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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Griff zu lockern, mit dem sie ihn hielt. Zu wissen, daß sie nie wieder in einer Situation sein würde, es ihm einmal mit gleicher Münze heimzuzahlen, machte diesen bereits gewichtigen Vorteil noch gewichtiger. Ebenso boshaft wie genüßlich schaute sie heimtückisch auf ihn herab und schob dann flink seinen ganzen Kopf unter ihren Rock. Das war ebenso unklug wie entgegenkommend. Der von den unbegreiflichen Schrecken des Wochenendes geschwächte Sir Arnold war nämlich immer noch stark genug, um sich des grauenhaften Ansinnens zu erwehren, die lesbische Liebhaberin seiner Frau mit der Zunge zu befriedigen, was sie, so vermutete er, von ihm erwartete. In den schwarzen Lederfalten konnte man das schwer sagen, und die Alternative, daß sie ihn ersticken wollte, war vielleicht sogar noch schlimmer. Die Alternativen ließen dem Chief Constable keine Wahl. Mit der geballten Kraft der Verzweiflung eines Mannes, der zwischen den Beinen einer schweren Frau steckte, holte Sir Arnold tief gräßlich riechende Luft und stieß nach oben. Es war zwar ein entsetzliches Erlebnis, doch einen Augenblick lang sah er Land. Sein kahler Schädel durchbrach den Bund des Rockes, wurde aber sofort wieder in die Dunkelheit gestoßen, als Tantchen Bea – die zum erstenmal in ihrem Leben die Freuden erlebte, die ein Mann, wenn auch ein verängstigter und hektischer, geben konnte – ihn zurückschob. Das Handgemenge ging noch ein paar Minuten weiter, als sie bei jedem neuen Auftauchen Sir Arnolds die Wonnen der Dominanz erlebte und Sir Arnold deren Schrecken.
    Als er sich endlich nicht mehr unter ihr rührte und klar wurde, daß er geschlagen war, hob sie unklugerweise den Rock und lächelte auf sein gerötetes, schwitzendes Gesicht hinab. Als der Chief Constable an ihrer Scham vorbeispähte und dieses Lächeln sah, bäumte sich sein gedemütigtes Ego und so ziemlich alles andere ein letztes Mal auf. Er riß den Kopf zur Seite und schlug die Zähne in ihre Leistengegend. Daß die Zähne nicht seine eigenen waren und daß das gleiche für ihre, wie er gehofft hatte, Leisten galt, war dem Chief Constable ziemlich egal. Mit einem furchtbaren Aufschrei hob sich Tantchen B vom Bett und schien auf einem Kissen aus Schmerzen zu schweben, ehe sie wieder auf Sir Arnold zustürzte. Diesmal gab es an ihren Absichten nichts zu deuteln. Sie würde das Schwein umbringen.
    In genau diesem Augenblick kehrte Lady Vy mit dem rauchenden Revolver zurück. Sie war absolut nicht in der Stimmung, ihren Mann beim augenscheinlich sehr eigenartigen Liebesspiel mit ihrem Tantchen Bea anzutreffen. Genauer gesagt geriet ihr Tantchen Bea, dem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, bei diesem Akt in eine derartig leidenschaftliche Verzückung, daß ihr die Zunge aus dem Mund hing, während sie vor Lust stöhnte und schrie. Dieser Anblick, so kurz nachdem sie in der Küche Mrs. Thouless entdeckt hatte, die der Länge nach neben der Kellertür auf dem Boden gelegen hatte, das Kleid seltsam verrutscht, und irgend etwas von einem riesigen Untier gestöhnt hatte, war zuviel für Lady Vy. Sie war nach oben gekommen, um Sir Arnold zu sagen, daß es dem verdammten Kerl im Keller gelungen war, irgendwie aus dem Keller zu entkommen, nachdem er dem Haushund vorher meterweise Isolierband um den Kopf gewickelt hatte. Mit einem Mut, der aus ihrer jahrelangen Überzeugung herrührte, jedem Hausangestellten moralisch überlegen zu sein, war Lady Vy über Mrs. Thouless hinweggetreten und hatte ohne zu zögern in den Keller geschossen.
    Diesmal hatte Genscher keine Zweifel, warum ihm der gräßliche Maulkorb verpaßt worden war. Wenn er auch nichts über das Schicksal der Zarenfamilie gelesen hatte, merkte er doch, daß der Keller eine ideale Meuchelmordstätte abgab und daß Herrchen und nun Frauchen – nachdem es ihnen nicht gelungen war, ihn zu hängen, als sie die Gelegenheit dazu hatten – wild entschlossen waren, ihn zu erschießen. Als die Kugeln von den Wänden prallten, suchte Genscher leise winselnd in einem der Weinregale Zuflucht. Lady Vy machte das Licht an und ging langsam die Treppe hinunter, den Revolver in der ausgestreckten Hand.
    »Komm raus und stell dich«, rief sie. »Ich weiß, daß du da unten bist. Komm raus, oder ich schieße.« Doch der Rottweiler hütete sich und gab keinen Mucks von sich. Er verkroch sich in der äußersten Ecke des steinernen Weinregals und wartete auf den Tod.
    Überraschenderweise blieb er davon verschont, und im nächsten Moment eilte Lady Vy

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