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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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schmiß den Inhalt der Reisetasche aufs Bett, wo die Maulwurfsfalle zuschnappte. Dann packte sie das Geld wieder in die Tasche und ging nach unten. Sie setzte ihren alten Hut auf, zog einen Regenmantel an und ging rüber in die Scheune. Fünf Minuten später war sie in Middenhall. Niemand war zu sehen. Sie waren Spätaufsteher, und so gelang es ihr, sich ohne gesehen zu werden an der Vordertür vorbei und zur Rückseite des Hauses zu schleichen. Während des Kriegs hatte es in dem ummauerten Garten einen Luftschutzbunker gegeben, zu dem eine Betontreppe hinunter in die Dunkelheit führte. Der Eingang war von dornigen Zweigen und einer wildwachsenden Buddleia überwuchert und der Hügel grasbewachsen. Ihres Wissens hatte nie jemand den Eingang gefunden, aber sie hatte ihn schon als Kind gekannt. Als sie einmal mit ihrem Vetter Lennox unten war, hatte sie schreckliche Angst gehabt. In den Gängen hatte fünfzehn Zentimeter hoch das Wasser gestanden, und die Kälte, die Dunkelheit und Lennox’ Behauptung, dort unten seien Gefangene gefoltert worden, hatten ihr angst gemacht. Doch nun brauchte sie diesen tiefen, geheimen Bunker. Sie kletterte durch das Gestrüpp, räumte die Erde über der Eisentür fort und öffnete sie. Anschließend holte sie eine Taschenlampe und die Reisetasche aus dem Wagen und stieg in die Dunkelheit hinab. Das Wasser stand immer noch da, vielleicht dasselbe Wasser, durch das sie vor dreißig Jahren gewatet war. Diesmal fürchtete sich Miss Midden nicht. Sie war wild entschlossen. Jemand hatte ihr den Fehdehandschuh hingeworfen. Genau das hatte sie gebraucht. Sie war eine energische Kämpfernatur. Am äußersten Ende des Gangs, vorbei an Räumen, in denen auf beiden Seiten verrostete Eisenbetten standen, tauchte im Schein der Taschenlampe das auf, was sie gesucht hatte. Es war ein langer schmaler Spalt, der sich die halbe Betonwand hinaufzog. Lennox hatte behauptet, dort habe man die Leichen der da unten erschossenen Männer hineingeschoben. Sie hatte keine Ahnung, wozu er wirklich benutzt worden war. Doch von der Tür aus war er nicht zu sehen, und wer nur einen Blick in den Bunker warf, sah ihn nicht, es sei denn, er betrat das Zimmer. Sie fuhr mit der Hand den Spalt entlang; er war trocken. Das würde gehen. Dann schob sie die Reisetasche hinein, holte den Karton mit den obszönen Zeitschriften und Fotos und brachte sie ebenfalls hinunter; als erstes zog sie den Karton aus dem Müllsack und steckte die Reisetasche mit dem Geld hinein, damit es bei der Feuchtigkeit in dem alten Bunker besser trocken blieb. Als das erledigt war, stapfte sie platschend zurück, stieg die Treppe zum Eingang hinauf und spähte vorsichtig durch das Gestrüpp, ob auch niemand in der Nähe war. Dann häufte sie Erde und Gras wieder auf die Eisentür, und als sie zu dem alten Auto zurückkehrte, sah man kaum noch, daß etwas angerührt worden war. Miss Midden fuhr zurück zum Haus. Es war nicht einmal nötig gewesen, irgendwem in Middenhall zu sagen, daß sie wieder von ihrem Kurzurlaub zurück war. Sie hatte niemanden gesehen. Den restlichen Tag arbeitete sie im Haus und plante ihren nächsten Schritt. Draußen goß es in Strömen, und es wehte ein so starker Wind, daß sogar die Schafe unter der Böschung und den Dornbüschen entlang der alten Trift zusammenzurücken schienen. Als es Nacht wurde, war der Regen noch heftiger geworden, und der Wind heulte immer noch durch das Wäldchen hinter dem Middenschen Haus und über die Schornsteine.
    Für die an der Operation Kiddlywink beteiligten Polizeibeamten war es eine Nacht, in der man sich besser nicht draußen herumtrieb. Doch Inspector Rascombe blieb hart. Eine finstere, regnerische und windige Nacht war für die Pädophilen in Middenhall genau richtig, um im Haus zu bleiben und sich pornographische Videos anzusehen. Sie würden garantiert nicht im Freien nach Einsatzgruppen der Polizei Ausschau halten, die sich bei der Königlichen Marineinfanterie ausgeliehene Schneeanzüge übergezogen hatten, damit sie wie gemütlich auf Scabside Fell weidende Schafe aussahen. Der Inspector hatte seine Männer auf der Parson’s Road versammelt. Von dort aus mußten sie bis Middenhall drei Kilometer unwegsames Gelände durchqueren, und es war eine wirklich ausgesprochen finstere, regnerische und windige Nacht. »Also, sobald die Vorhut in dem Park gegenüber vom Haus Posten bezogen hat und die Hilfstruppen bereit sind, auf das Bauernhaus vorzurücken, bewegen Sie sich mit

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