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Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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»entwickelt der Kartäuser eine ungewollte Exklusivität. Indem er nicht springt, indem er sich nicht wie ein Verrückter aufführt, geschieht, was er verhindern wollte. Er fällt auf. In einer Welt, in der alle Champagner saufen, wird aus dem Wassertrinker ein Snob.«
    »Dagegen kommt man nicht an«, sagte Cheng, wie um nicht nichts zu sagen.
    Anna Gemini erklärte, daß ein Kartäuser auch den Widerspruch mit Demut ertrage. Er beschwere sich nicht. Niemals.
    »Na gut«, sagte Cheng. »Aber was hat das nun zu bedeuten? Was glauben Sie, wird Smolek versuchen?«
    »Er wird versuchen, die Kartäuser – ich meine jetzt die Mönche – zu erpressen.«
    »Wie? Nur weil er …?«
    »Er hat meinen Sohn«, sagte Anna Gemini. »Wie oft muß ich Ihnen das eigentlich vor Augen halten?«
    »Aber er wird ihm doch nichts tun. Ich bitte Sie! Das paßt nicht zu Smolek.«
    »Es paßt auch nicht zu ihm, meinen Sohn überhaupt zu entführen.«
    »Ja«, meinte Cheng nachdenklich. »Zurückhaltend ist das nicht.«
    Anna Gemini sprach die Befürchtung aus, daß Smolek sich geändert habe, daß er seine Selbstbeherrschung, sein Kleingottdasein eingebüßt habe. Daß er jetzt versuche, ein großer Gott zu werden.
    »Das kann man wohl sagen«, fand Cheng, »wenn man bedenkt, daß der gute Mann Lehmklumpen tanzen sieht.«
    »Ach je, das meinte ich nicht. Ich meinte nicht, daß Smolek spinnt. Ich glaube ihm, was er mir über 4711 erzählt hat.«
    »Nicht Ihr Ernst.«
    »Mein Ernst«, betonte Anna Gemini, wie man betont: Meine Eigentumswohnung.
    »Was soll’s?« resignierte Cheng. »Damit muß ich jetzt mal leben. Und Herr Janota ebenso.«
    Janota nickte in der Art eines Menschen, dem schon verrücktere Sachen untergekommen waren. Na, und das konnte man ja wohl sagen.
    »Warum eigentlich«, wandte sich Cheng wieder an Anna Gemini, »hat Smolek Sie überhaupt ins Vertrauen gezogen?«
    »Wegen Carl natürlich. Denn er wußte um die guten Kontakte zwischen den Skateboardern und den Kartäusern. Er hat wohl gehofft, ich könnte meinen Jungen dazu bringen, wegen dieses Rezepts etwas zu unternehmen. Sie dürfen die Möglichkeiten Carls nicht unterschätzen …«
    »Ich unterschätze ihn nicht«, sagte Cheng.
    »Auch wenn er mitunter kein verständliches Wort herausbringt«, fuhr Anna fort, »darf einen das nicht täuschen. Carl wäre durchaus imstande gewesen, etwas für Smolek zu tun. Aber er wollte nicht. Und auch keiner von seinen Freunden.«
    »Und doch hat er sich nicht gewehrt, von Smolek mitgenommen zu werden.«
    »Warum denn auch? Er hat nichts gegen Smolek. Es widerstrebt ihm bloß, wegen dieses Aqua Mirabilis seine Mitbrüder in Chartreuse zu belästigen. Kartäuser, Kartäuser eines jeden Amts, beschränken ihre Kontakte auf das Wesentliche. Für Carl ist 4711, was auch immer es auslöst, eben nicht wesentlich.«
    Eine Pause entstand. Eine Pause wie beim Boxen. Viel zu kurz. Eher eine Qual von Pause.
    Gemini, die auf dem Beifahrersitz saß, blickte neben sich auf den Fahrer und sagte: »Da ist noch etwas.«
    »Ja?« fragte Cheng von der Rückbank her.
    »Es gibt eine Parallele.«
    »Was für eine Parallele?«
    »Herr Janota«, sagte Anna, »weiß vielleicht, was ich meine.«
    Janota, der sich mehr auf das Lenkrad stützte, als daß er es hielt, sprach mit welker Stimme: »Keine Ahnung.«
    »Mascha Reti, ich rede von Mascha Reti.«
    »Wer ist das?« fragte Cheng.
    »Die Großmutter von Frau Janota. Eigentlich ist sie es, die mich beauftragt hat, Herrn Janota zu töten. Sie fand es gelinde gesagt unschön, wie er Nora um den Verstand brachte.«
    »Pah!« ließ sich der Fahrer des Wagens vernehmen.
    »Aber darum geht es jetzt nicht«, sagte Anna Gemini, »sondern darum, daß auch Mascha Reti an der Figur des Golems hängt. Oder besser gesagt, ihn fürchtet. Und wie es scheint, hält sie Herrn Janota für ein solches Unding. Für ein Monster aus Prag. Allerdings habe ich sie nie von 4711 sprechen hören.«
    Cheng fragte, ob denn ein echter Bezug zwischen Smoleks und Retis Golem-Wahn bestehe.
    »Smolek«, sagte Gemini, »möchte einen Golem erschaffen, Mascha Reti einen vernichten. Bisher kam mir nicht in den Sinn, daß die beiden von der gleichen Sache sprechen. Frau Reti ist eine engagierte, kleine Dame, die gerne in Bildern denkt. Wie ich schon sagte, sie hat 4711 nie erwähnt. Allerdings müssen Sie wissen, daß Frau Reti und Kurt Smolek sich kennen.«
    »Großartig.«
    »Ja. Sie wissen doch. Smolek hat den Auftrag

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