kinder und öffne eines. In dessen Innerem befinden sich kleine Minischokoladeneier, von denen ich ein paar herausnehme, bevor ich das bunte Silberpapier wieder vorsichtig verschließe.
»Hier, für dich«, sage ich und reiche Pam eine Tasse Tee und ein paar der Schokoladeneier. Es reicht wohl nicht,
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