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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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lethargischen MacPhee an den Kopf geschleudert hatte, ergaben für Timothy einen Sinn. Er verstand: »Sie dreckiger Mistkerl, Sie widerwärtiger kleiner Schwindler« und: »Verdammt noch mal, jetzt reicht’s mir mit Ihnen. Sie fliegen noch vor Einbruch der Dunkelheit aus diesem Haus. Bei Gott, ich schmeiß Sie raus.« Timothy Bright verstand das sehr gut. Er lag unter dem Bett und versuchte, aus seinem Zustand schlau zu werden. Das brauchte seine Zeit, eine weitere Stunde, während der schwere Schritte im Flur und das Knallen einer Tür in seinem Kopf widerhallten. Doch nachdem im Nebenzimmer noch einige Drohungen gemurmelt worden waren, hörte er die Haustür ins Schloß fallen und das Knirschen von Schritten auf Kies.
    Miss Midden, der ganz schlecht war vor Abscheu und Ekel darüber, daß sie diese Kreatur MacPhee jemals unter ihre Fittiche genommen hatte, hatte das Haus verlassen und ging nun durch das schmale Tor in der Gartenmauer über das offene Hochland auf Carryclogs House zu. Die Schafe standen vor ihr auf und suchten das Weite. Miss Midden bemerkte sie kaum. Auch sie versank in einer privaten Welt voller Wut und Frustration. Fast bedauerte sie, daß der Major noch lebte. Sie hatte ihn atmen sehen. Außerdem begriff sie einfach nicht, was in das gräßliche Männlein gefahren war. Auf seinen sogenannten »Zechtouren« in Glasgow hatte er sich häufig genug danebenbenommen, aber im Haus, in ihrem Haus, war er nicht nur immer nüchtern, sondern auch ausgesprochen unterwürfig und wohlerzogen gewesen. Und jetzt dies. Daraus konnte sie nur schließen, daß er verrückt sein mußte, unheilbar verrückt. Nicht daß ihm das etwas nützte. Auch ohne seinen Alkoholwahn hatte sie schon genug Probleme mit den Leuten drüben in Middenhall. Sobald er sich wieder bewegen konnte, würde sie ihn aus dem Haus entfernen, ein für allemal, und wenn sie es mit vorgehaltener Waffe tun mußte. Vor Einbruch der Dunkelheit war er weg, soviel stand fest. Als sie in Sichtweite von Carryclogs House kam, änderte Miss Midden die Richtung. Sie hatte nicht die Absicht, Phoebe Turnbird ihre Gefühle oder die aktuelle Situation zu offenbaren. Ihre eigene Gefühlsduselei war schon belastend genug, und sie wollte Phoebe nicht das Vergnügen gönnen, ihr Mitgefühl an die Frau zu bringen. Und ihre Schadenfreude. Um zwölf Uhr setzte sich Miss Midden auf einen Felsvorsprung mit Blick über den Stausee und aß die mitgebrachten Sandwiches. Dann legte sie sich ins Gras zurück und betrachtete den wolkenlosen Himmel. Der war wenigstens sauber und blau. Kurz darauf nickte sie ein, erschöpft von dem späten Zubettgehen am Vorabend und von ihren Gefühlen.

13
    Auch Sir Arnold Gonders hatte keinen angenehmen Tag hinter sich; von der Nacht ganz zu schweigen. Es war vier Uhr morgens gewesen, als er den Land Rover am Kuhstall abgestellt hatte, zum Haus gegangen war und beunruhigt festgestellt hatte, daß in Tantchen Beas Zimmer Licht brannte. »Diese verdammte Frau«, murmelte er erbittert vor sich hin und fragte sich, was man ihr um alles in der Welt – außer einer ordentlichen Dosis Valium – noch verabreichen mußte, damit sie nachts schlief. Er ließ die Haustür links liegen, huschte zu den Arbeitszimmerfenstern und stieg ein. Sir Arnold schlich sich nach oben und schlief sofort tief und fest. Er hatte alles in seiner Macht Stehende getan. Der Rest blieb dem Schicksal überlassen. In Wirklichkeit blieb es weitgehend Genscher überlassen. Der Rottweiler hatte im Keller eine schreckliche Nacht lang verzweifelt versucht, sich des Maulkorbs aus Isolierband zu entledigen. Bei seinem brutalen Versuch, den Hund daran zu hindern, daß er nach einem Tritt in den Hodensack bellte oder – noch gefährlicher – zubiß, hatte der ohnehin nicht übertrieben tapfere Sir Arnold dem Hund das Atmen fast unmöglich gemacht, und Genscher hatte stundenlang vergeblich versucht, das elende Band abzukratzen, bis er offenbar zu dem Schluß gekommen war, daß er dabei wahrscheinlich auch seine Nase verlieren würde. Da der Hund nicht winseln oder sonst irgend etwas Konstruktives tun konnte, brachte es überhaupt nichts, daß er von seiner Nase abließ, sondern führte nur dazu, daß er sein lädiertes Hinterteil gegen die Mauer schlug. In seinem Wahn war er die Treppe hochgeklettert und hatte als Hilferuf seinen Kopf gegen die Kellertür geschlagen. Um sieben Uhr morgens hallte das Haus vom dumpfen Wummern eines hundertvierzig Pfund schweren durchgedrehten

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