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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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verlassen gerade das Boot, und ein paar von den anderen Kerlen haben vor den Zelten so ’ne Art Altar aufgebaut. Allmächtiger, das ist ja grauenhaft. Ich habe selber Kinder.« Einen Moment lang zögerte der Inspector. Er wollte nicht dafür verantwortlich sein, daß auf diesem Altar ein nacktes Kindlein gemeuchelt wurde.
    »Hören Sie«, sagte er, »sobald das arme kleine Kerlchen nackt und bloß da oben liegt und dieser Priesterlump seinen Spruch aufgesagt hat, gehen Sie rüber und schlagen zu. Haben Sie mich verstanden?«
    »Ich habe verstanden«, sagte der Detective. »Ich habe verstanden. Aber wenn Sie glauben, daß ich ein Handgemenge mit diesem Monster im Kleid lebendig überstehe, dann wissen Sie nicht, was ich hier vor Augen habe.« Es folgten eine Pause und ein gedämpfter Ausruf des Erstaunens. Inspector Rascombe war zu beschäftigt, um diesen Laut zu hören. Er war mittlerweile vollauf damit beschäftigt, einen Zug kampferprobter Kindesmißbrauch- und Traumatisierungsexpertinnen über das Polizeipräsidium in Twixt anzufordern, scheiterte aber, weil es, wie man ihm mitteilte, Sonntag sei, und die Belastung, die dadurch zustande komme, daß man die ganze Woche über von erzürnten und unschuldigen Eltern als Arschlöcher beschimpft und von den Kollegen Sozialarbeitern als »KITS« verspottet werde, fordere am Wochenende seinen Tribut, und sie lägen gerne ein wenig länger ...
    »Ich weiß, was sie gerne haben, und daß sie lügen, ist mir auch klar. Ich habe sie vor Gericht erlebt, also verschonen Sie mich mit dem Geschwätz. Dies ist ein Befehl höchster Priorität. Sagen Sie der Abteilung Soziale Notfälle ... und sie sollen sich verflucht noch mal aus dem Bett schälen ... daß wir hier oben eine schwarze Teufelsmesse haben und der Priester genau in diesem Moment mit der ›Kommunion‹ beginnt ... Ja, ich weiß, daß das Kreuz umgedreht werden muß. Erzählen Sie mir nichts vom Pferd, verdammte Axt! Ich mach mir um das Kindlein Sorgen, das nackt auf dem Altar liegt. Nein, sie werden’s dem Kleinen nicht von hinten besorgen, jedenfalls noch nicht. Zuerst schlitzen sie dem armen kleinen Kerlchen die Kehle auf, um dann sein Blut aus dem Kelch trinken. Kriegen Sie das in Ihren begriffsstutzigen Kopf. Ende und aus.«
    Inspector Rascombe widmete sich wieder dem Überwachungsteam. Die Ausrufe des Erstaunens hatten aufgehört.
    »Was jetzt?« wollte er wissen. »Liegt das Kindchen schon nackt auf dem Altar?«
    »Kindchen? Nein, soweit ich sehen kann, nicht. Sie warten auf eine Frau, die gerade um den See joggt, und mein lieber Mann, das Warten lohnt sich! Also echt, die Alte ist der echte Wahnsinn. Ein richtiger Knaller in ’nem silbrigen einteiligen Trikot. Hat Möpse wie ...«
    Der Inspector wollte nicht wissen, wie ihre Möpse aussahen. Von ihm aus konnte sie Dolly Parton mit Knöpfen dran sein. Mit dieser Einschätzung kam er der Wahrheit ziemlich nahe. Consuelo McKoy, geborene Midden, konnte man beim besten Willen nicht den »echten Wahnsinn« nennen. Sie hatte ihre Jahre – und davon hatte sie eine ganze Menge auf dem Buckel – und gewaltige Geldbeträge ihres Mannes benutzt, um den Reichtum der besten Schönheitschirurgen zwischen Santa Barbara und L. A. zu mehren. Auf mehrere hundert Meter Entfernung sah sie unbezahlbar aus, und um diese Illusion zu erzielen, hatte sie weit über eine Million Dollar berappt. Sie hatte die phantastisch biegsame Figur einer Achtzehnjährigen, was – wenn man bedachte, daß sie auf die Dreiundachtzig zuging – keine Kleinigkeit war, schon gar nicht für den Geldbeutel des verstorbenen Mr. McKoy. Was Fettabsaugung an ihren Oberschenkeln und Silikonimplantate in ihren Brüsten nicht zuwege brachten – ihre neuesten Brustwarzen waren außerordentlich gelungen –, schaffte das silbrige Trikot. Es bändigte sie und bewahrte die Illusion, daß ihr Nabel dort war, wo er sich früher befunden hatte, statt eigenartigerweise in ihrem Dekollete. Selbst in Santa Barbara war sie etwas Besonderes gewesen. Auf Middenhall war sie etwas noch Besondereres, nämlich eine Erscheinung von so überirdischer Schönheit, daß dem überwachenden Detective auf zweihundert Meter Entfernung und im morgendlichen Sonnenschein bei ihrem Anblick der Atem stockte. Er ließ die Kamera laufen. Diese Vorgehensweise sollte er noch bedauern. Erst als sie den See umrundet hatte und er auf ihr Gesicht zoomen konnte, wurde ihm allmählich klar, daß da etwas oberfaul war.
    Irgendwie paßte es nicht zu

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