Ein Cowboy aus Manhattan
Pattie.«
»Das
habe ich doch gerade erklärt«, sagte Willie geduldig. »Wir wollten nur wissen,
wer Ihr Auftraggeber ist. Wenn es Bailey ist, dann konnte Pattie das sehr
leicht herausbekommen und ihm durch Sie ausrichten lassen, daß sie nach wie vor
nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Aber Sie haben meine Frage noch nicht
beantwortet, Boyd. Sind Sie ein Lügner, oder haben Sie wirklich einen anderen
Auftraggeber?«
»Sie
haben meine Frage auch noch nicht beantwortet«, sagte ich. »Ist Joe Hill noch
am Leben oder nicht?«
Ich
konzentrierte mich auf Willie, weil der gefährlicher aussah, groß und stark und
so weiter. Das war ein Fehler. Der Professor zog mir von hinten eine Flasche
über den Schädel, und ich sackte auf die Knie, in einer miesen Wiederaufführung
der Szene, die ich schon bei den Baileys mit Virginias Revolvergriff gespielt
hatte. Aber dann kam mein bester Freund aus der Schulzeit mir zu Hilfe. Er zog
mich am Aufschlag hoch und knallte mich mit dem Rücken gegen die Bar. Dem
Professor fiel plötzlich ein, daß er früher einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht
hatte, packte ein Sodasyphon und schoß mir einen
fetten Strahl ins Gesicht. Ich kam mir vor wie in einem Dick-und-Doof-Film, als
ich verzweifelt an einem unerwarteten Mundvoll Wasser würgte; aber warum lachte
eigentlich keiner?
»Sagen
Sie uns, wer Sie losgeschickt hat, dann können wir uns das Ganze sparen«, sagte
Willie.
»Ist
Joe Hill tot?« murmelte ich erstickt. »Und wenn, warum geben Sie sich solche
Mühe, ihn am Leben zu halten?«
Willie
schüttelte den Kopf, und sein Gesicht nahm einen bedauernden Ausdruck an. Er
hob den Arm und rammte die Faust in meinen Solarplexus.
»Hören
Sie mit den dummen Witzen auf, Boyd«, meinte er müde. »Wenn Sie uns jetzt nicht
sagen, wie Ihr Klient heißt, werde ich bestimmt böse und beschädige Sie ein
bißchen.«
»Das
sage ich Joe Hill«, murmelte ich durch schmerzverzerrte Lippen, »sonst keinem.«
»Der
letzte Schlag war nur eine Zärtlichkeit«, sagte Willie. »Wenn ich richtig
zuschlage, landen Sie auf dem Operationstisch.«
»Laß
ihn doch mit Joe reden«, sagte der Professor plötzlich. »Ist doch gleich, wem
er es erzählt, uns oder Joe.«
»Vielleicht
hast du recht«, sagte Willie grollend. »Ich nehme ihn mit. Pattie kann fahren.«
»Ich
komme auch mit«, sagte Walt rasch. »Das würde ich gern hören.«
»Du
bleibst und unterhältst die Nymphe«, grunzte Willie. »Sie gibt nämlich eine
Party, hast du das vergessen?«
Er
packte mich wieder am Jackett, zog mich von der Bar weg und überzeugte sich mit
wenigen raschen Griffen, daß ich keine Waffe bei mir trug. Der Schmerz saß wie
ein heißer Knoten in meinen Eingeweiden, und es kostete mich Anstrengung,
aufrecht zu stehen. Walt nahm eine silberne Zange und warf vier Eiswürfel in
ein Glas, goß dann einen großzügigen Schuß Bourbon darüber.
»Sieht
so aus, als könnten Sie einen Drink vertragen, Boyd.«
Ich
wischte mir mit meinem Taschentuch das Gesicht trocken und nahm ein paar Schlucke.
Jetzt ging es mir etwas besser, aber nicht viel.
»Du
wirst die Nymphe unterhalten«, sagte Willie. »Geh’ mit ihr am Strand spazieren.
Bis du zurückkommst, sind wir weg.«
»Wie
soll ich ihr das erklären?« grunzte Walt.
»Bei
so einer Frau sind Erklärungen überflüssig«, sagte Willie geduldig. »Du wirfst
sie auf den Rücken, ziehst ihr den Rock über den Kopf, hebst — «
»Sie
hat eine Eigenheit, von der du noch nichts weißt«, sagte Walt mißmutig. »Sie
hört nie auf zu reden. Niemals. Man kommt sich vor, als würde man ein
Transistorradio bumsen. Willie, ich kann dir — «
»Geh’
hin und tu’, was ich dir gesagt habe«, befahl Willie. »Wenn ich zurückkomme,
sorge ich dafür, daß du einen Tapferkeitsorden bekommst.«
Walt
kam hinter der Bar heraus und ging mit starrem Gesicht aus dem Zimmer, nicht
ohne die Tür zuzuknallen.
Willie
goß sich ohne Eile ein Glas ein. Er sah wieder so liebenswürdig aus wie zuvor,
und fast hätte ich mich bei ihm entschuldigt, weil ich ihn gezwungen hatte,
mich zu schlagen. Aber nur fast. Ein kleiner Trost blieb mir immerhin: Selbst
wenn er meine Eingeweide zermatscht hatte — wenigstens
war mein Profil unangetastet geblieben.
»Wenn
Sie Joe treffen, werden Sie ihm alles sagen, Boyd?« fragte er.
»Ich
bin verhandlungsbereit«, sagte ich vorsichtig.
»Es
ist wirklich faszinierend«, sagte er. »Als Sie diese Anzeige aufgaben, haben
Sie sich zur Tontaube gemacht. Ich hoffe, das
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