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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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zu werden, hätte eine schwächere Frau vernichtet –, wenn sie nicht einmal mitangehört hätte, wie Mrs. Sent sie »diese Gonders-Kuh« genannt hatte, »so snobistisch, dabei ohne das nötige Kleingeld. Von mir aus könnte sie tot umfallen.«
    Lady Vy hatte sich damals bei Sir Arnold über diese Bemerkung beschwert, doch er hatte bloß erwidert: »Weißt du, man muß sich mit den Einheimischen gut stellen.« Was ein bißchen übertrieben war, wenn man bedachte, daß der alte Sent behauptete, er sei aus Polen geflüchtet, um bei der polnischen Exilarmee zu kämpfen. Und jemand hatte Olga einmal zutreffend beschrieben, indem er behauptete, sie sähe aus wie die Wächterin in einem Konzentrationslager, die man wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit hängen müßte. Andererseits gab es in der Grafschaft zahlreiche Menschen, die nur einmal eine Party des Chief Constables besucht und Gründe gefunden hatten, nie wieder auf eine zweite zu gehen. Unter anderem fehlte der Lord Lieutenant Sir Percival Knottland, der in der Grafschaft die Krone vertrat. Er hatte immer noch nicht überwunden, daß er auf einer Party bei den Gonders einen Mann kennengelernt hatte, der ihm empfohlen hatte, in eine bestimmte Pizzakette zu investieren, »weil es dabei um viel mehr als bloß Käse und Anchovis geht, Sie verstehen«. Der Lord Lieutenant glaubte zu verstehen und beschwerte sich beim Chief Constable, doch Sir Arnold hatte ihm vertraulich versichert, der Bursche sei in Ordnung.
    »Ehrlich gesagt, er ist einer unserer Topspitzel. Wüßte ohne ihn nicht, was ich machen sollte. Muß ihn bei Laune halten.«
    »Aber er hat mir geraten, in Pietissima Pizza Parlours zu investieren«, sagte der Lord Lieutenant. »Sagte irgendwas von wegen der Schnee dabei sei ganz bestimmt nicht von gestern. Ob ich wisse, was er meine? Ich fand, das klang äußerst verdächtig. Sollten Sie diese Pizzakette nicht besonders gründlich unter die Lupe nehmen?«
    Der Chief Constable hatte ihn vertraulich beiseite genommen. »Unter uns: Das habe ich bereits. Eine solide Investition, soweit ich weiß. Ich hab selber zehntausend angelegt. Müßte Ihr Geld in ’nem halben Jahr verdoppeln.«
    »Und Sie glauben wirklich nicht, daß diese Pietissima Parlours zum Vertrieb von Drogen benutzt werden?« fragte der Lord Lieutenant.
    »Herrjemine, hoffentlich nicht. Kann’s allerdings nicht garantieren. Heutzutage mischt doch jeder bei so was mit. Ich werd mal meine Drogenleute fragen, würde mir aber keine grauen Haare wachsen lassen. Geld ist schließlich Geld.«
    Der Lord Lieutenant war so angewidert gewesen, daß er der Premierministerin geschrieben, aber nur einen mehr als rüden Antwortbrief des Inhalts erhalten hatte, er solle gefälligst seine Rolle als Lord Lieutenant wahrnehmen, eine, wie angedeutet wurde, ausschließlich repräsentative und überflüssige Rolle, und die Polizeiarbeit Profis wie Sir Arnold Gonders überlassen, der eine so ausgezeichnete Arbeit leiste etc. pp. Der Lord Lieutenant hatte den Rat befolgt und seither einen großen Bogen um den Chief Constable gemacht.
    Auch andere blieben den Festen fern. Und zwar die echten »Einheimischen«, die Bauern und gewöhnlichen Bewohner der umliegenden Dörfer, die den Gonders oder ihren Gästen keine Vorteile verschaffen konnten, aber zu einer älteren, tiefer in der Gegend verwurzelten Tradition gehörten. Am meisten Antipathie für das an jenem Sonntag auf dem Rasen der Gonders versammelte menschliche Treibgut empfanden die Middens, Marjorie Midden von Middenhall und ihr Bruder Christopher, der fünfzig Kilometer entfernt in Strutton einen Bauernhof bewirtschaftete. Von Anfang an war Sir Arnold mit Miss Midden aneinandergeraten. Sie wohnte in einem alten Bauernhaus hinter dem als Middenhall bekannten, weitläufigen viktorianischen Gebäude, in dessen Zimmern Logiergäste wohnten. Gegen seinen Plan, die als Folly Moss bekannte Gemeindeflur einzuzäunen, hatte sie sich mit der Begründung gewehrt, die Dorfbewohner von Great Pockrington benutzten diese seit tausend Jahren als Weideland. Auf Sir Arnolds Argument, in Pockrington wohne heute nur noch eine Familie, und der Mann arbeite in der Ziegelei von Torthal und habe kein Interesse, irgendwas auf Folly Moss weiden zu lassen, erwiderte Miss Midden, in Pockrington hätten einmal zweihundert Familien gewohnt, und wer könne beim jetzigen Zustand der Welt wissen, ob es in Zukunft nicht wieder genauso viele würden.
    »Jimmy Hall mag dem Chief Constable sehr

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