Ein Dämon für alle Fälle
richtig zugehört«, sagte sie und gewährte mir eins von ihren selbstzufriedenen Grinselächeln. »Der Direktor hat mir einen dicken Hinweis gegeben, was ich als nächstes versuchen soll.«
»... und das wäre?«
»Erinnerst du dich nicht daran, wie er gesagt hat, daß kein Verbrecher diesen Burschen Hoos berauben würde?«
»O ja. Na und?«
»... wenn es hier also tatsächlich Kriminelle gibt, müßte ich in der Unterwelt auch an Informationen herankommen.«
Das hörte sich für mich zwar eine Spur gefährlich an, aber ich habe schon lange gelernt, mit Tanda nicht zu diskutieren, wenn sie sich irgend etwas in den Kopf gesetzt hat. Statt dessen versuchte ich es mit einem anderen Angang.
»Ich will ja nicht meckern«, meckerte ich, »aber wie willst du denn besagte Unterwelt ausfindig machen? Ich meine, die stehen ja nicht gerade in den Gelben Seiten, weißt du.«
Deutlich verlangsamte sie ihr Schritt-Tempo.
»Das ist wirklich ein Problem«, gab sie zu. »Trotzdem muß es hier die Möglichkeit geben, an Informationen heranzukommen ...«
»Darf ich Ihnen ein Glas kalten Saftes anbieten, Fräulein?«
Das war mein Freund vom Morgen mit seinem Verkaufskarren. Ein Teil von mir wollte ihn mit einem Winken zum Schweigen auffordern, weil es nie das Gesündeste ist, Schwesterchen mitten im Gedanken zu unterbrechen. Aber mir fiel keine Möglichkeit ein, es zu tun, ohne dabei aus der Rolle zu fallen. Tanda jedoch überraschte mich, denn anstatt ihm den Kopf an der Hüfte abzunehmen, weil er ihr Denken gestört hatte, richtete sie ihr betörendstes Lächeln auf ihn.
»Oh, hallo aber auch!« schnurrte sie. »Sagen Sie, ich habe ja überhaupt keine Gelegenheit mehr gehabt, Ihnen dafür zu danken, daß Sie mir heute morgen den Weg zur Polizeiwache erklärt haben.«
Nun kann Schwesterchens Lächeln das Nervensystem eines jeden männlichen Wesens geradezu vernichten, und dieses Individuum bildete keine Ausnahme.
»Ach, keine Ursache«, sagte er errötend. »Wenn ich Ihnen sonstwie noch zu Diensten sein kann ...«
»Oh, da gibt es tatsächlich eine Klitzekleinigkeit, die Sie für mich tun könnten.«
Ihre Wimpern flatterten wie verrückt, und der Saftverkäufer schmolz sichtlich dahin.
»Sagen Sie es nur.«
»Nunnnnn ... Könnten Sie mir vielleicht sagen, wo ich ein bis drei hartgesottene Kriminelle finde? Wissen Sie, ich bin völlig neu hier und kenne keine Menschenseele, die ich fragen könnte.«
Das kam mir doch ein wenig süßlich vor, und ich rechnete damit, daß der Verkäufer die Information verweigern würde, natürlich in dem verwirrten Bestreben, das hübsche Mädchen vor bösen Einflüssen schützen zu wollen. Doch der alte Knabe schien die Sache ganz gelassen zu nehmen. »Kriminelle, wie?« sagte er und rieb sich das Kinn. »Mit denen habe ich schon eine Weile nicht mehr zu tun gehabt. Aber als ich es noch tat, konnte man sie meistens unten im >Zur Bewährung< finden.«
»Im was?«
»Zur Bewährung. Das ist eine Gaststätte. Der Besitzer hat den Laden aufgemacht, nachdem er einen ziemlich haarigen Prozeß überstanden hatte. Sieht so aus, als hätte der Richter sich nicht geirrt, als er ihn gehen ließ, denn jetzt ist er sauber geworden, soweit ich das beurteilen kann. Aber dort hängen jedenfalls eher die mieseren Elemente herum. Ich schätze, die glauben, daß etwas vom Glück des Besitzers auf sie abfärben könnte.«
Tanda knuffte mich leicht in die Rippen und blinzelte.
»Nun, das hört sich ja an, als wäre das meine nächste Station. Wo/haben Sie gesagt, befindet sich diese Finte?«
»Nur zwei Blocks die Straße hinunter und dann links die Seitengasse hoch. Sie können es nicht verfehlen.«
»Oh, vielen Dank. Sie waren mir wirklich eine große Hilfe.«
»Keine Ursache. Sind Sie sicher, daß Sie nicht doch etwas Saft möchten?«
»Später vielleicht. Im Augenblick habe ich es eilig.«
Der alte Mann sah ihr kopfschüttelnd nach.
»Das ist das Problem mit den Leuten heute. Alle haben es immer so eilig. Meinen Sie nicht auch, Großer?«
Wieder fand ich mich hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen nach einem Gespräch mit diesem kleinen Burschen und der Notwendigkeit, auf das Schwesterchen aufzupassen. Und wie immer obsiegte auch diesmal die Treue zur Familie.
»Ahhh ... Großer Krach ist auch eilig. Spricht später mit kleinem Mann.«
»Klar. Wann immer Sie wollen. Ich bin meistens hier.«
Er winkte mir zum Abschied, und ich erwiderte das Winken, während ich Tanda
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