Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
ihrem Körper. Genaugenommen paßte es überhaupt nicht. Selbst den besten Schönheitschirurgen war es nicht gelungen, das Rad der Zeit und der ehelichen Verbitterung zurückzudrehen. Nicht daß Consuelo McKoy je ein hübsches Gesicht gehabt hätte. Schon mit achtzehn hatte ihr Gemüt, das sich nie weit von der Registrierkasse im väterlichen Laden entfernte, bösartig und habgierig ausgesehen, was Stabsunteroffizier McKoy eigentlich hätte warnen müssen. Doch da er ein unglaublich naiver und begeisterungsfähiger Mensch war, der leidenschaftlich an allem Englischen hing, vergaß er, ihr genau in die Augen zu sehen. Statt dessen betrachtete er sie lieber als Fenster der Seele, was sie bis zu einem gewissen Grad auch waren. Im Fall Consuelos wären sie es gewesen, wenn sie eine Seele gehabt hätte, die Fenster brauchte. Dem war nicht so. Sie hatte ungefähr soviel Seele wie ein Skorpion, der sich durch das Eindringen eines nackten Fußes in einen leeren Wüstenstiefel gestört fühlt. Als Detective Constable Larkin auf diese straffe, sonnengegerbte Ledermaske zoomte, waren diese Augen für ihn der Beweis, daß die Hölle existierte, und daß der alte Widerling mit dem unheimlichen Hut nun jeden Moment auf dem improvisierten Altar etwas wirklich Teuflisches anrichten würde. Seine Nackenhaare fühlten sich auf einmal so kalt wie Eiszapfen an. Als der Dekan aus der Turnbirdschen Familienbibel vorzulesen begann, brabbelte der Constable in sein Handy.
    »Ach du Scheiße, beeilen Sie sich«, blökte er. »Sie haben angefangen. Ich will da nicht hinsehen. O Gott.« Aber Rascombe und das Schnelle Einsatzkommando näherten sich Middenhall bereits von mehreren Seiten. Ihre Pkw und Mannschaftswagen rasten über die schmalen Straßen, töteten vor Charlie Harrisons Bauernhof einen Schäferhund und zwei Katzen und brausten ohne anzuhalten weiter. Das war auch gut so.
    Genau in diesem Augenblick schlich »Buffalo« Midden, der sechzig Jahre lang Herden von Elefanten, Nashörnern, Löwen, Gnus und, natürlich, Büffeln kreuz und quer durch ganz Afrika dezimiert hatte und für sich in Anspruch nahm, mehr Tiere aufgespürt zu haben als irgendein anderer Großwildjäger nördlich des Sambesi, mit tödlicher Präzision und einem nicht registrierten Lee-Enfield-Gewehr vom Kaliber .303 über die bleiernen Dachplatten von Middenhall. Von seinem Schlafzimmerfenster aus hatte er gesehen, wie sich im Gestrüpp hinter dem Küchengarten die Einheit B voranrobbte und in einer kleinen Wellblechhüte Stellung bezog, die früher als Abort für den Gärtnergehilfen gedient hatte. Leider konnte er nicht erkennen, womit sie bewaffnet waren, wenn überhaupt, aber Männer in Tarnanzügen, die durch das Gras robbten und dann ins Außenklo eilten, führten garantiert irgend etwas Gemeines und Mörderisches im Schilde. »Buffalo« Midden hatte am Abend zuvor einen Artikel über die IRA und sonstige Terroristen gelesen, der ihm kalte Schauer über den Rücken gejagt hatte. Die Rote Gefahr des Bolschewismus mochte zwar ausgeräumt sein – was er allerdings bezweifelte, sie lag einfach da und wartete auf die zivilisierte Welt wie ein angeschossener Büffel unter einem einsamen Dornbusch, wo man ihn am wenigsten erwartete –, doch in seiner Phantasie gab es immer noch eine Weltverschwörung, die aus Zionisten und den mit ihnen verbündeten Ayatollahs, aus Iren, natürlich Schwarzen und sämtlichen anderen Dämonen bestand. Und jetzt, an diesem herrlichen Sommermorgen, setzte sie ihre mörderischen Fähigkeiten gegen Middenhall ein. Warum, wußte »Buffalo« Midden auch schon. Middenhall war ideal gelegen; isoliert, von der Welt abgeschnitten und ausgestattet mit Militärbaracken und Bunkern, erfüllte es alle Bedingungen für einen Terroristenstützpunkt.
    Allein lag er im Schatten eines riesigen Schornsteins auf dem Dach des gräßlichen Hauses und zielte betont sorgfältig auf den Abort und die gemeinen Schweinehunde darin. Mit der ganzen Erfahrung eines alten Hasen schob er vorsichtig den Abzug zurück, und zwar einen Stecher, den er nach seinen eigenen Vorstellungen selbst justiert hatte und mit dem er bestens vertraut war. Genau wie, einen Sekundenbruchteil später, die beiden Polizisten in dem Abort aus Wellblech. Natürlich wußten sie nicht, wie ihnen geschah, aber sie konnten sich recht gut vorstellen, was geschehen würde, wenn sie blieben, wo sie waren. Sie würden sterben. Das wollten sie nicht. Kaum hatte das Geschoß die Aborttür

Weitere Kostenlose Bücher