Ein Dämon mit beschränkter Haftung
gemacht hatte, daß Gus auf mich wütend werden könnte, spielte es jetzt irgendwie keine Rolle mehr.
»Am Anfang war es Neugier«, sagte ich und löste meine Tarnung wieder auf. »Und danach wollte ich sie nicht verlegen machen.«
»Und dann, zum Schluß? Als sie gerade sagte, daß du es ihr ausreden könntest? Warum hast du da nichts gesagt? Willst du etwa, daß sie verschwindet?«
Ich brachte nicht einmal mehr einen Funken Zorn auf. »Du weißt es durchaus besser, Gus«, sagte ich ruhig. »Es tut dir weh, und jetzt prügelst du auf jeden ein, der sich gerade anbietet, und das bin zufällig ich. Ich habe nicht versucht, sie zum Bleiben zu überreden, und zwar aus demselben Grund, aus dem du dich nicht noch mehr angestrengt hast. Sie hat das Gefühl, daß wir hier ersticken, und wenn sie raus will, wäre es ja wohl reichlich mies von uns, wenn wir versuchten, sie um unseretwillen hierzubehalten, nicht wahr?«
Es folgte ein tiefes Schweigen, was mir ganz recht war. Mir war nicht mehr sonderlich nach Gesprächen zumute.
Ich stand auf und schritt zur Tür.
»Du hast gerade in die andere Richtung geschaut, als sie ging«, sagte der Wasserspeier. »Vielleicht interessiert es dich zu erfahren, daß ihr Tränen in den Augen standen.«
»Mir auch«, erwiderte ich, ohne mich umzudrehen. »Deshalb habe ich ihr auch nicht nachgeschaut.«
8
Was habe ich nur falsch gemacht?
Lear, König
Schweren Herzens begab ich mich auf den Heimweg. Ich machte mir keine Sorgen mehr darüber, daß Aahz mich anschreien könnte. Im Grunde hoffte ich sogar darauf. Sollte er es tun, so beschloß ich, würde ich zur Abwechslung einmal nichts dagegen sagen. Kurzum, ich fühlte mich fürchterlich und war in der Stimmung, Buße zu tun.
Als ich durch den Zelteingang trat, spitzte ich die Ohren und horchte auf Aahz. Genaugenommen war ich sogar ein wenig überrascht, daß ich ihn von der Straße aus noch nicht gehört hatte, war mir aber sicher, daß ich ihn ohne Schwierigkeiten im Haus würde orten können. Wie ich schon sagte, mein Partner hat keinerlei Probleme, seinen Launen Ausdruck zu verleihen, vor allem nicht seinem Zorn.
Das Haus war still.
Da nichts wackelte und rüttelte, und da auch nirgendwo Stuck von der Decke rieselte, nahm ich an, daß Aahz ausgegangen war ... wahrscheinlich auf der Suche nach mir, mit blutunterlaufenen Augen. Ich überlegte, ob ich ihn draußen suchen sollte, entschied aber, daß es besser wäre, hier auf ihn zu warten. Irgendwann würde er schon zurückkehren, also begab ich mich in den Garten, um es mir dort ein wenig bequem zu machen, bis er sich zeigte.
Was ich den Garten nenne, ist tatsächlich unser Hof. Er besitzt einen Springbrunnen und zahlreiche Gewächse, deshalb sehe ich in ihm lieber ein Stück freier Natur als ein eingefaßtes Gelände. In letzter Zeit hatte ich immer mehr Zeit dort verbracht, besonders wenn ich nachdenken wollte. Er erinnerte mich an einige der ruhigeren Flecken, an die ich mich früher zurückzuziehen pflegte, als ich noch allein im Wald lebte ... bevor ich Garkin begegnete und durch ihn Aahz.
Die Erinnerung daran ließ mich über eine merkwürdige Erscheinung nachdenken: Gab es auch andere erfolgreiche Wesen wie mich, die ihren neugewonnenen Wohlstand dazu benutzten, um die Umgebung oder Atmosphäre der Zeit vor ihrem Erfolg wiederauferstehen zu lassen? Wenn ja, war dies ein seltsamer Kreislauf.
So sehr war ich mit diesem Gedanken beschäftigt, als ich in den Garten trat, daß mir beinahe die Tatsache entging, daß ich gar nicht allein war. Jemand anders hatte gerade meinen Rückzugsort aufgesucht ... genauer gesagt: Aahz.
Er saß auf einer der Steinbänke, das Kinn in die Hände, die Ellenbogen auf die Knie gestemmt, und starrte ausdruckslos in das Wasser, das durch den Springbrunnen floß.
Ich war, milde gesagt, überrascht. Aahz war noch nie ein meditativer Typ gewesen, vor allem nicht in Krisenzeiten. Er ist eher der Typ des »Drisch-aufirgend-jemanden-oder-irgend-etwas-anderes-ein-bisdas-Problem-verschwindet“. Doch nun war er hier, nicht aufgewühlt, nicht hin und her schreitend, einfach nur dasitzend und vor sich hin starrend. Das war unpassend genug für ihn, um mich vollends aus der Fassung zu bringen.
»Äh ... hallo, Aahz«, sagte ich zögernd.
»Hallo, Skeeve«, erwiderte er, ohne sich umzudrehen.
Einige Augenblicke lang wartete ich darauf, daß er etwas sagen würde. Er tat es nicht. Schließlich setzte ich mich neben ihn auf die Bank und starrte selbst
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