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Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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dastehen, oder sagen wir, das Handeln mutet männlich an. Aber dieses Handeln entspricht dem Auffangen eines Tellers, den jemand anderer geworfen hat. Verstehen Sie? Es ist wie auf einem Witzbild: Frauen werfen Teller, und Männer versuchen, die Teller aufzufangen. Jetzt frage ich Sie: Wer ist hier der wirklich Handelnde?«
    »Ihre Rache«, wandte Cheng ein, »scheint Ihnen aber trotzdem ganz gut gelungen zu sein.«
    »Dafür werde ich bezahlen müssen«, prophezeite Straka.
    »Sie sprechen von Nina.«
    Straka nickte, wobei sein Nicken quasi auf die gedünstete Schuppenhaut des Fisches fiel, dem er sich nun mit filetierender Hingabe widmete. Ohne jedoch zu vergessen, welche Frage er Cheng gestellt hatte, bevor Nina hereingeschneit war und das Gespräch unterbrochen hatte.
    »Also Cheng, wie ist das mit Janota und Gemini und dem toten Herrn Gude. Können Sie mir etwas dazu sagen? Mit gutem Gewissen. Sie wissen ja, wie sehr ich Ihre Zurückhaltung respektiere. Immer respektiert habe. Aber hin und wieder muß ich halt auch nachfragen.«
    »Heikle Sache«, sagte Cheng im Ton des Unglücklichen.
    »Aber wir müssen natürlich weiterkommen. Sie und ich. Und ein Stück des Weges gemeinsam gehen.«
    Erneut nickte der Oberstleutnant in seinen Fisch hinein und zog eine Kette weißer Gräten aus dem weißen Fleisch. Es sah aus, als beende er die Arbeit an einer Spurensicherung. Als habe er den Fisch entlarvt und gestellt. Einen freilich nur noch toten Fisch. Dann endlich führte er die Gabel an den Mund.
    Cheng wiederum vergrößerte die Abstände zwischen den am Tellerrand verteilten Pilzen und erklärte nun, Kurt Smolek sei nicht nur für die Gemeinde Wien und jenen ausländischen Kunden – für den auch er, Cheng, arbeite – tätig gewesen, sondern habe zudem über viele Jahre die Vermittlung von Auftragsmorden übernommen.
    Oberstleutnant Straka ließ seinen Fisch fallen, hob sein Gesicht an, das jetzt von einem offenen Mund dominiert wurde, und meinte: »Ein Scherz?«
    »Kein Scherz. Allerdings gilt es nicht für die Gude-Geschichte«, schränkte Cheng ein. »Diesen Auftrag muß ein anderer vermittelt haben. Die Art der Ausführung jedoch ist Smolek bekannt vorgekommen. Hat ihn an jemand erinnert.«
    »An wen?« fragte Straka.
    »Das müssen Sie schon selbst herausfinden. Aber eins kann ich verraten, daß nämlich die betreffende Person keinesfalls Smolek ermordet hat. Zumindest nicht persönlich. Das ist auszuschließen. Absolut.«
    »Danke. Wie ich mir dachte. Sie meinen Herrn Janota oder Frau Gemini. Mit denen Sie ja zusammen waren, als Smolek starb, und die also für seine Tötung nicht in Frage kommen. Durchaus aber für die Tötung Gudes.«
    »Ihre Kombination ist Ihre Sache«, verkündete Cheng.
    »Das haben Sie recht«, sagte Straka. Plötzlich, wie vom Schlag gerührt, ließ er sein Eßbesteck fallen. Er richtete sich in der Art eines hellhörig gewordenen Tieres auf und zog augenblicklich sein Handy aus der Brusttasche. »Entschuldigen Sie, Cheng. Ich muß nach draußen, telefonieren.«
    »Tun Sie nur«, sagte der Detektiv, schob den Salat von sich weg und bestellte einen Cognac. Aus dem einfachen Grund, weil ein warm servierter Cognac – also ein von Geschirrspülerwärme temperierter Weinbrand – natürlich sehr viel weniger ein Problem darstellte.
    Als Straka zurückkam, war er sichtlich zufrieden, aß seinen Fisch zu Ende, bestellte sich ebenfalls einen Cognac, zündete eine Zigarette an und sagte: »Die Frau im Museum, habe ich recht? Natürlich habe ich recht. Die Frau und das Kind, die man damals unkontrolliert aus dem Gebäude geführt hat. Und zwar auf Wunsch von Frau Gude.«
    Cheng sagte kein Wort.
    »Wissen Sie, Cheng, ich bin an der Untersuchung des Falles Gude nur indirekt beteiligt. Aber ich habe die Akten studiert. Und da war nun etwas, an das ich plötzlich denken mußte. An die Aussage eines Polizisten, er habe eine Frau und ihren behinderten Jungen aus der Albertina eskortiert. Und zwar genau durch den Raum, in dem wir jetzt sitzen. Was natürlich an und für sich eine Lappalie ist. Der Beamte hat sich vollkommen korrekt verhalten.«
    »Wozu das Telefonat?«
    »Ich wollte ihn sprechen, unseren freundlichen Polizisten. Nun, er konnte mir die Frau und ihr halbwüchsiges Kind beschreiben. So ungefähr. Jedenfalls hat es gereicht, zu begreifen, was sich da abgespielt hat.«
    »Beweisen werden Sie’s aber auch noch müssen. Und zwar nicht bloß den Umstand, daß Frau Gemini mit ihrem Sohn an

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