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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Eine Dreiviertelstunde lang redete der Inspector mit monotoner Stimme weiter, und erst als Sergeant Bruton zum fünfzehnten Mal »Muß ›interpolieren‹ im Wörterbuch nachschlagen« aufgeschrieben hatte, um sich wach zu halten, kam Rascombe wieder auf die Sorte Verbrechen zu sprechen, der ihre Ermittlungen galt.
    »Wir müssen«, sagte er, »insbesondere Ausschau nach jedem Kind oder nach Kindern, Plural, Ausschau halten, die in das Gebiet um Middenhall hinein– und hoffentlich auch wieder herausgebracht werden ... Ja, Sergeant?«
    »Sie wollen damit doch wohl nicht andeuten, daß Miss Midden irgend etwas mit Kindesmißbrauch zu tun hat, Sir?« erkundigte sich Sergeant Bruton fast gegen seinen Willen. »Ich meine damit, sie ist, na ja ... ich meine ...« Er gab es auf. »Wenn Sie so lange bei der Polizei wären wie ich«, sagte der Inspector, der übrigens weniger lange dabei war als Bruton, »dann wäre Ihnen klar, daß die äußere Erscheinung einiger der übelsten Verbrecher in direktem Gegensatz zu ihrer Gefährlichkeit steht. Vergessen Sie das nicht, Sergeant, dann kann man Ihnen nichts vormachen. Und das gilt natürlich auch umgekehrt.«
    In der folgenden Nacht hatten sämtliche Einheiten in der Umgebung von Middenhall Stellung bezogen. Operation Kiddlywink, für diesen Codenamen hatte sich Rascombe entschieden, hatte begonnen.

23
    An diesem Abend kam Miss Midden erst lange nach Mitternacht nach Hause, und sie war erschöpft. Und euphorisch. »Ich finde, jetzt ist ein Schlummertrunk angebracht«, sagte sie, holte eine Flasche Schlehenlikör, den sie vor Weihnachten angesetzt hatte, und goß sich ein Gläschen ein. Dann betrachtete sie den Major skeptisch. Der arme Mann sah die Flasche so sehnsüchtig an und hatte sich gegenüber Timothy Bright bewährt.
    »Na schön«, sagte sie. »Sie auch. Holen Sie sich ein Glas. Wir haben Grund zum Feiern. Ich weiß nicht, wieviel Geld in dieser Reisetasche liegt, aber meine grobe Schätzung beläuft sich auf eine halbe Million Pfund. Außerdem befindet sich da drin ein Päckchen, das bestimmt auch Geld enthält. Das sollte er nach Spanien bringen und dort irgendwem übergeben. Na dann prost. Und gucken Sie nicht so fassungslos. Es ist bloß Geld.« Der Major war tatsächlich fassungslos, so fassungslos, daß er noch nicht mal seinen Schlehenlikör anrührte. »Eine halbe Million? Eine halbe Million?« stammelte er. Und da sagte sie, es sei bloß Geld! Major MacPhee war noch nie in seinem Leben in der Nähe von soviel Geld gewesen. Und er hatte noch nie eine Frau erlebt, die eine solche Summe so geringschätzig behandelte. Er konnte seine Erschütterung nicht in Worte fassen.
    »Es könnte weniger und es könnte mehr sein«, fuhr Miss Midden fort. »Was macht das schon aus? Es ist ein Haufen Geld. Mehr nicht.«
    »Was haben Sie damit vor?« fragte er gepreßt. Miss Midden nahm am Küchentisch Platz. Ihr triumphierendes Grinsen offenbarte eine Spur Boshaftigkeit. Der Major war ein schwacher Mensch und sollte wissen, daß er nichts davon in die Hände bekommen würde.
    »Ich werde das Gewehr neben das Bett legen, wenn ich schlafen gehe. Das habe ich als erstes vor«, antwortete sie. »Und dann sehen wir weiter.«
    Sie trank ihren Schlehenlikör, nahm die Reisetasche und begab sich in ihr Büro, um die Waffe und eine Maulwurfsfalle zu holen. Mit Maulwurfsfallen konnte man nicht nur Maulwürfe fangen, sondern beispielsweise auch Hände. In ihrem Schlafzimmer leerte sie die Reisetasche und packte das Geld in einen Pappkarton oben auf ihren alten Mahagonikleiderschrank. Anschließend füllte sie die Tasche mit leeren Schuhkartons und ein paar alten Kleidern. Als letztes stellte sie die jetzt gespannte und offene Maulwurfsfalle in die Mitte und deckte ein Papier drüber. Außerdem schloß sie die Tür ab und klemmte einen Stuhl unter den Türknauf. Dann ging sie zu Bett. Draußen war das Wetter umgeschlagen. Ein nächtlicher Wind wehte über das offene Hochland, begleitet von Regen, von Regenböen, die gegen das Fenster peitschten. Miss Midden schlief tief und fest. Allmählich erreichte sie, was sie sich vorgenommen hatte. Mit Geld hatte das sehr wenig zu tun.
    Am Morgen regnete es immer noch, als ein Motorrad vorfuhr und ein Mann mit einem in braunes Packpapier gewickelten Paket zur Hintertür kam. Miss Midden öffnete sie widerstrebend.
    »Paket für Major MacPhee«, sagte er und reichte es Miss Midden samt einer Empfangsbestätigung, die sie unterschrieb. Sie legte das

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