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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Sir Arnold Gonders wußte viel zuviel, als daß man sich mit ihm anlegen konnte.
    Doch als der Chief Constable jetzt am Kopf der Tafel saß und auf seine Jungs runterschaute, zog er seine eigene, unkompliziertere Version der Ereignisse vor. Sie paßte besser zu dem Selbstbild, das er von sich hatte, das des gütigen Vaters seiner Männer, der freudig seine eigene Karriere opfern würde, damit sie weiter ihren Glauben an sich als Hüter des Gesetzes hochhalten konnten. Natürlich spielte auch Gott eine Rolle. Nie im Leben hätte Sir Arnold etwas erreicht, wenn Gott nicht immer an seiner Seite gewesen wäre. Na ja, zumindest fast immer.
    Wie er es einmal seinem Stellvertreter gegenüber formuliert hatte: »Sie sollten sich mit Religion befassen, Harry, glauben Sie mir. Um Klassen besser als die Rotarier. Es vermittelt einem wirklich Sinn, Sie verstehen schon. Hat man Gott an seiner Seite, weiß man, daß man recht hat. Seit ich an Gott glaube, hat sich mein Golfhandicap um vier Schläge verbessert. Seit fast genauso vielen Jahren steh ich bei zweiundzwanzig, und plötzlich bin ich bei achtzehn. Das ist für mich Beweis genug.« Auf alle Fälle war es ohne Zweifel eine rundum gelungene Feier. Der Champagner floß in Strömen, und der größte Drogendealer der Gegend hatte ein halbes Dutzend Kisten Cognac spendiert. Sie waren aus dem Keller eines bekannten Weinkenners geklaut worden und von garantiert guter Qualität. Sogar Kissogramm-Mädchen waren da, nackt bis auf die aufgemalten Sträflingsstreifen; sie waren vom Sohn der ehemaligen Premierministerin bezahlt worden und überbrachten die Grußbotschaft: »Auf den guten alten Bill. Macht weiter so, Jungs, und zeigt ihnen, wo der Hammer hängt.« Das kam sehr gut an, obwohl Sir Arnold – der den Abend mit Gin Tonics begonnen und mit Whisky fortgeführt hatte, dann von einigen. Constables dazu animiert worden war, ein paar große Newcastle Ale mit ihnen zu leeren, bevor er sich über den Champagner zu einem besonders gemeinen Côte de Provence und schließlich dem Cognac vorgearbeitet hatte – so seine Zweifel kamen, ob es eine gute Idee war, wenn nackte, mit Streifen bemalte Frauen durch die Gegend stolzierten und mit ihren Mösen wackelten. »In meiner Jugend hätte ich das nicht gemacht«, sagte er zu Hodge. »Aber es ist ja bloß Spaß und trägt zur Hebung der Moral bei.«
    »Schätze, daß auch andere Sachen gehoben werden«, sagte sein Stellvertreter, was der Chief Constable geflissentlich überhörte. Er überlegte, ob ihm danach war, sein Ding in Glenda zu stecken oder nicht. Wohl eher nicht. Mittlerweile hatte Chief Inspector Rascombe zu einer Rede angesetzt. Sir Arnold zündete noch eine Montecristo No. l an und lehnte sich zufrieden zurück, um zu lauschen.
    »Von einem guten Detective wie Rascombe kann man nicht erwarten, daß er auch noch ein verdammter Redner ist«, hatte er vor dem Dinner zu Hodge gesagt, und Rascombe bewies, wie recht er damit hatte. Erst gegen Ende der ihm zugestandenen zehn Minuten bekam die Rede richtig Feuer. Vorher hatte sich der Inspector auf die hervorragende Arbeit konzentriert, die das Dezernat und insbesondere der scheidende Detective Inspector Holdell geleistet, sowie die Verbrechen, die sie »aufgeklärt« hatten. Doch dann war er in die Offensive gegangen und hatte erstaunlich eloquent von der beispiellosen Schmutzkampagne gesprochen, die die Medien gegen die großartigste Gruppe Menschen eingeleitet haben, mit der es ihm je vergönnt gewesen sei, für die Verteidigung von Recht und Gesetz zusammenzuarbeiten.
    »Die Öffentlichkeit muß begreifen«, so lauteten seine Schlußworte, »und die beschissenen Weltverbesserer müssen endlich verdammt noch mal einsehen, daß wir das Gesetz sind (Beifall) und eine verschworene Gemeinschaft erster Ordnung, und wenn ihnen das nicht paßt, können sie uns mal im Dunkeln begegnen oder sich in die Büsche schlagen!« Der dieser Analyse der polizeilichen Rolle in der Gesellschaft geltende Beifall begeisterte den Chief Constable dermaßen, daß er sich noch einen Cognac genehmigte und als ein wahrhaft glücklicher Mann aufstand. In seiner eigenen Rede pries er Holdell für dessen Hingabe, mit der er Tween zu einer sicheren Stadt gemacht habe, was, da sie unter den Provinzstädten landesweit in puncto Gewaltverbrechen an zweiter Stelle rangierte, ein nüchternes und unvoreingenommenes Publikum wohl kaum beruhigt hätte. Einer der jüngeren Kellner bekam sogar einen Hustenanfall. Doch der

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