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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Eindruck haben. Halten Sie die Kamera drauf. Wie er den Kindlein Kußhände zuwirft.«
    »Das tu ich ja. Aber er wirft nicht den Kindlein Kußhände zu, sondern jemandem im Haus. Oben an einem Fenster. Augenblick. An den Fenstern ist keine Menschenseele zu sehen. Ich hab keine Ahnung, was er macht.«
    »Aber ich, verdammte Axt«, schrie der Inspector. »Und ich weiß auch, was ihm bevorsteht. Ein verflucht langer und unangenehmer Knastaufenthalt, diesem Tier.« Doch um dreiviertel neun erfüllten sich endlich Inspector Rascombes übelste Hoffnungen, als Phoebe Turnbird in ihrem Auto eintraf samt dem Dekan von Porterhouse. Er trug einen schwarzen Umhang über seinem Talar und einen Schaufelhut auf dem Kopf. Normalerweise lief er nicht so ausstaffiert herum, aber der verblichene Brigadegeneral Turnbird hatte immer behauptet, der Umhang und vor allem der Schaufelhut seien dazu angetan, den Stadtkindern aus dem East End die Bedeutung religiöser Zeremonien nahezubringen, und zum Gedenken an seinen alten Freund behielt der Dekan diese Sitte bei. Phoebe hingegen hatte das sommerlichste Sommerkleid angezogen, ein leuchtendweißes Etwas, das ihr, wie sie meinte, ein verblüffend jugendliches Aussehen verlieh. Zur Vervollständigung dieses Ensembles hatte sie sich als Krönung einen auffallenden, breitkrempigen, federgeschmückten Hut aufgesetzt und, kurzsichtig wie sie war, ausgesprochen grellen Lippenstift aufgetragen.
    »Dort unten schlafen die wunderbaren Studenten unter ihren Zeltbahnen«, hatte sie dem Spiegel in ihrem Zimmer anvertraut, außerdem war es herrlich, einen Mann im Haus zu haben, auch wenn es nur der alte Dekan war. Da sie zu lyrischen Ergüssen neigte, murmelte sie: »Meine Jugend, meine Anmut und mein Reiz, sie dulden heute keinen Geiz. Es ist solch ein schöner Tag, daß ich mich nicht verstecken mag.«
    Den Eindruck hatte auch die Überwachungseinheit, allerdings hätte sie das mit der Jugend und der Anmut nicht unterschrieben. Und von Reiz konnte schon gar keine Rede sein. Selbst aus dem Sattel und auf einen Kilometer Entfernung bot Phoebe Turnbird einen so irritierend reizlosen Anblick, daß sie zahlreichen Füchsen das Leben gerettet hätte, deren Panik ihnen auf ihrer verzweifelten Flucht vor dem Tod magische Kräfte verliehen hätte.
    »Meine Fresse, das muß die größte Fummeltrine aller Zeiten sein«, murmelte der Detective, während er den Dekan und Phoebe dabei filmte, wie sie sich zum Landesteg begaben und in das kleine Ruderboot stiegen. Phoebe ruderte mit einer Energie, die so gar nicht zu ihrem Outfit passen wollte. Der Dekan saß nervös im Heck und guckte finster. Er hatte ein großes Messingkreuz und die Familienbibel von Brigadegeneral Turnbird dabei, beide Teil der Tradition, die zu dem Aufenthalt der Mission gehörte.
    »Was haben Sie gesagt?« erkundigte sich Inspector Rascombe in der Funkzentrale. Der überwachende Polizist hatte Schwierigkeiten, seine Eindrücke in Worte zu fassen. Er hatte nie viel für Rascombe übrig gehabt, aber diesmal hatte der miese Hund den Nagel auf den Kopf getroffen.
    »Ich glaube, die wollen hier eine vermaledeite schwarze Messe abhalten«, sagte er. »Gerade wird eine Art Priester mit einem verdammt großen Kreuz und einem saumäßig riesigen alten Buch von Mister Universum in einem weißen Kleid über den See gerudert. Der Typ hat Arme wie ein Freistilringer. So was haben Sie noch nie gesehen. Ich jedenfalls nicht.«
    »Und Sie haben auch wirklich alles auf Film?«
    »Ich geb mir Mühe. Sie sind immer noch ein Stück weit weg. Sind in ’nem alten Daimler vorgefahren. Könnte das eine Spur sein? Sieht aus wie ein beschissener Leichenwagen.«
    »Großer Gott«, sagte der Inspector, über die sich abzeichnenden Ereignisse gleichermaßen entsetzt wie erfreut. »Und das ist er wahrscheinlich auch. Sie wollen mit einem der Kindlein ein Menschenopfer vornehmen. Lassen Sie sie nicht entwischen.«
    »Entwischen? Sie machen wohl Witze. Diese Fummeltunte könnte einem nicht mal in stockfinsterer Nacht entwischen. Nicht mit diesem weißen Kleid und dem Hut.«
    »So hab ich das nicht gemeint. Ich meinte: Filmen Sie weiter, und daß man Sie um Himmels willen nicht sieht. Das wird zur Hauptsendezeit über sämtliche Kanäle ausgestrahlt. Dafür mobilisiere ich die Weltverbesserer von der Kinder- und Jugendfürsorge, Sonntag hin oder her.«
    »Besser wär’s, wenn Sie das Bewaffnete Schnelle Einsatzkommando anfordern, und zwar fix«, empfahl der Detective. »Sie

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