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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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einzureichen, und zwar aus Gründen, die das Ende seiner Laufbahn bedeuten würden. Für ihn hatte es höchste Priorität, das Miststück aufzuhalten. Er war einverstanden, woraufhin Inspector Rascombe eine Besprechung des Dezernats für Schwerverbrechen abhielt, um die zweite Phase der Operation Kiddlywink zu umreißen. Wie üblich stellte Sergeant Bruton peinliche Fragen. Er hatte sich genauer über die in Middenhall wohnenden Personen informiert. Alle waren mindestens siebzig.
    »In dem Gemäuer wimmelt es von Geriatriepatienten«, sagte er. Inspector Rascombe blieb unbeeindruckt. »Na und?« entgegnete er. »Genau solche alten Männer stehen auf kleine Kinder. Nur dann kriegen sie einen hoch, die Drecksäcke. Womöglich sind wir nahe dran, den ersten Senioren-Sexskandal aufzudecken.«
    »Aber die Hälfte ist verheiratet oder verwitwet. Da oben wohnen drei ledige alte Jungfern«, wandte der Sergeant ein. »Die können unmöglich alle einen auf Kindesmißbrauch machen.«
    Der Inspector dachte kurz über diesen Einwand nach und fand eine Antwort.
    »Mag sein, aber vielleicht wurden sie bedroht und sind zu verängstigt, um zu reden. Echte Hardcore-Perverse mit sadistischen Neigungen können alten Damen eine Heidenangst einjagen.«
    Die Planungen für eine umfassende Überwachung von Middenhall wurden abgeschlossen.
    »Laut Wettervorhersage wird es eine wolkenlose Nacht. Wir rücken also gegen ein Uhr vor. Die Zwei-Mann- Überwachungsteams will ich auf dem Anwesen haben, wo sie die Vorgänge auf Video aufnehmen und Abhörvorrichtungen installieren können, die uns die erforderlichen Informationen liefern, wann wir das Objekt am besten angreifen. Eine Einheit wird hier im Wald stationiert, die andere hinter dem Haus. Sie haben Verpflegung für achtundvierzig Stunden, und bis dahin dürften wir den Fall abgeschlossen haben.« Das war am Freitag.
    Am Samstag schlug Miss Midden zu. Um neun Uhr früh verließ sie ihre Pension in Clapham und begab sich zu Richter Benderby Brights Haus in der Brooke Street. Ein Diener öffnete die Tür, ein ehemaliger Londoner Polizist, der auch als Leibwächter fungierte. Richter Brights Leben war schon so oft bedroht worden, daß er sich nur noch auf hoher See sicher fühlte. Selbst ein Sturm von Windstärke zehn war milde, verglichen mit den Reaktionen, die er bei den Verwandten von Personen hervorrief, die er zu den ihm rechtlich möglichen Höchststrafen verdonnert hatte. Er war nicht gerade beliebt. Der Leibwächter musterte Miss Midden mißtrauisch. »Was wollen Sie?« fragte er.
    »Ich will Richter Bright sprechen. Es ist wichtig. Und nein, ich habe keinen Termin.«
    »Tja, dann sind Sie zur falschen Zeit gekommen. Richter Bright liegt noch im Bett. Samstags steht er spät auf, aber wenn Sie Name und Adresse hinterlassen ...«
    Miss Midden unterbrach ihn.
    »Wecken Sie ihn auf und sagen Sie ihm: ›Tante Boskies Aktien.‹ Ich warte hier an der Tür, und er wird mich empfangen«, sagte sie. »›Tante Boskies Aktien.‹« Sie drehte dem Mann den Rücken zu, und er schloß die Tür. Dann zögerte er. Miss Midden sah zwar nicht aus wie eine Gestörte, aber man konnte nie wissen. Andererseits strahlte sie eine gewisse Autorität und ein beeindruckendes Selbstvertrauen aus. Er ging zum Haustelefon, weckte den Richter, bat vielmals um Verzeihung und wiederholte dann Miss Middens Nachricht, und daß sie den Richter sprechen wolle. Was nun folgte, hatte er kaum erwartet.
    »Lassen Sie sie nicht weggehen«, schrie Richter Bright. »Bringen Sie sie auf der Stelle ins Haus. Ich bin sofort unten.« Der Diener ging zur Tür zurück und öffnete. »Sie sollen reinkommen«, sagte er, bereit, sie sich zu greifen, falls sie weglaufen wollte.
    »Ich weiß«, sagte Miss Midden und ging an ihm vorbei, die Reisetasche in der Hand.
    »Das muß ich leider durchsuchen, Ma’am«, sagte er. »Sie dürfen sie öffnen, reinsehen und von außen fühlen«, teilte ihm Miss Midden mit. »Rausnehmen dürfen Sie nichts.« Der Mann warf einen Blick hinein und wußte sofort, was sie meinte. So viele Geldscheine hatte er nicht mehr gesehen, seit er versucht hatte, eine Bankfiliale in Putney auszurauben. Er begleitete Miss Midden ins Wohnzimmer, und noch ehe er sich entfernt hatte, traf der in einen Morgenmantel gekleidete Richter Bright ein. Wie gewöhnlich war er schlecht gelaunt und außerdem nicht begeistert davon, mit rätselhaften Nachrichten über Boskies Aktien geweckt zu werden. Es war schon schlimm genug

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