Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
müßte. Doch dem grauenhaften Schnarchen nach zu urteilen steckte sie jetzt in ernsthaften Schwierigkeiten. Er stieß sich von der Badezimmerwand ab, wankte erneut durch den Flur und hatte schon die Schlafzimmertür geöffnet, als ihm ein anderer beunruhigender Gedanke kam. Noch nie hatte er gehört, daß sie einen solchen Lärm machte. Und natürlich hatte sie vermutet, er würde – wie nach einer schweren Nacht üblich – in Tween bleiben. Vielleicht schlief dieses grauenvolle Mannweib namens Tante Bea in seinem Bett. Falls ja, stand der alten Schlampe eine böse Überraschung bevor. Auch wenn er seine Frau nicht mochte, er wollte verdammt sein, wenn er sich in seinem eigenen Schlafzimmer von einer Lesbe vertreten ließ. Der Chief Constable schlich ganz vorsichtig mit ausgestreckten Händen auf das Bett zu, und als er in Richtung Geschnarche herumtastete, berührten seine Finger Haare. Sir Arnold Gonders blieb im Dunkeln abrupt und stocksteif stehen. Das waren nicht Vys Haare – ihre Locken waren für ihn unverwechselbar –, und Beas waren es auch nicht, sie hatte kurze, glatte Haare. Er hatte soeben langen, fettigen Kopfbewuchs gefühlt, das waren Männerhaare und, wenn er’s recht bedachte, war das ein Männerschnarchen. Das war unverwechselbar. Und noch etwas anderes war unverwechselbar. Der Geruch. Jetzt wußte er, warum Genscher humpelte und keuchte. Er wußte auch, daß er es mit einem äußerst gefährlichen Einbrecher zu tun hatte. Sein Leben lang hatte er gewußt, daß so etwas geschehen würde, falls Vy die verfluchte Tür nicht abschloß ... besoffen und erschöpft wie er war, dachte er alles andere als klar. Durch das verwirrte Hirn des Chief Constables huschte der Gedanke, das Haus sei von der IRA eingenommen worden. Er mußte an seine Waffe in der Nachttischschublade rankommen, an die Waffe und an den Alarmknopf. Mit größter Vorsicht ertastete er den Nachttisch und zog langsam die Schublade auf. Das verdammte Ding klemmte. Er zog fester, und laut quietschend kam es ein Stück weit heraus. Im nächsten Augenblick bewegte sich jemand auf dem Bett. Sir Arnold zögerte nicht länger. Wenn er nicht an die Knarre kam ... seine Hand tastete im Schubladeninneren herum, doch da war weder eine Waffe noch ein Alarmknopf. Er packte die hölzerne Nachttischlampe an ihrem Schirm und schwang den Lampenfuß in Richtung Schnarchen. Ein gräßliches dumpfes Wummern, die Glühbirne zersplitterte, der Stecker flog aus der Steckdose, und das Schnarchen brach ab. Während Sir Arnold im Dunkeln einen Schritt zurücktrat, um an den Hauptlichtschalter neben der Tür zu kommen, trat er in eine Glühbirnenscherbe, schnitt sich in den Fuß und fluchte. Als es ihm endlich gelang, das Licht anzudrehen, war ziemlich klar, daß die Lage weit entsetzlicher war, als sogar er vermutet hatte. Lady Vy war nämlich wach – ein reflexhaftes Zucken von Timothy Brights Bein hatte sie in einen lebensähnlichen Zustand versetzt – und hatte ohne ihre Kontaktlinsen Probleme, ihre Mitmenschen auseinanderzuhalten. Was sie für Sir Arnold hielt, lag aus einer schlimmen Kopfwunde blutend neben ihr im Bett, während ein nackter Mann mit einer Art Prügel in der Hand in Türnähe stand und schrecklich fluchte. Lady Vys angeschickertes, antidepressives Hirn war überzeugt, daß sie jeden Moment vergewaltigt und ermordet werden sollte. Sie grapschte, für eine Frau in ihrem Zustand erstaunlich flink, nach dem Revolver des Chief Constables, den sie in ihrer Nachttischschublade aufbewahrte. Er war ihr letztes Verteidigungsmittel, und sie war bereit, es auch zum Einsatz zu bringen. Ihr erster Schuß traf den Spiegel in dem rechts vom Mörder befindlichen viktorianischen Kleiderschrank. Beim zweiten versuchte Lady Vy sorgfältiger zu zielen, und dabei wurde ihr halbwegs bewußt, daß der Angreifer ihr mit irgendwie bekannter Stimme etwas zubrüllte. »Verdammte Scheiße, leg die Scheißknarre hin ...« Die zweite Kugel verfehlte ihn auf der anderen Seite, und nachdem sie durch die vordere Wand des Heißwasserboilers rein– und aus der hinteren Wand wieder rausgeflogen war, irrte sie noch ein wenig durchs Badezimmer. Ein dritter Schuß erwies sich als überflüssig. Sir Arnold war durch die Tür verschwunden und hatte sie hinter sich ins Schloß geworfen. Lady Vy griff nach dem Alarmknopf, mit dem jede Polizeistation im Umkreis von fünfzig Meilen darüber informiert wurde, daß Einbrecher das Wochenendhaus des Chief Constable betreten hatten.

Weitere Kostenlose Bücher