Ein dickes Fell
Mann aus wie der andere mausgraue.«
»Nach der Beschreibung von unserem Fräulein Qom dürfte es eigentlich keinen Zweifel geben, daß sie mit Kurt Smolek gesprochen hat. Ich muß leider sagen, daß ich einiges von ihrer Aussage halte. Das Mädchen ist tough. Kein bißchen wirr im Kopf. Nichts mit Drogen oder Alkohol. Nur viel Metall in der Haut. Davon scheint sie aber nicht blöd geworden zu sein.«
»Und Carl? Sagt er was?«
»Bisher nicht. Jetzt schläft er mal. Wir werden ja sehen.«
»Das wäre natürlich dumm, wenn das stimmt«, sagte Cheng.
»Duplizitäten sind immer dumm. Man muß sich dabei nämlich fragen, ob etwas doppelt besteht oder man es nur doppelt sieht.«
»Von einem Zwillingsbruder ist nichts bekannt«, sagte Straka. »Wobei man das natürlich kennt. Geschichten über Zwillingsbrüder bleiben zunächst immer im dunkeln. Um aus dem Dunkel heraus zuzuschlagen. Zumindest im Film.«
»Wir sind aber nicht im Film.«
»Richtig«, sagte Straka. »Und dabei bleiben wir. Kein Zwillingsbruder also.«
»Aber vielleicht ein Doppelgänger«, schlug Cheng vor.
»Ein Doppelgänger, der sein Vorbild mit 4711 ersäuft?«
»Warum nicht? Eine gewaltsame Loslösung von der geliebten, gehaßten Schablone.«
»Das klingt jetzt wieder sehr nach Fernsehen«, fand Straka.
»Auf 4711 ist aber noch keiner gekommen.«
»Ja, das wäre dann immerhin etwas Neues. Aber im Ernst, Cheng. Doppelgänger klingt für mich genauso schlecht wie Zwillingsbruder.«
»Sie haben recht«, sagte Cheng und meinte, daß es sich ohnehin um einen Irrtum handeln müsse. »Ich glaube nicht, daß man sich darauf verlassen kann, was Klingonen so behaupten.«
»Klingonen als Kartäuser«, erinnerte Straka. »Das ist etwas anderes.«
»Was hat denn Frau Gemini dazu gesagt?« fragte Cheng.
»Sie haben sich doch mit ihr unterhalten, oder?«
»Ach die, die zuckt mit den Achseln. Das scheint so eine Spezialität von ihr zu sein. Wir müssen uns noch was überlegen, wie wir diese Achselzuckerei überwinden und die Frau einmal festnageln können. Übrigens habe ich mir auch Ihre Frau Reti angesehen.«
»Und was spricht sie?«
»Gar nichts spricht sie. Sie schweigt. Ich mußte mit einer der Pflegerinnen vorlieb nehmen. Übrigens haben Sie vergessen mir zu sagen, daß Mascha Reti die Großmutter von Janotas übergeschnappter Ehefrau ist.«
»Ich habe es nicht vergessen, ich habe es nicht gesagt.«
»Noch schlimmer«, sagte Straka mit einem Grinsen, das aussah, als stamme es von einer Fieberblase ab. »Die Pflegerin hat behauptet, daß Frau Reti längst nicht mehr in der Lage sei, einen Überblick zu bewahren. Und schon gar nicht, irgend jemand mit irgendwas zu beauftragen«
»Vermutlich simuliert Frau Reti.«
»Ich weiß nicht, Cheng, sie hat auf mich einen weltfernen und hilflosen Eindruck gemacht. Nein, ich frage mich wirklich, warum Sie wollten, daß ich mir diese arme Frau ansehe.«
»Der Bezug zu Janota ist doch nicht ganz uninteressant.«
»Aber ich würde seine Bedeutung gerne begreifen«, wünschte sich Straka. »Was haben die Gemini und der Janota miteinander zu schaffen? Ich habe die beiden heute vormittag erlebt. Also ein Liebespaar, glaube ich, sind die zwei nicht. Zumindest nicht so, wie man sich das üblicherweise vorstellt.«
»Die Liebe geht manchmal komische Umwege.«
»Wer von den beiden«, fragte Straka, mit einem Mal um Deutlichkeit bemüht, »ist in die Ermordung Gudes verstrickt?«
Günstigerweise – günstig für Cheng, der nicht so recht wußte, wieviel von seinem Wissen er preisgeben wollte – erschien eine junge Frau am Tisch, keine fünfundzwanzig. Sie setzte sich neben Straka, gab ihm einen Kuß auf die Wange und reichte Cheng die Hand.
»Meine Frau«, stellte Straka sie vor.
Nicht, daß es Straka peinlich war. Andererseits hätte er Cheng gerne darauf vorbereitet gehabt. Aber offensichtlich war Frau Straka – die neue Frau Straka – zwischen zwei Terminen in der Innenstadt eher zufällig in die Albertina gelangt.
Was bedeutet das eigentlich: eher zufällig?
Jedenfalls hatte die junge Frau, wie sie jetzt bekannte, nur kurz Zeit. Irgendein Mensch von IBM erwarte sie. Ein schrecklicher Kerl, aber guter Kunde.
»Ich wollte Sie unbedingt einmal gesehen haben«, sagte sie zu Cheng, als wäre er eine Berühmtheit. Was er freilich nicht war. Keine Berühmtheit, aber ein Rätsel. Ein gutaussehendes Rätsel, wie auch die junge Frau Straka fand.
Sie sagte ein paar Dinge über Kopenhagen, wo sie früher
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