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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Gonders umher, in den Händen Gläser mit einem eher säuerlichen Weißwein, der Sir Arnold von Ernest Lamming als »erstklassiger kleiner Vouvray« angedreht worden war, was gar nicht so falsch war, obwohl der Chief Constable inzwischen wünschte, er hätte nicht ganz soviel von dem Zeug gekauft. Vor allem war ihm selber überhaupt nicht danach, viel von irgendwas zu trinken. Er hatte mit Unterbrechungen drei Stunden geschlafen und sich beim Aufwachen gefühlt, als habe er nicht nur viel zuviel getrunken, sondern im Laufe der Nacht auch halluziniert. Was scheinbar passiert war, nämlich daß er eventuell irgendeinen Dreckskerl umgebracht hatte, der mit Vy im Bett gewesen war, konnte unmöglich Wirklichkeit sein. Tatsächlich hatten sämtliche Ereignisse der vergangenen Nacht etwas so Alptraumhaftes an sich, daß er liebend gern den gesamten Tag allein geblieben wäre, um herauszufinden, was zum Teufel eigentlich vorgefallen war. Statt dessen war er gezwungen, eine Jovialität zu heucheln, nach der ihm überhaupt nicht zumute war. Diesen Batteriesäure-Vouvray trank er jedenfalls nicht. Er hielt sich an Wodka mit Tonic und hoffte, daß der seinem Denkvermögen auf die Sprünge half.
    Die Uniformität seiner Gäste war ein Indiz für die bemerkenswerten gesellschaftlichen Veränderungen, die in den achtziger Jahren stattgefunden hatten. Früher wäre etwa ein Chief Constable, der so viele Freunde aus der Immobilien- und Baubranche sowie der Finanzwelt und so wenige aus der früher einmal »Gentry« genannnten alten ländlichen Oberschicht hatte, durchaus suspekt gewesen. Das galt besonders für Twixt und Tween. Diese Gegend war einmal für die Schwerindustrie und die Werften von Tween berühmt gewesen, für die Moorhuhnjagden und riesigen Ländereien der Großgrundbesitzer von Twixt. Auf der Party der Gonders war keiner der alten Stahlbarone anwesend, und statt Industriefirmen waren solche aus dem Dienstleistungssektor vertreten. Kein Großgrundbesitzer hätte sich gern unter die Gäste im Alten Bootshaus gemischt. Andererseits waren auch keine Gewerkschafter anwesend. Sir Arnold Gonders hatte den politischen Katechismus des Thatcherismus wirklich gut verinnerlicht: Nur Geld war wichtig, und zwar vorzugsweise das neueste Geld, das von kaum etwas anderem redete und dem nichts etwas bedeutete. Zahlreiche Personen aus dem Fernseh- und Showgeschäft waren anwesend.
    »Kommunikation ist die eigentliche Kunst eines Chief Constable«, hatte Sir Arnold einmal doziert. »Wir müssen dafür sorgen, daß die Leute auf unserer Seite bleiben.« Das war eine aufschlußreiche Aussage, die unterstellte, daß die Gesellschaft hoffnungslos entzweit war. Hätten die Menschen im Polizeidistrikt Twixt und Tween nicht gewußt, auf welcher Seite sich Sir Arnold Gonders befand, wäre ein Blick auf die Gästeliste recht aufschlußreich gewesen. Len Bload von Bload and Babshott, PR- und Finanzberater des Grafschaftsrates, war mit seiner Frau Mercia gekommen, ehemaliges Model und Masseuse, die es zu einem Chefposten bei »B and B« gebracht hatte. Len Bload redete den Chief Constable immer mit »Mein Junge« an und betrachtete Sir Arnold offensichtlich als aktives Mitglied seiner Mannschaft. »Ich seh es so, daß wir uns alle umeinander kümmern müssen, mein Junge. Wenn wir’s nicht tun, wer dann? Das verraten Sie mir mal«, hatte Len Bload häufiger gesagt, als sich Lady Vy erinnern mochte. Außerdem konnte sie keine Frauen ausstehen, die so offen über Sex mit der Hand redeten wie Mercia Bload. Dann waren da noch die Sents. Die Bloads mochte sie nicht, doch die Sents waren ihr regelrecht verhaßt. Harry Sent handelte.
    »Fragen Sie mich nicht, womit. Mit allem. Nennen Sie mir irgendwas, ich hab’s. Irgendwo hab ich alles. Kennen Sie meinen Wahlspruch? ›Bei Harry Sent wird nicht gepennt.‹ Klar? Bei mir. Wird nicht gepennt. Tolles Motto, das ich gratis von Lenny gekriegt habe. Wissen Sie, warum?« Lady Vy wollte es überhaupt nicht wissen, aber es hieß nun mal, daß Adel verpflichtete. »Denn als ich mal Heaven gevögelt habe, mußte ich an Mercia denken, um überhaupt einen hochzukriegen. Stimmt das nicht, Heaven?« Mrs. Sent nickte, säuerlich lächelnd. »Ich ficke besser, wenn ein Foto von Mercia im Bikini auf dem Kopfkissen liegt, stimmt’s?« Ein Anflug von Schmerz zog über Olga Sents Miene. Lady Vy hätte ja Mitleid mit ihr gehabt – allein schon die Qual, von einem so widerwärtigen Menschen wie Harry Sent »Heaven« genannt

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